Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Merkel stellt Sommerurlaub infrage
Kritik an Aussagen der Kanzlerin – 40 Prozent der Deutschen planen Reise oder haben schon gebucht
- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Hoffnung vieler Bundesbürger auf einen Sommerurlaub unter einigermaßen normalen Bedingungen gedämpft. Ob Urlaub im Sommer möglich sei, hänge von der Infektionslage ab, sagte sie nach ihrem Treffen mit den Länderchefs und -chefinnen. Die Tourismusbranche reagierte am Dienstag auf diese Aussage mit heftiger Kritik. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was hat die Kanzlerin genau über die Chancen auf Sommerurlaub gesagt?
Sie erinnerte an den vergangenen Sommer, als der Inzidenzwert teilweise bei unter zehn lag und fügte hinzu: „Ich sage nicht, dass es wieder so weit runtergehen muss. Aber wann wir wieder darüber nachdenken können, Hotels zu öffnen, kann ich heute nicht sagen. Das hängt vom Verlauf dessen ab, was wir im Augenblick machen“– gemeint sind die aktuellen Beschränkungen inklusive Ausgangssperren.
Ist der Verweis auf die niedrigen Infektionszahlen im vergangenen Sommer stichhaltig?
Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) wehrt man sich dagegen. Es sei falsch, bei der Frage der Öffnungen „allein auf den Inzidenzwert zu schauen“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga-bundesverbandes, Ingrid Hartges. Sie verwies auf die umfangreichen Schutz- und Hygienemaßnahmen der Betriebe, die im vergangenen Sommer gut funktioniert hätten. „Statt die Sommersaison infrage zu stellen, sind die Bundesregierung und die Landesregierungen aufgerufen, alles dafür zu tun, damit die Hotels und Restaurants bald wieder öffnen können“, betonte sie. So solle zum Beispiel dringend das Impfen beschleunigt werden.
Wird es Urlaub nur für Geimpfte und Genesene geben?
Beim Deutschen Reiseverband (DRV) setzt man eher darauf, dass der Sommerurlaub nicht nur für Geimpfte und Genesene möglich sein wird, sondern auch für negativ auf das Coronavirus Getestete. Es sei enttäuschend, dass es bei der Bundländer-runde keine konkreten Ergebnisse gab. „Weder wurde ein schlüssiges Testkonzept beschlossen, noch gab es konkrete Zeitvorgaben, wann Geimpfte ihre Grundrechte wieder zurückerlangen“, sagte eine Verbandssprecherin. Reisen unter strengen Auflagen könnten aber möglich sein.
Wie weist man Impfung, Genesung oder Test nach?
Das ist noch offen. Merkel sprach davon, dass Genesene einen positiven PCR-TEST vorlegen müssen, der nicht älter als sechs Monate sein dürfe, sowie einen späteren negativen Test. Geimpfte bekommen derzeit einen Eintrag in den Impfpass, und Testergebnisse landen in der Regel auf dem Handy. EU und Bundesregierung bemühen sich derzeit, ein fälschungssicheres digitales Verfahren zu entwickeln (siehe Text oben).
Soll man sicherheitshalber seine Urlaubsplanung verschieben?
Das muss nicht sein. Reiserechtsexperten raten aber dazu, nur Hotelzimmer
oder Ferienwohnungen zu buchen, bei denen bis kurz vor Reiseantritt eine kostenlose Stornierung möglich ist. Eine Umfrage im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC Deutschland hat ergeben, dass gut 40 Prozent der Deutschen eine Reise im Sommer planen oder sogar schon gebucht haben. Ein Drittel ist noch unentschlossen. Der Rest will zu Hause bleiben.
In welchen Ländern und Regionen wird Urlaub am ehesten möglich sein?
In den meisten deutschen Ferienregionen heißt es zwar, man gehe davon aus, dass Urlaub in Hotels und Ferienwohnungen bald wieder möglich sein werde. Fahrt aufgenommen hat der Tourismus allerdings vor allem auf Mallorca, wohin seit Ostern Zehntausende Bundesbürger gereist sind. Der größte deutsche Touristikkonzern TUI will sein Angebot nun sogar ausbauen und bietet vom 1. Mai an auch Reisen auf die Balearennachbarinseln Ibiza und Formentera an. Kurze Zeit später sind erste Flüge an die portugiesische Algarve und auf mehrere griechische Inseln geplant. Vorgeschrieben sind jeweils negative Corona-tests. Statt Party sei aber diesmal „ruhiger Erholungsurlaub“angesagt, betonte Tuideutschland-chef Marek Andryszak.
Zypern will ab dem 10. Mai Touristen einreisen lassen, die gegen das Coronavirus geimpft sind. Es geht um Reisende aus insgesamt 65 Ländern, darunter auch Deutschland. Urlauber aus diesen Ländern müssten sich weder einer Quarantäne unterziehen noch einen negativen Corona-test vorweisen, sagte Tourismusminister Savvas Perdio. Die Einreise nur mit einem negativen PCR-TEST ist darüber hinaus möglich.