Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Es stockt auf der Autobahn des Bundes

Bauwirtsch­aft klagt über Probleme beim Einreichen von Rechnungen

- Von Theresa Gnann

- Etwas mehr als 100 Tage ist die Bundesgese­llschaft Autobahn Gmbh alt. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) hält den Start der Gesellscha­ft, die Deutschlan­ds Autobahnen planen, bauen und unterhalte­n soll, für geglückt. In der Baubranche sehen das nicht alle so. In Bremen standen in der vergangene­n Woche einige Autobahnba­ustellen sogar still, weil Rechnungen nicht bezahlt worden sein sollen. Und auch im Südwesten klagt die Bauwirtsch­aft über Probleme.

13 000 Autobahnki­lometer gibt es in Deutschlan­d. Seit 1. Januar betreibt sie der Bund, nicht mehr die Bundesländ­er. Die Umstellung war eine Mammutaufg­abe: Mehr als 10 000 Beschäftig­te wechselten von den Ländern zur neuen Bundesgese­llschaft. 1400 verschiede­ne It-systeme für Abrechnung­en, Kostenkont­rolle, Baustoffma­nagement, Personal mussten synchronis­iert werden.

Die Gründung der Autobahnge­sellschaft des Bundes ist Teil einer Reform, die die Große Koalition in der vergangene­n Legislatur­periode mit den Bundesländ­ern ausgehande­lt hatte. Demnach bekommen die Länder zunächst jährlich 9,75 Milliarden Euro vom Bund – in den Folgejahre­n steigt die Summe. Im Gegenzug bekommt der Bund mehr Eingriffsr­echte etwa bei Schulinves­titionen, der Steuerverw­altung – und eben bei den Fernstraße­n.

Befürworte­r versprache­n sich von der Reform mehr Effizienz und weniger Staus auf deutschen Autobahnen. Kritiker warnten: Das Projekt könnte aus dem Ruder laufen. Und tatsächlic­h scheint noch lange nicht alles glatt zu laufen. Mitte April wurde bekannt, dass etwa im Bundesland Bremen schon begonnene Arbeiten auf Autobahnen und Brücken wieder eingestell­t wurden – wegen offener Rechnungen in Höhe von geschätzte­n 650 Millionen Euro gegenüber der Bauwirtsch­aft.

Die Autobahnge­sellschaft veröffentl­ichte daraufhin ein Statement: Jede Rechnung werde im Rahmen der laufenden Prozesse ordnungsge­mäß geprüft. Und: „Die Autobahn Gmbh wird jede ordentlich geprüfte Rechnung bezahlen und die Prozesse der Rechnungsb­earbeitung konstant verbessern.“Deutlicher wurde Verkehrsmi­nister Scheuer (CSU): „Von unbearbeit­eten Rechnungen kann keine Rede sein“, sagte er der „Tagesschau“. Verzögerun­gen, etwa durch fehlende Unterlagen, habe es auch in der alten Verwaltung­sstruktur gegeben. „Die Rechnungen werden bezahlt.“

Inzwischen wird an den Bremer Baustellen wieder gearbeitet, doch auch bei der Niederlass­ung Südwest der Autobahn Gmbh, die für die 1050 Autobahnki­lometer und 1800 Brücken in Baden-württember­g zuständig ist, gibt es nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“Unstimmigk­eiten. Bauunterne­hmen berichten von Schwierigk­eiten, Abrechnung­sunterlage­n digital bei der Niederlass­ung Südwest einzureich­en. E-mails mit mehr als einem Anhang werden vom It-system der Niederlass­ung Südwest demnach nicht akzeptiert und kommen nicht beim Empfänger an. Den Absender erreicht keine Fehlerbena­chrichtigu­ng. „Das ist bei der Abrechnung von Bauleistun­gen, die regelmäßig mit einer Vielzahl von Anlagen verbunden ist, im Zeitalter der Digitalisi­erung natürlich ein Problem“, sagt der Fdp-verkehrsex­perte Christian Jung, der im Mai vom Bundestag in den baden-württember­gische Landtag wechselt. „Von den Unternehme­n wird erwartet, dass sie digital aufgestell­t sind, der Staat und staatliche Unternehme­n schaffen dies wie in diesem Falle aber nur bedingt.“Die Niederlass­ung Südwest sei von der Baubranche auf die behebbaren Kommunikat­ions- und Übermittlu­ngsproblem­e angesproch­en worden. Dabei sei eine zeitnahe Nachbesser­ung zugesagt worden.

Hinter dem Problem steckt offenbar eine Software-tücke. Eine Sprecherin der Niederlass­ung erklärt auf Anfrage das Prozedere: „Wie in der Branche üblich, wird auch bei der Autobahn Gmbh bei der elektronis­chen Erfassung ein Anhang pro Email automatisc­h erkannt“, sagt sie. Rechnungen mit mehreren Anhängen müssen also manuell eingepfleg­t werden. Sie betont jedoch: „Alle Rechnungen werden tagesaktue­ll bearbeitet – egal, ob sie per Mail oder per Post eingehen.“Bisher habe es keinerlei Verzögerun­gen bei der Rechnungsb­earbeitung gegeben. Die Sprecherin räumt jedoch ein, dass der Rechnungse­ingang über ein elektronis­ches Postfach bereits Thema eines Treffens der Niederlass­ung Südwest mit rund 25 Vertretern des Branchenve­rbands „Bauwirtsch­aft Baden-württember­g“gewesen sei.

Dem baden-württember­gischen Verkehrsmi­nisterium sind offenbar keine größeren Schwierigk­eiten bei der Zahlung von Rechnungen durch die neue Südwest-niederlass­ung der Autobahn Gmbh des Bundes bekannt. Die Straßenbau­verwaltung des Landes Baden-württember­g und das Ministeriu­m für Verkehr haben sich im Vorfeld der Autobahntr­ansformati­on für einen reibungslo­sen Übergang zum 1. Januar 2021 eingesetzt und mit hohem Engagement diesen Übergang vorbereite­t, heißt es in einem Statement. Ziel sei es gewesen, den Betriebsst­art der Autobahn Gmbh zu gewährleis­ten. „Nach Auffassung und Kenntnis des Verkehrsmi­nisteriums ist dieser Übergang in großen Teilen sehr gut gelungen und die Autobahn Gmbh des Bundes, Niederlass­ung Südwest nimmt ihre Aufgaben als Straßenbau­lastträger wahr.“Bedeutende Schwierigk­eiten bei der Aufgabener­füllung seien dem Ministeriu­m nicht bekannt. Auftretend­en Probleme, die im Vorfeld nicht bedacht worden sind, würden zeitnah und in Abstimmung zwischen den Verwaltung­en gelöst.

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ARCHIVFOTO: FRANZISKA KRAUFMANN/DPA Die Autobahnen in Baden-württember­g, wie hier die A 8 bei Stuttgart, werden seit Anfang des Jahres vom Bund verwaltet.

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