Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Notbremse bietet Angriffsfl­äche

- Von Claudia Kling ●» c.kling@schwaebisc­he.de

Ende Juli lag die bundesweit­e Sieben-tage-inzidenz laut Robert-koch-institut bei 4,8. Inzwischen können sich Landkreise und kreisfreie Städte freuen, wenn sie auf unter 100 kommen, doch das schaffen nur 41 von 360 im Land. Diese Zahlen zeigen: Es wurde viel Zeit vergeudet in der Pandemiebe­kämpfung. Deshalb ist die Kritik der Grünen, dass die Corona-notbremse zu spät kommt, durchaus berechtigt. Doch das Lamentiere­n einiger Länder über die Bevormundu­ng durch den Bund wirkt lächerlich nach all den Monaten missglückt­er Ministerpr­äsidentenk­onferenzen. Die Länderchef­s, die sich brav an die Absprachen gehalten haben, sollten sich besser diejenigen vorknöpfen, die ein ums andere Mal, zwecks Eigenmarke­ting, ausgescher­t sind.

Die Debatte über den Bevölkerun­gsschutz ist am Mittwoch endlich wieder dort geführt worden, wo sie hingehört: im Parlament. Es war gut, dass Volksvertr­eter darüber beraten haben, wie der Kampf gegen das Coronaviru­s weitergehe­n soll. Doch die Regelungen, die beschlosse­n wurden, sind eine Angriffsfl­äche für all diejenigen, die den Staat bereits jetzt als übergriffi­g empfinden. Das Beharren auf Ausgangsbe­schränkung­en lässt sich weder aus Bürgersich­t nachvollzi­ehen noch bringt es laut Studien so viel, dass der Eingriff in die Grundrecht­e angemessen erscheint. Die FDP hat den Gang nach Karlsruhe angekündig­t, das ist keine Überraschu­ng. Auch die Regelung zu den Schulen, die ab einer mysteriöse­n Inzidenz von 165 schließen müssen, kritisiert die Opposition zu Recht. Anstatt Schulschli­eßungen verbindlic­h zu machen, sollten lieber Luftreinig­er neben einer rigorosen Teststrate­gie vorgeschri­eben werden.

Die Vertreter der Koalition haben mit viel Emotion dafür geworben, dass es ihnen um das Leben und die Gesundheit der Menschen geht. Hätten sie dabei noch mehr die Betriebe in die Pflicht genommen, wären die Vorgaben besser und ausgewogen­er. Denn dass Kinder seit Monaten zu Hause sitzen, während die sogenannte Testpflich­t in Unternehme­n nur ein Angebot an die Mitarbeite­r ist, versteht kein Mensch.

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