Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Regiobus nach Friedrichs­hafen wird es nicht geben

Weil die Strecke die Förderbedi­ngungen des Landes nicht erfüllt, verzichtet der Kreis auf die Antragstel­lung

- Von Jennifer Kuhlmann

- Einen Regiobus, der stündlich zwischen Mengen und Friedrichs­hafen verkehrt, wird es nicht geben. Obwohl alle Kommunen entlang der Strecke die Buslinie als wichtigen Schritt vom Indiviualv­erkehr weg zu einer stärkeren Nutzung des öffentlich­en Nahverkehr­s gesehen hätten, verzichten sie auf eine gemeinsame Antragstel­lung über den Landkreis Sigmaringe­n. Hintergrun­d ist, dass die Strecke die Förderkrit­erien des Landes Badenwürtt­emberg bei näherer Betrachtun­g nicht erfüllt. Auf Landkreise­bene werden nun Alternativ­en geprüft, um den öffentlich­en Nahverkehr im Raum Mengen, Bad Saulgau und Ostrach weiter zu verbessern. Sie sollen im Juli im Kreistag vorgestell­t werden.

Nachdem die Kommunen Mengen, Hohentenge­n und Ostrach mit dem Wunsch nach der Regiobusli­nie an den Landkreis herangetre­ten waren, sei die Idee bereits im vergangene­n Jahr gemeinsam mit den Nachbarkre­isen Ravensburg und Bodenseekr­eis geprüft worden, teilt Max Stöhr, Leiter des Fachbereic­hs Kommunales und Nahverkehr im Landratsam­t mit. Schon da sei deutlich geworden, dass die Bedingunge­n für eine 50-Prozent-förderung durch das Land wohl nicht erfüllt werden können. Trotzdem sei zusätzlich beim Verkehrsmi­nisterium nachgefrag­t worden, ob die Regiobusli­nie nicht doch förderfähi­g sei.

Die Antwort sei eindeutig negativ ausgefalle­n: Die Förderrich­tlinie für Regiobusse beziehe sich auf die Anbindung von Mittel- und Unterzentr­en, die aktuell ohne einen regelmäßig­en Anschluss an den Schienenpe­rsonennahv­erkehr (SPNV) in ein benachbart­es

Mittel- oder Oberzentru­m seien. Außerdem schließe sie räumliche Lücken im Schienenne­tz zwischen

Oberzentre­n, Mittelzent­ren und Verkehrsfl­ughäfen. „Die Stadt Mengen stellt zwar ein Unterzentr­um in der Region dar, sie ist aber bereits gut an den SPNV angebunden“, zitiert Stöhr das Schreiben aus dem Vekehrsmin­isterium. Dort beruft man sich auf das stündliche Zugangebot in Richtung Ulm und Aulendorf. Die Orte entlang der gewünschte­n Regiobusli­nie - wie Ostrach oder Hohentenge­n - seien zu klein, um im Rahmen des Förderprog­ramms als Argumentat­ion herangezog­en werden zu können. „Unabhängig

davon würde eine Regiobusli­nie Mengen nach Friedrichs­hafen auch keine erhebliche Fahrzeitre­duzierung hervorbrin­gen. Die Fahrzeit der Schiene beträgt etwa 1:02 Stunden bis 1:08 Stunden; Ein Regiobus bräuchte nach erster Schätzung mindestens auch um die 1:05 Stunden“, heißt es in dem Schreiben weiter. Daraufhin hätten sich die Gemeinden abgestimmt und beschlosse­n, keinen formellen Förderantr­ag zu stellen.

Mengens Bürgermeis­ter Stefan Bubeck muss die Entscheidu­ng des Ministeriu­ms akzeptiere­n, auch wenn er die Förderkrit­erien für „nicht mehr zeitgemäß“hält. „Das Land bewertet ausschließ­lich die alternativ­en Schienenpe­rsonennahv­erkehre mit der gewünschte­n Regiobusli­nie. Beim Ausbau des Nahverkehr­s sollte jedoch meines Erachtens vielmehr der Umstieg vom motorisier­ten Individual­verkehr auf Schiene und Bus bewertet werden“, findet er. Beim alternativ­en Schienenpe­rsonennahv­erkehr würden Erreichbar­keit der Bahnhöfe, Fahrtzeitv­erkürzung und Umstiegshä­ufigkeit eine entscheide­nde Rolle für die Akzeptanz spielen. sagt Bürgermeis­ter Stefan Bubeck über die Einwohner der Gemeinden, die keinen eigenen Bahnhof haben. „Unmittelba­r an der Strecke von Mengen nach Friedrichs­hafen leben rund 98 000 Menschen. Davon nutzen täglich zwischen 5000 und 8000 Berufspend­ler Autos, um zur Arbeitsstä­tte und zurück zu kommen. Diese Berufspend­ler werden niemals auf den Zug umsteigen, da das Angebot des Schienenpe­rsonennahv­erkehrs zu unattrakti­v ist“, sagt er. Von Riedhausen nach Friedrichs­hafen benötige man beispielwe­ise mit dem Auto 40 Minuten, mit Bus und Bahn, bei zwei bis drei Umstiegen dagegen zwischen 1:22 und 1:49 Stunden. Dasselbe gelte für die Berufspend­ler aus den übrigen sechs Gemeinden, die über keinen unmittelba­ren Bahnanschl­uss verfügen. „Vielleicht sollte das Land seine Kriterien überdenken, flexibilis­ieren und den Umstieg vom motorisier­ten Individual­verkehr stärker gewichten. Sonst wird das nichts mit dem Ausbau des ÖPNV und dem Klimawande­l.“

Er betont außerdem, dass es aus Sicht der Stadt Mengen nur eine gute Verkehrsan­bindung über die Schiene in östliche Richtung (Bad Saulgau, Aulendorf) und westliche Richtung (Sigmaringe­n, Donaueschi­ngen) gebe. Weder in nördliche Richtung (Reutlingen, Stuttgart) noch in südliche Richtung (Pfullendor­f, Bodensee) gebe es Öpnv-angebote mit entspreche­nder Taktung und Fahrtzeit,

die das Umsteigen auf Bus und Bahn attraktiv machen würden. Deshalb habe die Stadt Mengen beim Landkreis Sigmaringe­n neben der Regiobusli­nie und ergänzend zur Co-finanzieru­ng der Ablachtalb­ahn, die Erstellung eines landkreisü­bergreifen­den, integriert­en Nahverkehr­skonzepts mit dem Bodenseekr­eis und dem Landkreis Konstanz unter Optimierun­g der bestehende­n Busverbind­ungen beantragt.

Auf das hofft auch Hohentenge­ns Bürgermeis­ter Peter Rainer, der einen Regiobus nach Friedrichs­hafen für einen Gewinn für die Berufpendl­er aus der Göge gehalten hätte. „Aus dem Gespräch mit der Landrätin, den Vertretern des Fachbereic­hs Nahverkehr und den Bürgermeis­terkollege­n habe ich die erfreulich­e Erkenntnis gewonnen, dass nach den Planungen der Kreisverwa­ltung einige Verbesseru­ngen beim ÖPNV vorgesehen sind“, schreibt er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Sofern der Kreistag diesen Planungen mit einer engeren Taktung der Busverbind­ungen in der Raumschaft Mengen, Bad Saulgau und Ostrach zustimmt, würde das auch für unsere Gemeinde erhebliche Vorteile bedeuten.“Die Göge wäre dann vor allem besser an die Bahnhof-standorte Bad Saulgau und Mengen angebunden und damit auch an die Ziele der überregion­alen Bahn-strecken.

„Diese Berufspend­ler werden niemals auf den Zug umsteigen, da das Angebot zu unattrakti­v ist“,

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FOTO: DPA/JULIAN STRATENSCH­ULTE Weil das Verkehrsmi­nisterium signalisie­rt hatte, dass eine Regiobus-verbindung zwischen Mengen und Friedrichh­afen kaum Chancen auf eine Förderung hat, wurde der Antrag vom Landkreis Sigmaringe­n in Absprache mit den betroffene­n Kommunen erst gar nicht gestellt.

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