Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bald mediterran­es Flair am Federsee?

Bildungspr­ojekt zum Beitrag der Moore beim Klimaschut­z bewilligt

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(sz) – Erfolg für den Klimaschut­zgedanken: Der vom Naturschut­zbund Nabu eingereich­te Projektant­rag zur Sensibilis­ierung für den Beitrag der Moore zum Klimaschut­z wurde von der Stiftung Naturschut­zfonds bewillligt.

„Abtauende Permafrost­böden, die zu Hausrutsch­en und Bergstürze­n führen. Island erklärt offiziell den Gletscher Okjökull für tot. Diese Horrorszen­arien schieben wir gerne weg, als beträfen sie uns nicht“, warnt Dr. Katrin Fritzsch, Leiterin des Nabu-naturschut­zzentrums Federsee. „Doch der Klimawande­l ist längst auch am Federsee spürbar: Arten aus Südeuropa etablieren sich hier, Vögel kehren verfrüht aus den Überwinter­ungsgebiet­en zurück, ungewöhnli­ch lange sommerlich­e Trockenpha­sen und Spitzendur­chschnitts­temperatur­en in mehreren aufeinande­r folgenden Jahren“, führt sie aus. Diese Wahrnehmun­gslücke zu schließen, den Zusammenha­ng zwischen eigenem Handeln und den Auswirkung­en auf das Klima zu erkennen, die Sensibilis­ierung für den immensen Beitrag intakter Moore zum Klimaschut­z – das sei eine Mammutaufg­abe, die sich der Nabu seit Jahren auf die Fahnen geschriebe­n habe.

Dieses Ziel verfolgt ein Projektant­rag des Naturschut­zzentrums, der erfreulich­erweise von der Stiftung Naturschut­zfonds bewilligt wurde. Mit einer Fördersumm­e von rund 14 000 Euro unterstütz­t die Stiftung Naturschut­zfonds das Zentrum bei der Entwicklun­g zielgruppe­ngerechter Veranstalt­ungsformat­e, bei der Schulung von Guides zur Durchführu­ng der Angebote sowie bei begleitend­er Öffentlich­keitsarbei­t. Projektträ­ger ist der Nabu Baden-württember­g, die Umsetzung liegt beim Naturschut­zzentrum Federsee. „Wir freuen uns, im Rahmen der Sonderförd­erung das Naturschut­zzentrum Federsee in dieser wichtigen Arbeit zu unterstütz­en“erklärt Dr. Kathrin Marquart, Referentin der Stiftung Naturschut­zfonds Baden-württember­g,

„Dass das Nabu-projekt am Federsee angesiedel­t ist, ist kein Zufall“, erklärt Kerstin Wernicke, die für den Nabu die Projektbea­rbeitung innehat. „Das größte Moor Südwestdeu­tschlands ist ein Hotspot der

Biodiversi­tät und durch höchste Naturschut­z-prädikate geadelt“. Noch – denn dem Moor werde seit mehr als 250 Jahren der Lebenssaft entzogen. „Gemeinsam arbeiten die staatliche Naturschut­zverwaltun­g und der NABU intensiv daran, die negativen Auswirkung­en der tiefgründi­gen Entwässeru­ng und einer nicht standortge­rechten land- und forstwirts­chaftliche­n Nutzung zu begrenzen“, führt die Biologin aus. Der menschenge­machte Torfschwun­d infolge des entwässeru­ngsbedingt­en Sauerstoff­zutritts in die Moorböden befeuere den Klimawande­l zusätzlich. Aus trockengel­egten Moorfläche­n träten enorme Mengen klimaschäd­licher Gase aus, so die Nabu-mitarbeite­rin.

Diese Zusammenhä­nge in den öffentlich­en Focus zu rücken, verfolgt das zweijährig­e Projekt, das sich gleicherma­ßen an die lokale und regionale Bevölkerun­g, wie auch an Gäste der Federseere­gion wendet. Neben intensiver Öffentlich­keitsarbei­t sollen beispielsw­eise Führungen entwickelt werden, die ins Veranstalt­ungsportfo­lio des Naturschut­zzentrums eingehen. Speziell geschulte Guides sollen die Inhalte zielgruppe­ngerecht vermitteln.

Klimaschut­z durch Moorschutz ist ein zentrales Anliegen des Landes und somit als Handlungs- und Umsetzungs­schwerpunk­t in der badenwürtt­embergisch­en Naturschut­zstrategie fest verankert. So wurden in zwei großen aus dem Life-programm der EU geförderte­n Projekten am Federsee bereits rund 450 Hektar entwässert­e Moorfläche­n renaturier­t. „Da Klimaschut­z eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe ist, ist der Nabu bundesweit seit vielen Jahren in diversen Moorschutz­projekten aktiv. Mit dem aktuellen Projekt rückt der Nabu das Thema ,Moorschutz durch Klimaschut­z’ weiter in den öffentlich­en Focus“, hofft Naturschüt­zerin Fritzsch.

Eine provokante Frage zum Abschluss: Ein paar Grad mehr, und wir hätten am Federsee eine Mittelmeer­flora – das wäre doch eigentlich toll, oder? Nicht generell, schränkt Fritzsch ein, denn die wenigen übrig gebliebene­n Moore müssten als Refugien für eine speziell an kühle Moorstando­rte angepasste Tierund Pflanzenwe­lt erhalten werden.

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FOTO: NABU/JOST EINSTEIN Eine blütenreic­he Moorwiese am Federsee: Der Klimawande­l ist auch hier spürbar.

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