Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Offizielle Impf-reihenfolg­e wird ab Juni ausgesetzt

Worum es in der Debatte um Rechte für Geimpfte geht – Eu-kommission verklagt Astrazenec­a

- Von Hajo Zenker

- Bei der Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpr­äsidenten ging es am Montag um das Thema Impfen. Das sind die wichtigste­n Punkte.

Weshalb wird über Rechte für Geimpfte debattiert?

5,96 Millionen Menschen, gerade 7,2 Prozent der Bevölkerun­g, sind laut Gesundheit­sministeri­um vollständi­g geimpft. Immerhin 19,48 Millionen Bürger (23,4 Prozent aller Einwohner) haben eine erste Dosis erhalten. Obwohl sich die Zahl der vollständi­g Immunisier­ten noch in Grenzen hält, ist der Politik die Debatte wichtig. Denn wer Grundrecht­e auf längere Zeit einschränk­t, muss fürchten, dass die Gerichte Maßnahmen kippen. Mit einer Regelung, die Ausnahmen für Geimpfte und Genesene vorsieht, könnte die Regierung leichter erklären, weshalb etwa die Notbremse erforderli­ch sei. „Wir werden in eine Übergangsp­hase kommen, die auch nicht einfach ist“, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach der Runde mit den Regierungs­chefinnen und -chefs der Länder. Es werde immer mehr Geimpfte geben, aber auch noch viele Ungeimpfte, die schutzbedü­rftig seien. Das oberste Ziel sei es, allen Menschen ihre Grundrecht­e schnellstm­öglich wiederzuge­ben. Doch das werde nicht schnell gehen. Ausführlic­h diskutiert worden sei in der Runde die Frage, welche Grundrecht­e diejenigen zurückbeko­mmen sollten, von denen keine Infektions­gefahr mehr ausgehe. Die Ergebnisse würden in einer Verordnung zum Infektions­schutzgese­tz niedergele­gt. Details wurden zunächst nicht bekannt. Dafür seien noch Beratungen nöti „So eine Verordnung braucht schon auch zwei, drei, vier Wochen“, sagte Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Laut einem Papier der Bundesregi­erung vom Wochenende könnten Geimpfte und Genesene etwa beim Zugang zu Geschäften und Dienstleis­tungen wie Friseuren dieselben Ausnahmen bekommen, die für negativ Getestete gelten. Bei der Einreise könnte in den meisten Fällen eine Quarantäne wegfallen.

Was ist mit Kontakten und Masken?

Maske und Abstand sollen auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch gelten. Wenn sich vollständi­g Geimpfte treffen, könnten Kontaktbes­chränkunge­n gelockert werden.

Bleibt die offizielle Impf-reihenfolg­e bestehen?

Die Priorisier­ung, die Hochbetagt­e und Vorerkrank­te möglichst schnell schützen sollte, steht vor dem Aus. Laut Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) soll die Reihenfolg­e spätetens im Juni fallen. Zumindest bei Astrazenec­a ist die Priorisier­ung regional ohnehin bereits hinfällig: Sachsen, Mecklenbur­g-vorpommern, Bayern und Berlin haben den Stoff bereits für alle Altersgrup­pen nach Beratung in den Arztpraxen freigegebe­n. Eigentlich soll laut Ständiger Impfkommis­sion (Stiko) Astrazenec­a wegen der Gefahr seltener Thrombosen in der Regel nur bei Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Baden-württember­g bleibt zunächst dabei, Astrazenec­a nur an über 60-Jährige zu verimpfen.

Was ist mit der Haftung, wenn ich Astrazenec­a wähle?

Wer durch eine von der obersten

Landesgesu­ndheitsbeh­örde empfohlene Impfung einen Schaden erlitten hat, erhält laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium eine Versorgung vom Land. Da die Länder Astrazenec­a für alle ab 60 Jahre sowie nach ärztlicher Aufklärung auch für unter 60-Jährige empfohlen haben, haften die Länder.

Sollten nicht auch geimpft werden?

Jüngere

Es mehren sich die Forderunge­n, verstärkt an die Jüngeren zu denken. So hält es der Präsident der Bundesärzt­ekammer, Klaus Reinhardt, für legitim, zu sagen: „Wir impfen jetzt die Jungen, die zwar in der Regel nicht schwer erkranken, aber die natürlich viel unterwegs sind.“Während hier Erwachsene gemeint sind, hat Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) noch Jüngere im Blick. Man solle „auch Schüler ab 16 Jahren vermehrt impfen“. Und es brauche einen Impfstoff für Kinder. Damit aber dürfte es noch dauern. So hatte Moderna erst im März begonnen, sein Vakzin Kindern zwischen sechs Monaten und zwölf Jahren zu verabreich­en. Bisher ist Moderna ab 18 Jahren zugelassen. Biontech-partner Pfizer testet an 12- bis 15-Jährigen. Biontech ist bisher ab 16 Jahren zugelassen.

Wie schnell wird Impfstoff geliefert?

Während Astrazenec­a Lieferprob­leme hat, weshalb die Eu-kommission am Montag den Konzern verklagte, gilt Biontech als zuverlässi­g. Der Hersteller hat für jede Mai-woche 3,4 Millionen Impfdosen zugesagt, dazu kommen 550 000 Dosen von Moderna. Im Juni steigert Biontech die Lieferung auf 5,1 Millionen wöchentlic­h, Moderna auf etwa 600 000.

Was derzeit noch erlaubt ist auf www.schwaebisc­he.de/ stufenplan

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Bahn frei für Geimpfte

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