Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weniger Zucker, Salz und Fett
Viele Hersteller reduzieren Dickmacher – Verbraucherschützer längst nicht zufrieden
- Der Gehalt an Zucker, Salz oder Fett geht bei vielen Fertiglebensmitteln zurück. Das zeigen neue Daten, die Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch vorgestellt hat. Hintergrund ist eine vom Kabinett 2018 beschlossene „Reduktionsstrategie“. Sie sieht vor, dass sich Hersteller zu schrittweisen Zutatenänderungen verpflichten.
„Die Strategie wirkt“, versicherte die Ministerin am Mittwoch. Rund 5000 Produkte hat das bundeseigene Max-rubner-institut dafür analysiert. Die Ergebnisse fielen recht unterschiedlich aus.
Bei Brot und Kleingebäck ging der Salzgehalt in den vergangenen fünf Jahren um vier Prozent zurück, bei Toastbrot sogar um acht Prozent. Bei den untersuchten Müsli- und
Fruchtriegeln wiesen die Analysen eine Minderung des Zuckergehalts um fast 16 Prozent bei Nussriegeln, elf Prozent bei Müsliriegeln mit Schokolade und knapp sechs Prozent bei Fruchtschnitten nach.
Schlechter sieht es bei bei Wurstund verpackten Fleischwaren aus. Zwar ging bei Snack-salamis oder fertigen Frikadellen der Salzgehalt deutlich zurück, doch das seien Ausnahmen, räumt Klöckner ein. Sie fordert von den Herstellern nun weitere Anstrengungen, verstärkt gesündere Zutaten einzusetzen.
Gar nicht zufrieden ist die Ministerin mit den sogenannten Quetschprodukten für Kinder. Dabei handelt es sich um fertige Fruchtmahlzeiten, die direkt aus der Verpackung in den Mund gesogen werden. Diese Produktgruppe nahm das Institut erstmals unter die Lupe und fand dort deutlich zu viel Zucker.
Jedes zehnte Produkt enthält zugesetzten Zucker. Der Zuckergehalt von zehn Gramm für eine Portion von 100 Gramm ist so hoch wie bei Fruchtsäften.
Das will Klöckner nicht hinnehmen. Sie werde sich in Europa für ein Verbot der Zuckerzusätze einsetzen, kündigt sie an. Ein nationales Verbot, das sie bereits für Zuckerzusätze in Kindertees oder -joghurt verordnet hat, sei rechtlich hier nicht möglich.
Für die Verbraucherorganisation Foodwatch ist die Selbstverpflichtung der Wirtschaft reine Augenwischerei. „Ein paar Gramm weniger Zucker in Müsliriegeln sind keine Strategie gegen die Adipositas-epidemie“, kritisiert Kampagnenleiter Oliver Huizinga. Die Organisation fordert Werbebeschränkungen für ungesunde Kinderlebensmittel. Außerdem müsse eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke nach britischem Vorbild eingeführt werden. Besonders Erfrischungsgetränke und vermeintliche Kinderlebensmittel seien immer noch maßlos überzuckert.
Dagegen zeigt sich der Lebensmittelverband mit den Ergebnissen zufrieden. Die Hersteller würden ihre Rezepturen freiwillig weiterentwickeln und optimieren, wo dies sinnvoll und technologisch möglich ist. Verbandschef Christoph Minhoff sieht die Hersteller als Teil der Lösung der Probleme mit einer ungesunden Ernährung, sieht aber auch Grenzen bei der Reduktion von Zucker, Salz oder Fetten. „Die Reduktionsstrategie darf nicht die Lebensmittelsicherheit aushebeln, warnt er. Der Salzgehalt bei Fleischwaren habe beispielsweise einen direkten Einfluss auf die Haltbarkeit und Sicherheit der Produkte.