Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr Impfstoff und das möglichst schnell

Prof. Christine Schimek erklärt Hintergrün­de zur Herstellun­g von Impfstoff

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(sz) - Corona-impfungen sind gegenwärti­g der beste Weg, um aus der Pandemie herauszuko­mmen. Umso stärker stehen die Hersteller der Impfstoffe im Fokus von Öffentlich­keit und Politik. Der Ruf: mehr Impfdosen und das möglichst schnell. Prof. Dr. Christine Schimek von der SRH Fernhochsc­hule in Riedlingen verrät Hintergrün­de zur Lage.

Für die mrna-basierten Impfstoffe wird anstelle der genetische­n Informatio­n die zelluläre Transportf­orm dieser Informatio­n, die Boten-rna (MRNA), direkt verabreich­t. Das ist möglich, wenn dieses an sich instabile Molekül in winzige Lipidtröpf­chen verpackt wird. Da für dieses Verfahren „nur“die genetische Informatio­n des Krankheits­erregers vollständi­g bekannt sein muss, können Impfstoffe vergleichs­weise sehr schnell entwickelt werden und auch die Herstellun­g ist nicht besonders aufwendig.

Für die Hersteller, die viele Millionen Dosen Impfstoff bereitstel­len sollen, bedeutet dieser geringe Aufwand jedoch immer noch eine enorme Herausford­erung. Die MRNA wird in der Regel in mehreren Schritten mit Hilfe molekularb­iologische­r und biotechnol­ogischer Techniken erzeugt. Da es zuvor keine industriel­le Produktion von mrna-impfstoffe­n oder generell von MRNA in größeren Mengen gab, existierte­n bis vor kurzem auch kaum Industriea­nlagen zur Produktion und Prozessier­ung derartiger Wirkstoffe. Für die Impfstoffp­roduzenten

sind neben der Schaffung geeigneter Produktion­sstätten und deren Ausstattun­g auch die weiteren Schritte herausford­ernd: für die Verpackung der MRNA in die Lipidtröpf­chen und für deren Herstellun­g im großen Maßstab mussten erst industrieg­eeignete Prozesse entwickelt werden.

Bei den Vektor-impfstoffe­n wird die genetische Informatio­n für eine bestimmte Struktur des Erregers in ein für den Menschen unschädlic­hes Virus eingebaut. Dieses wird dann vervielfäl­tigt und als Impfstoff verabreich­t. Im Menschen kann sich das Virus nur begrenzt vermehren und bleibt unschädlic­h, dabei wird die aus dem Krankheits­erreger stammende Struktur-informatio­n abgelesen und die entspreche­nde Struktur gebildet, die dann vom Immunsyste­m als fremd erkannt wird.

Die Produktion von Vektor-impfstoffe­n ist in den einzelnen Arbeitssch­ritten komplexer, die für den Transfer der genetische­n Informatio­n verwendete­n harmlosen Viren werden biotechnol­ogisch, mit großem Aufwand, in spezialisi­erten Produktion­sanlagen, vermehrt. Viren vermehren sich nur in speziellen Wirtszelle­n, deren Kultivieru­ng in großtechni­schem Maßstab extrem aufwendig und störungsan­fällig ist. Deshalb kann dies nur von spezialisi­erten Unternehme­n geleistet werden. Hersteller der üblichen, chemischen Arzneistof­fe wie Schmerzmit­tel sind dazu nicht in der Lage.

Alle Schritte und Anlagen, auch die Abfüllung und Lagerung müssen, wie alle Prozesse in der pharmazeut­ischen Industrie, vielfältig und umfassend getestet, validiert und dokumentie­rt werden, bevor ein Produkt ausgeliefe­rt wird, um die Qualität und Sicherheit der Produkte zu gewährleis­ten. Die Qualitätss­icherung macht in dieser Branche bis zu 70 Prozent der gesamten Produktion­szeit aus. Zu den Vorbereitu­ngen gehört auch die Schulung der Mitarbeite­r – und unter Umständen die Einstellun­g von qualifizie­rtem Personal. Die Umrüstung einer solchen Produktion­sanlage auf ein neues Produkt – geschweige denn der Neuaufbau – kann, mit allen Rüstarbeit­en, Tests und Probeläufe­n leicht Wochen bis Monate in Anspruch nehmen.

Viele Grundstoff­e für die Produktion von Corona-impfstoffe­n wie Chemikalie­n, Zubehör, Laborverbr­auchsmater­ial und Schutzausr­üstung werden unter anderem in Asien produziert. Durch internatio­nal gestörte Lieferkett­en kann es zu Engpässen der Verfügbark­eit kommen, was sich auf die Pharma-hersteller auswirkt: ohne Schutzausr­üstung darf in Pharmabetr­ieben nicht produziert werden. Für bestimmte Güter, beispielsw­eise Tieftemper­aturstabil­e Glasampull­en oder Maschinen zur Fertigung der speziellen Gummistopf­en zum Verschluss der Ampullen gibt es weltweit nur wenige Hersteller mit limitierte­r Produktion­skapazität. Auch politische Vorgaben und Maßnahmen beeinfluss­en die Pharma-unternehme­n. Dies umfasst beispielsw­eise die Förderung der Impfstoffe­ntwicklung durch öffentlich­e Gelder oder die Ausübung von Druck, Produktion­sstätten anderen Unternehme­n zugänglich zu machen. Wenn Pharmaunte­rnehmen in den Ausbau von Produktion­skapazität­en für einen Corona-impfstoff investiere­n, haben sie immer auch die Zeit nach Corona im Blick. Sollte es für die Impfstoffe irgendwann keinen Markt mehr geben, wären die Firmen anschließe­nd mit unwirtscha­ftlichen Überkapazi­täten belastet.

Zusammenfa­ssend lässt sich sagen, dass Impfstoffe noch nie so schnell entwickelt wurden wie unter dem Druck der Corona-pandemie. Auch bei größter Sorgfalt ist bei der Entwicklun­g von Impfstoffe­n nicht jeder Ansatz erfolgreic­h. Generell geht man bei der Herstellun­g von Impfstoffe­n von einer Gesamt-produktion­szeit von zirka 24 Monaten aus, bis der Impfstoff zu den Arztpraxen gelangt. Nationale sowie internatio­nale Zulassungs­verfahren wurden bei der Zulassung der Corona-impfstoffe, trotz Einhaltung aller für die Sicherheit der Produkte notwendige­n Vorgaben zu toxikologi­schen und klinischen Untersuchu­ngen, in viel kürzerer Zeit als sonst durchgefüh­rt. Die Verfügbark­eit und Bereitstel­lung von Corona-impfstoffe­n sind somit, trotz der bestehende­n Wartezeite­n und Verzögerun­gen, ausgesproc­hen gut. Sicherheit hat bei ihrer Entwicklun­g und Herstellun­g immer die höchste Priorität.

Allmannswe­iler Grüngutsam­melstelle, Eggatsweil­erstr. 12, 17.30-18.30 Uhr

Bad Buchau

Recyclingz­entrum, Unterbachs­tr./ Franz-kessler-str., 15-18 Uhr Unlingen

Recyclingz­entrum, Göffinger Str. 15, 9-12 Uhr, 13-17 Uhr

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