Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Regiobus nach Friedrichshafen wird es nicht geben
Weil die Strecke die Förderbedingungen des Landes nicht erfüllt, verzichtet der Kreis auf die Antragstellung
- Einen Regiobus, der stündlich zwischen Mengen und Friedrichshafen verkehrt, wird es nicht geben. Obwohl alle Kommunen entlang der Strecke die Buslinie als wichtigen Schritt vom Indiviualverkehr weg zu einer stärkeren Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs gesehen hätten, verzichten sie auf eine gemeinsame Antragstellung über den Landkreis Sigmaringen. Hintergrund ist, dass die Strecke die Förderkriterien des Landes Badenwürttemberg bei näherer Betrachtung nicht erfüllt. Auf Landkreisebene werden nun Alternativen geprüft, um den öffentlichen Nahverkehr im Raum Mengen, Bad Saulgau und Ostrach weiter zu verbessern. Sie sollen im Juli im Kreistag vorgestellt werden.
Nachdem die Kommunen Mengen, Hohentengen und Ostrach mit dem Wunsch nach der Regiobuslinie an den Landkreis herangetreten waren, sei die Idee bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit den Nachbarkreisen Ravensburg und Bodenseekreis geprüft worden, teilt Max Stöhr, Leiter des Fachbereichs Kommunales und Nahverkehr im Landratsamt mit. Schon da sei deutlich geworden, dass die Bedingungen für eine 50-Prozent-förderung durch das Land wohl nicht erfüllt werden können. Trotzdem sei zusätzlich beim Verkehrsministerium nachgefragt worden, ob die Regiobuslinie nicht doch förderfähig sei.
Die Antwort sei eindeutig negativ ausgefallen: Die Förderrichtlinie für Regiobusse beziehe sich auf die Anbindung von Mittel- und Unterzentren, die aktuell ohne einen regelmäßigen Anschluss an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in ein benachbartes
Mittel- oder Oberzentrum seien. Außerdem schließe sie räumliche Lücken im Schienennetz zwischen
Oberzentren, Mittelzentren und Verkehrsflughäfen. „Die Stadt Mengen stellt zwar ein Unterzentrum in der Region dar, sie ist aber bereits gut an den SPNV angebunden“, zitiert Stöhr das Schreiben aus dem Vekehrsministerium. Dort beruft man sich auf das stündliche Zugangebot in Richtung Ulm und Aulendorf. Die Orte entlang der gewünschten Regiobuslinie - wie Ostrach oder Hohentengen - seien zu klein, um im Rahmen des Förderprogramms als Argumentation herangezogen werden zu können. „Unabhängig
davon würde eine Regiobuslinie Mengen nach Friedrichshafen auch keine erhebliche Fahrzeitreduzierung hervorbringen. Die Fahrzeit der Schiene beträgt etwa 1:02 Stunden bis 1:08 Stunden; Ein Regiobus bräuchte nach erster Schätzung mindestens auch um die 1:05 Stunden“, heißt es in dem Schreiben weiter. Daraufhin hätten sich die Gemeinden abgestimmt und beschlossen, keinen formellen Förderantrag zu stellen.
Mengens Bürgermeister Stefan Bubeck muss die Entscheidung des Ministeriums akzeptieren, auch wenn er die Förderkriterien für „nicht mehr zeitgemäß“hält. „Das Land bewertet ausschließlich die alternativen Schienenpersonennahverkehre mit der gewünschten Regiobuslinie. Beim Ausbau des Nahverkehrs sollte jedoch meines Erachtens vielmehr der Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf Schiene und Bus bewertet werden“, findet er. Beim alternativen Schienenpersonennahverkehr würden Erreichbarkeit der Bahnhöfe, Fahrtzeitverkürzung und Umstiegshäufigkeit eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz spielen. sagt Bürgermeister Stefan Bubeck über die Einwohner der Gemeinden, die keinen eigenen Bahnhof haben. „Unmittelbar an der Strecke von Mengen nach Friedrichshafen leben rund 98 000 Menschen. Davon nutzen täglich zwischen 5000 und 8000 Berufspendler Autos, um zur Arbeitsstätte und zurück zu kommen. Diese Berufspendler werden niemals auf den Zug umsteigen, da das Angebot des Schienenpersonennahverkehrs zu unattraktiv ist“, sagt er. Von Riedhausen nach Friedrichshafen benötige man beispielweise mit dem Auto 40 Minuten, mit Bus und Bahn, bei zwei bis drei Umstiegen dagegen zwischen 1:22 und 1:49 Stunden. Dasselbe gelte für die Berufspendler aus den übrigen sechs Gemeinden, die über keinen unmittelbaren Bahnanschluss verfügen. „Vielleicht sollte das Land seine Kriterien überdenken, flexibilisieren und den Umstieg vom motorisierten Individualverkehr stärker gewichten. Sonst wird das nichts mit dem Ausbau des ÖPNV und dem Klimawandel.“
Er betont außerdem, dass es aus Sicht der Stadt Mengen nur eine gute Verkehrsanbindung über die Schiene in östliche Richtung (Bad Saulgau, Aulendorf) und westliche Richtung (Sigmaringen, Donaueschingen) gebe. Weder in nördliche Richtung (Reutlingen, Stuttgart) noch in südliche Richtung (Pfullendorf, Bodensee) gebe es Öpnv-angebote mit entsprechender Taktung und Fahrtzeit,
die das Umsteigen auf Bus und Bahn attraktiv machen würden. Deshalb habe die Stadt Mengen beim Landkreis Sigmaringen neben der Regiobuslinie und ergänzend zur Co-finanzierung der Ablachtalbahn, die Erstellung eines landkreisübergreifenden, integrierten Nahverkehrskonzepts mit dem Bodenseekreis und dem Landkreis Konstanz unter Optimierung der bestehenden Busverbindungen beantragt.
Auf das hofft auch Hohentengens Bürgermeister Peter Rainer, der einen Regiobus nach Friedrichshafen für einen Gewinn für die Berufpendler aus der Göge gehalten hätte. „Aus dem Gespräch mit der Landrätin, den Vertretern des Fachbereichs Nahverkehr und den Bürgermeisterkollegen habe ich die erfreuliche Erkenntnis gewonnen, dass nach den Planungen der Kreisverwaltung einige Verbesserungen beim ÖPNV vorgesehen sind“, schreibt er der „Schwäbischen Zeitung“. „Sofern der Kreistag diesen Planungen mit einer engeren Taktung der Busverbindungen in der Raumschaft Mengen, Bad Saulgau und Ostrach zustimmt, würde das auch für unsere Gemeinde erhebliche Vorteile bedeuten.“Die Göge wäre dann vor allem besser an die Bahnhof-standorte Bad Saulgau und Mengen angebunden und damit auch an die Ziele der überregionalen Bahn-strecken.
„Diese Berufspendler werden niemals auf den Zug umsteigen, da das Angebot zu unattraktiv ist“,