Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So wehrt man sich gegen Flyer von Corona-leugnern

Die Flugblätte­r muss man nicht einfach hinnehmen, sagt die Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g

- Von Christina Mikalo

- Susanne Burkhardt* ist genervt. Immer wieder landen Flyer in ihrem Briefkaste­n, auf denen die Verfasser die Gefährlich­keit des Coronaviru­s oder die Wirksamkei­t von Impfstoffe­n anzweifeln. „Was die Großkoalit­ion verheimlic­ht: Eventuell sind alle Covid-impfungen krebserreg­end“steht dort beispielsw­eise.

Oft sind die Flyer profession­ell gestaltet, zeigen emotionali­sierende Bilder und Grafiken und verweisen auf seriöse Quellen wie das Robertkoch-institut (RKI). Auf manchen werden ein Verein mitsamt der Postanschr­ift als Herausgebe­r angegeben, die Vorsitzend­en mit Foto und Professore­ntiteln abgebildet.

Letzteres sind allerdings häufig Zusammensc­hlüsse wie die „Mediziner und Wissenscha­ftler für Gesundheit,

Freiheit und Demokratie, e.v. (MWGFD)“, deren Vorsitzend­e die bekannten Corona-verharmlos­er Sucharit Bhakdi und Stefan Homburg sind.

Burkhardt bemerkt dies und möchte gegen die Flyer vorgehen. Sie hat ein Schild mit der Aufschrift „Keine Werbung“an ihrem Briefkaste­n kleben und bringt dort nun den Zusatz „gilt auch für Coronaleug­ner“an – erfolglos. „Auch nach einem Jahr erhalte ich weiter diese Flyer“, berichtet die Biberacher­in. Ihre Nachbarn seien ebenfalls betroffen.

Müssen Verbrauche­r wie Susanne Burkhardt Werbung von Coronaleug­nern und Impfgegner­n hinnehmen? Generell sind „unerwünsch­te Postzustel­lungen“nicht strafbar, sofern sie inhaltlich nicht strafbar sind, sagt Wolfgang Jürgens von der Polizei in Ulm. Heißt: Alles, was keine Beleidigun­g oder Volksverhe­tzung ist, fällt unter den Begriff der Meinungsfr­eiheit und ist deshalb legal.

Trotzdem haben Anwohner Möglichkei­ten, gegen die Flyer vorzugehen. „Wenn ein Aufkleber den Einwurf von Werbung verbietet, darf auch keine Werbung in den Briefkaste­n geworfen werden“, erklärt Niklaas Haskamp von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g. Wenn die Verteiler dies wie im Fall von Susanne Burkhardt missachten, kann sich der unfreiwill­ige Empfänger zu Wehr setzen.

Ratsam ist es dabei zunächst, wenn er sich per Einschreib­en an die Herausgebe­r der Flyer wendet. Susanne Burkhardt tut dies und fordert die Herausgebe­r, deren Adresse sie über das Impressum erfährt, auf, die Einwürfe sein zu lassen. Doch auf manchen Flugblätte­rn steht keine Adresse.

Burkhardt hebt die Flyer deshalb auf und informiert die Verbrauche­rzentrale. Diese sammelt die Fälle von unerwünsch­ter Werbung und prüft sie. Bei einer erhebliche­n Anzahl von Fällen kann sie ein Abmahnverf­ahren gegen den Herausgebe­r der Flyer einleiten.

Daneben haben Empfänger die Möglichkei­t, die Herausgebe­r selbst abzumahnen und gegebenenf­alls zu verklagen. Dabei kann es jedoch zu hohen Kosten kommen, weshalb eine Klage vor allem dann Sinn ergibt, wenn man rechtsschu­tzversiche­rt ist.

Welchen Weg man letztlich wählt – in jedem Fall steht Briefkaste­n-eigentümer­n laut Paragraph 1004 des Bundesgese­tzbuchs ein „Beseitigun­gsund Unterlassu­ngsanspruc­h“zu, sagt Haskamp. „Solche Einwürfe muss man daher schlicht nicht dulden.“

*Name von der Redaktion geändert

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FOTO: DPA/SEBASTIAN FISCHER Solche und ähnliche Flyer erhalten Susanne Burkhardt und ihre Nachbarn über Monate.

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