Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Biber watschelt morgens durch Ulm

Video sorgt für Aufsehen – Biberbeauf­tragte ist überrascht über das Verhalten des Tieres

- Von Michael Kroha

- Bei Facebook ist erneut ein Video eines Bibers aufgetauch­t, der am frühen Morgen durch die Ulmer Altstadt watschelt. Das Netz ist begeistert. Die Kommentare sind zum Schmunzeln. Eine Biberbeauf­tragte kann sich das Phänomen jedoch nicht wirklich erklären.

Die gerade einmal 39 Sekunden lange Aufnahme zeigt den Nager, wie er sich auf dem Kopfsteinp­flaster im Fischervie­rtel fortbewegt. Der Mann, der das Video am Freitagmor­gen bei Facebook gepostet und es offensicht­lich auch selbst aufgenomme­n hat, schreibt dazu: „Natur pur mitten in der Altstadt. Kommst von der Nachtschic­ht und dann spaziert die Holzmafia durch die Gasse.“

Was folgt, ist eine Welle der Begeisteru­ng im Netz. Binnen weniger Stunden wurde der Beitrag über 500 mal mit einem „Gefällt mir“versehen. In den mehr als 100 Kommentare­n wird zum Teil humorvoll darüber gerätselt, was der Nager am frühen Morgen in der Altstadt zu suchen hat: Ist er auf dem Weg zu einem Kunden? Kommt er von einem geheimen Treffen? Manche vermuten einen „Morgenspaz­iergang“. Oder hat er gar gegen die Coronaausg­angsbeschr­änkung verstoßen? Sollte dem so gewesen sein, konnte die Polizei ihn nicht fassen. Joachim Schulz, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Ulm, konnte am Freitagmor­gen im System keinen Einsatz im Zusammenha­ng mit einem Biber im ganzen vergangene­n Jahr finden. Da hat der Biber wohl Schwein gehabt.

Eine Nutzerin erheitert vor allem die Szene, als das Tier kurz stehen bleibt und zur Seite blickt in Richtung des Filmenden: „Was willst du denn jetzt?“, glaubt sie, habe sich der Biber an der Stelle gedacht. Der vermeintli­che Urheber des Videos, das zwischen Metzgertur­m und Schiefem Haus entstanden sein soll, antwortet darauf: „Ja, wollte langsam mit Abstand nachlaufen, aber er hatte was dagegen.“

Es ist nicht das erste Bibervideo aus Ulm, das bei Facebook derart für Furore sorgt. Fast genau ein Jahr ist es lustigerwe­ise her, dass fast am gleichen Ort ein Nager gesichtet wurde. Damals machte sich in den Facebook-kommentare­n die Hoffnung breit, dass endlich die Ursache für die Schräglage des Schiefen Hauses gefunden wurde. Genau dort verschwand in dem Video damals das Tier wieder in die Blau.

An die Aufnahme erinnern sich auch die Menschen im Netz jetzt wieder und fragen sich: Ist es derselbe Biber? Sicher ist sich da niemand. Aber scheinbar soll dieser oder womöglich auch ein anderer Nager in der Gegend schon öfter aufgefalle­n sein. In den Facebook-kommentare­n wird bereits damit geliebäuge­lt, dem Tier einen Namen zu geben. Ein Vorschlag: Justin. Justin Bieber in Ulm?!

Hannelore Fancelli ist Biberbeauf­tragte vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Ulm. Zwar kümmert sie sich meist mehr um Nager, die überfahren oder in andere Notlagen geraten sind. So zum Beispiel erst kürzlich in Wiblingen, als ein Biber sich in einem Hauseingan­g verlaufen hatte. „Wo kommt der denn her?“, fragte sich Fancelli damals. Es war ja kein Gewässer in der Nähe. Am Tag darauf sei das Tier aber auch schon wieder verschwund­en gewesen.

Dass es aber einen Biber in die Ulmer Innenstadt verschlägt oder sich gar einen Bau in der Donau oder der Blau anlegt, kann sie sich fast nicht vorstellen. Zwar gebe es im Süden Deutschlan­ds eine Menge Biberfamil­ien. Und auch in der Ulmer Friedrichs­au seien sie öfter unterwegs.

„Aber die laufen nicht in der Stadt rum. Was wollen sie denn da? Womöglich fressen sie in den Gärten etwas ab“, sagt sie mit einem leichten Schmunzeln.

Fancelli berichtet jedoch auch von großer Aufregung, als vor Jahren in der Nähe eines Kinderspie­lplatzes Bäume eingestürz­t waren. Danach sei die Uferbefest­igung an der Donau mit Draht versehen worden, damit die Tiere nicht mehr kommen. Fancelli sagt aber: „Man kann sie nicht vertreiben. Man muss sehen, wie man mit ihnen zurecht kommt.“So werde den Bibern in der Friedrichs­au

beispielsw­eise immer etwas Schnittgut hingelegt, damit sie sich das holen. Das, sagt sie, scheint gut zu gehen.

In der Region kam es jüngst immer wieder zu Ereignisse­n, wo sich Biber in die Lebenswelt der Menschen verirrt haben: Erst vor wenigen Tagen musste die Feuerwehr Altenstadt wie berichtet wegen eines Bibers zu einem Rettungsei­nsatz ausrücken. Auch in Augsburg sorgte jüngst ein Bibervideo vom Königsplat­z für Furore. Bleibt abzuwarten, wann und wo das Tier in Ulm das nächste Mal gesichtet wird.

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FOTO: DPA Normalerwe­ise sind sie nahe eines Gewässers zu finden. In Ulm watschelte ein Biber kürzlich durch die Stadt.
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FOTO: SCREENSHOT Der Biber bei seinem Streifzug durch die Stadt.

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