Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
So stark waren die Löwen noch nie
Tölzer sind gegen die Towerstars Favorit im Viertelfinale – Von Corona gebeutelt, vom Hauptsponsor verlassen
- Die Auszeichnungen der DEL2 für die Hauptrunde 2020/ 21 haben noch einmal überdeutlich gemacht, was für ein starker Gegner auf die Ravensburg Towerstars ab Donnerstag (19.30 Uhr, Bad Tölz) im Play-off-viertelfinale wartet. In fünf Kategorien gewannen die Tölzer Löwen: Max French ist bester Spieler und Stürmer, Marco Pfleger der Topscorer, Maximilian Franzreb bester Goalie, Luca Tosto der beste Nachwuchsspieler. Noch beeindruckender wird dies vor dem Hintergrund des monatelangen Kraftaktes, der hinter Trainer Kevin Gaudet und seiner Mannschaft liegt.
Die Saison war gerade fünf Spieltage alt, da bekamen die Tölzer Löwen Ende November mit voller Härte zu spüren, unter welch außergewöhnlichen Bedingungen gerade Profisport gespielt wird. Mehrere Spieler wurden nach dem Heimspiel gegen die Lausitzer Füchse positiv auf das Coronavirus getestet, die Mannschaft musste wochenlang in Quarantäne. Zwei Akteure traf es besonders hart: Johannes Sedlmayr und Thomas Merl. Während Sedlmayr wegen einer Herzmuskelentzündung bis heute nicht spielen kann, berappelte sich Merl vermeintlich. Doch er kam zu früh zurück. Ende Januar wollte er gegen seinen Exverein Ravensburg unbedingt wieder im Kader stehen. Merl schaffte es zwar, musste aber schon im zweiten Drittel abbrechen. Es ging nicht. Die
Belastung war zu groß. „Das hat mich zurückgeworfen“, sagt Merl. Diesmal war es aber etwas anderes. Das Virus ist neu, die Auswirkungen auf den Körper sind es auch. „Kein Wunder, dass er noch Zeit braucht, er hatte acht Wochen Zwangspause“, sagte Gaudet nach dem Spiel gegen Ravensburg über Merl. „Aber er hat alles gegeben, und wird es auch gegen Kassel wieder tun.“Der Trainer sollte sich irren. Es dauerte fast zwei Monate, bis Merl zurückkehrte. Seit dem 22. März spielt er wieder regelmäßig – in einer Mannschaft, die schon die ganze Saison über für Furore sorgt.
Von Trainer Kevin Gaudet ist bekannt, dass er gerne mit kompaktem Kader spielt. So klein wie der von Corona und Verletzungen gebeutelte in Tölz aber – das war selbst für den dreimaligen Bietigheimer Meistertrainer (2013, 2015, 2018) ungewohnt. Doch die Löwen machten viel aus ihren begrenzten Möglichkeiten, sehr viel. Von Goalie Franzreb bis zu den Topstürmern Pfleger und French funktionierten die Tölzer perfekt. „Wir haben eine super Truppe. Jeder weiß, was zu tun ist“, sagt Merl. Der Lohn: Tölz beendete die Hauptrunde auf Platz zwei, nur geschlagen von den Kassel Huskies. So stark waren die Löwen noch nie. Trotz dieses Erfolgs hängen dunkle Wolken über dem Standort. Denn der Hauptsponsor war kein zuverlässiger, hinkte mit den Zahlungen hinterher, ließ aufrichtige Kommunikation vermissen – und provozierte, dass die Löwenführung hart durchgreifen musste und den Vertrag kündigte. Noch in der laufenden Saison suchen die Tölzer nun nach neuen Geldquellen, dazu gehört unter anderem ein neuer Name für die Eishalle.
Trotz allem: Der Tölzer Thomas Merl kann sich gut vorstellen, in Tölz zu bleiben. „Es ist familiär hier, das lebt der komplette Verein“, sagt der Stürmer. Erst einmal stehen aber die Play-offs im Vordergrund. „Ravensburg ist kein leichter Gegner, die haben eine brandgefährliche Mannschaft“, sagt Merl, der noch einige Spieler aus dem Towerstars-kader aus seinen beiden Jahren in Oberschwaben kennt. „Gut starten und dann einen Lauf haben“, lautet Merls Devise für das Play-off-viertelfinale.
Zweimal schon hat der Stürmer den Meisterpokal der DEL2 gewonnen. Sowohl nach dem Triumph mit Kassel (2016) als auch Ravensburg (2019) feierte Merl mit seinen Teamkollegen in Barcelona. Beide Male entstanden Fotos von ihm mit dem Meisterpokal am Strand – das aus seinen Zeiten bei den Towerstars benutzt Thomas Merl noch heute als Profilbild auf seinem Whatsapp-kanal. Er hätte nichts dagegen, dieses Foto gegen ein neues mit Pokal zu tauschen.