Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Löwen“stürzen sich auf Gründerinnen
Start-up des Illertisser Pharmakonzerns R-pharm will mit Wachmacher durchstarten
- Wachmachertabletten statt Kaffee oder Energydrinks und das auf gesunder Basis: Mit diesem Versprechen versuchen Annette Steiner-kienzler, Nadja Fischer und Maximiliane Staiger vom Pharmakonzern R-pharm, die fünf Investoren in der Vox-sendung „Die Höhle der Löwen“von ihrem Produkt Qinao-power zu überzeugen. Sie kommen mit dem Ziel: 300 000 Euro erhalten und 20 Prozent der Firmenanteile am Start-up Qinao abgeben.
In der Sendung werden die Tabletten unter altem Namen „nao brain stimulation“vorgestellt, dieser wurde Ende 2020 geändert. Schon bevor die drei Frauen, die sich als gutes Team aus Kopf, Zahlen und Kreativität bezeichnen, die „Höhle der Löwen“betreten, rätseln die Löwen über das Produkt. Das Fazit kommt von Dagmar Wöhrl: „Irgendwas Chinesisches.“Als dann Steiner-kienzler, Fischer und Staiger die Höhle betreten, kündigen sie „Frauenpower“an, „aber nicht aus Muskelkraft, sondern für ein starkes Gehirn“.
Steiner-kienzler, die der Kopf des Start-ups ist, stellt sich als Apothekerin vor, in deren Familie Heilpflanzen immer eine große Rolle gespielt haben. Die Apothekerin stammt aus Stuttgart und verbrachte große Teile ihrer Kindheit in der dortigen Hofapotheke, so wird sie in der Sendung vorgestellt. Mittlerweile lebt sie aber in der Region und arbeitet in Illertissen.
Sie sei unter anderem schon nach China gereist, dort habe sie das Heilkraut Brahmi, das Konzentration und mentale Klarheit verschaffe, besonders beeindruckt. „Ein wacher Geist, das ist doch das, wonach sich viele heutzutage sehnen.“Und: Genau das biete ihr Produkt, die Wachmacherkapseln Qinao-power.
Qinao-power wird als die „natürliche Alternative zu Energydrinks mit wertvollen Pflanzenextrakten aus Matcha, Brahmi und grünen Kaffeebohnen“beworben. Brahmi oder zu deutsch „kleines Fettblatt“ist vermutlich vor allem Kennern als Superkraut bekannt, Matcha ist zu Pulver gemahlener Grüntee. Die drei Gründerinnen versprechen: Mit Qinao ist man bis zu acht Stunden wach und konzentriert und das alles entspannt und damit ohne den Flattereffekt, den manche Energydrinks auslösen. „Lassen Sie uns gemeinsam den Energiesektor aufmischen“, rufen die drei.
Dann geht es ans Probieren, die Verpackung überzeugt schon mal alle. „Wir sollen das heute Abend noch testen? Das hält doch acht Stunden an“, sagt Löwe Carsten Maschmeyer. „Ja, da haben Sie eine lange Nacht vor sich“, antwortet Fischer schlagfertig und lacht. Die Löwen hinterfragen das Produkt trotz aller Begeisterung durchaus, doch die drei Frauen überzeugen nicht nur mit Engagement, sondern auch mit Fachwissen und guter Vorbereitung. Dagmar Wöhrl will etwa wissen, wie sich Qinao-power von bereits bestehenden Produkten wie Energydrinks abhebt. „Der Markt ist riesig.“Das sei richtig, so Steinerkienzler, doch Qinao sei das einzig natürliche Produkt, das so lange wachhalte. „Andere bestehen aus chemischem Koffein.“
Löwe Georg Kofler bleibt skeptisch und steigt aus. „Ich betrüge den Körper damit ja: Wenn der natürlicherweise müde wäre, dann schluckt man das und manipuliert ihn.“Mit seiner Entscheidung ist er jedoch der Einzige, die anderen vier Löwen bleiben. Maschmeyer fasste die Wirkung für sich zusammen: Er sei kein Kaffeetrinker,
müsse jedoch teilweise nach langen Flügen morgens früh raus und dann fit sein. „Dann kann ich entweder auf die Natur hören oder alle zwei Stunden starken Tee trinken oder eine Pille nehmen.“Darin bestätigt ihn Steiner-kienzler: „Manchmal gibt es Tage mit Spitzen.“Dafür sei das Dragee da.
Auch in Sachen Zahlen können die Qinao-gründerinnen überzeugen: Staiger rechnet vor, dass beim Verkaufspreis für die kleine Packung in Höhe von 2,95 Euro 41 Cent Herstellerkosten anfallen, bei der größeren 97 Cent beim Preis von 4,95 Euro. Qinao sei mit den Wachmacher-tabletten in 130 Stores vertreten und habe im Jahr 2019 120 000 Euro Umsatz gemacht. 2021 soll dieser 2,2 Millionen Euro betragen und wiederum ein Jahr später auf 4,1 Millionen steigen.
Weiterhin ist nur einer der Löwen raus und die anderen vier? Sie sehen fröhlich zu den Gründerinnen, es scheint, als ob niemand als Erstes sein Angebot machen will. Nach längerer Stille fängt Wöhrl an. Sie lobt die drei Frauen, „die wissen, wovon sie reden und immens voraus sind“. Und: „Ich würde gerne den Weg mit euch gehen und das Angebot annehmen.“Danach wird es wieder still, doch in der Zwischenzeit haben sich Ralf Dümmel und Carsten Maschmeyer hinter den Stühlen besprochen, wie sie es oft tun.
Dann ergreift Dümmel das Wort: „Ich muss Dagmar Wöhrl in einem widersprechen: Ihr seid noch nicht weit, denn da kommt noch so so viel.“Er regt an, das Produkt sofort in Deutschland, Österreich und der Schweiz anzuschieben. „Ich wäre gerne mit dem Herzen und 400 Leuten von meiner Seite dabei und ich wäre nicht der Einzige.“Maschmeyer fügt hinzu: „Wir Investoren suchen immer die Stecknadel im Heuhaufen, und Sie sind das, Sie sind ganz toll, ein großes Lob.“Die beiden Löwen würden gerne gemeinsam investieren und bieten die gewünschten 300 000 Euro, sie möchten jedoch 25 Prozent der Anteile.
Auch Nils Glagau wirbt um den Deal: „Bei mir sind Sie viel besser aufgehoben.“Man komme recht gut in alle Kanäle rein, und er habe 30 Jahre Erfahrung im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel. „Ich bin der Richtige und ich würde den von Ihnen gewünschten Deal so annehmen“, so Glagau. Spätestens hier wird deutlich, wie sehr die Löwen an dem Produkt und seinen Gründerinnen interessiert sind: Es gibt ein regelrechtes Wortgerangel um die Gunst der Gründerinnen.
Die Frauen bekommen drei Angebote von vier „Löwen“. Nach kurzer Überlegung entscheiden sie sich für Maschmeyer und Dümmel. Denn das Ziel sei immer gewesen, schnell zu wachsen und Masse zu machen. Dümmel wirkt sehr nervös, als die Frauen sich zur Besprechung zurückziehen, und zeigt sich nach der Entscheidung für ihn und Maschmeyer umso freudiger. Die Frauen sind das ebenso: „Wir sind komplett überwältigt und hätten nie mit so viel Zuspruch gerechnet“, sagt Steinerkienzler. „Es tut richtig gut nach so viel Arbeit“, bestätigt Staiger. Und: „Das sind genau die zwei Löwen, die uns da hinbringen, was wir uns wünschen und die genau die Visionen haben wie wir.“
Ganz allein standen Steinerkienzler, Fischer und Staiger aber auch vorher nicht, denn Qinao agiert als Start-up innerhalb des Pharmakonzerns R-pharm. In Illertissen wurden die Wachmachertabletten entwickelt und nach wie vor produziert und verpackt.