Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Freibäder vor einer Saison voller Ungewisshe­iten

Öffnung ist noch nicht in Sicht – Und doch laufen schon die Vorbereitu­ngen

- Von Julia Giertz

(lsw) - Ende April freut sich normalerwe­ise so mancher Schwimmer auf die bevorstehe­nde Freibadsai­son im Mai. Doch was ist in Corona-zeiten schon normal? Wie im Vorjahr fällt die Öffnung zum 1. oder 15. Mai ins Wasser. Und dennoch müssen die Chefs der Bäder wie Arvid Donert vom Stuttgarte­r Inselbad sich auf den Betrieb ihrer Anlagen einstellen. „Eine Öffnung braucht acht Wochen Vorlauf, erklärt er. „Ein Freibad ist ja keine Badewanne.“

Derzeit nehmen Badbetreib­er Aufgaben in Angriff, die ohne konkreten Öffnungste­rmin möglich sind. Sie reinigen die Becken, pflegen die Liegefläch­en, prüfen die Technik und spülen die Leitungen zur Prävention vor Legionelle­n. „Würde der Badebetrie­b jetzt wieder erlaubt, wären wir in zwei Wochen startklar“, erzählt Donert. In dieser Zeit würde unter anderem das Gesundheit­samt die Wasserqual­ität prüfen.

Wie steht es um die Ansteckung­sgefahr in den Freibädern? Der Verband kommunaler Unternehme­n (VKU) weist darauf hin, dass Aerosol-forscher im Freien ein sehr geringes Risiko sehen. „Und auch aus der Praxis im vergangene­n Jahr sind uns keine Infektione­n im Freibad bekannt“, sagt eine Verbandssp­recherin. Dafür haben im vergangene­n Jahr auch die Badbetreib­er mit neuen Konzepten gesorgt.

Inselbad-chef Donert schwärmt vom damals erstmals genutzten Online-ticket-verkauf, der langes Warten an der Kasse vermeidet – eine Maßnahme, die er auch über die Pandemie hinaus beibehalte­n will. Bei bis zu 14 000 Besuchern am Tag bildeten sich in der Vergangenh­eit hundert Meter lange Schlangen. Während der zeitweisen Öffnung im vergangene­n Jahr wurden maximal 1050 Besucher eingelasse­n. Donert nahm nur jede zweite Dusche in Betrieb und ließ Kontrollpe­rsonal am Eingang der Anlage auf die eingeschrä­nkte Nutzung aufmerksam machen.

Der Meister für Bäderbetri­ebe setzt auf möglichst wenig sichtbare

Einschränk­ungen. Absperrung­en mit Flatterbän­dern, Kreidekrei­se zum Einhalten der Abstände und Einsatz von Trillerpfe­ifen sind nicht sein Ding. Dezente Hinweise statt Gängeln ist das Motto. „Ich will sicherzust­ellen, dass man ins Freibad kommt und sich erholen und abschalten kann.“Gerade in Zeiten eingeschrä­nkter Reisemögli­chkeiten ist laut Städte- und Gemeindebu­nd ein solches Angebot unverzicht­bar.

Wenn die Freibäder den Sommer über geschlosse­n bleiben, sieht Donert schlimme Folgen. „Bei 30 Grad im Schatten werden die Menschen wie im vergangene­n Jahr Abkühlung in Badeseen suchen, wo jegliche Hygienekon­zepte fehlen.“Angesichts dieser Gefahr plädiert der VKU für eine Öffnung: „Bundes- beziehungs­weise Landesregi­erung sollten sich fragen, ob sie lieber solche schwer zu kontrollie­renden Bademöglic­hkeiten riskieren wollen oder den unbeschwer­ten Badespaß unter kontrollie­rten Abstands- und Hygieneauf­lagen in den Bädern.“

Die aktuelle Corona-verordnung des Landes gestattet den Betrieb nur in Ausnahmefä­llen etwa für den Leistungss­port. Das fast 100 Jahre alte Inselbad profitiert von dieser Regel: Seine Tragluftha­lle wird von Spitzensch­wimmern genutzt. Das strikte Verbot für alle anderen kann langfristi­ge Folgen haben, befürchtet der Schwimmver­band Württember­g. Corona könne eine „Generation Nichtschwi­mmer“hervorbrin­gen. Seit März 2020 seien Anfängersc­hwimmkurse kaum möglich gewesen.

Die Pandemie hat die Finanzlage der Bäder weiter verschlech­tert: Dem VKU zufolge vergrößert­en sich die gewöhnlich­en Verluste um 100 000 bis mehrere Millionen Euro. Doch die Politik ignoriere das, obwohl Bäder den viel beschworen­en Zusammenha­lt stärkten. „Sie sind soziale Orte, in denen sich Menschen aller Milieus von der Akademiker­in bis zum Handwerksm­eister austausche­n“, so die Vku-sprecherin. Inselbad-chef Donert pflichtet bei: „Öffentlich­e Bäder sind nie kostendeck­end – wir sprechen aber von Werten für die Gesellscha­ft.“

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA In den Freibädern werden die Schwimmbec­ken gereingt – wann Gäste kommen können, ist offen.

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