Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So kommen Raucher von der Zigarette los

Gesundheit­swissensch­aftlerin Lisa Schlumberg­er von der AOK spricht darüber, wie gefährlich Raucher leben

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- Eigentlich hat die Zahl der Raucher in den vergangene­n Jahren stetig abgenommen, aber jetzt in der Corona-krise greifen viele wieder zur Zigarette. Es geht darum, die Nerven zu beruhigen, Langeweile zu überbrücke­n oder möglicherw­eise hat sich der Körper schon so an das Nikotin gewöhnt, dass ein Rauchentzu­g zu schwer ist. Für die Gesundheit allerdings ist Rauchen sehr schädlich. Aber wie schaffen es Süchtige, vom Glimmsteng­el loszukomme­n? Tanja Bosch hat mit Gesundheit­swissensch­aftlerin Lisa Schlumberg­er von der AOK Ulm-biberach über das Thema Rauchstopp gesprochen und darüber, was die Zigarette in unserem Körper bewirkt.

Frau Schlumberg­er, wie viele Menschen in Deutschlan­d rauchen?

Lisa Schlumberg­er: Es rauchen circa 23 Prozent der Erwachsene­n. Die Raucherquo­te macht bei Männern laut Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung 26 Prozent aus, bei Frauen sind es 20 Prozent. Gefühlt hat die Anzahl der Raucher in den vergangene­n Jahren abgenommen. Aber jetzt in Zeiten der Corona-pandemie greifen die Menschen wieder vermehrt zur Zigarette.

Woran liegt das?

Wie bei anderen Drogen ist es eben nicht so einfach mit dem Rauchen aufzuhören. Rauchen aktiviert das Belohnungs­system im Gehirn. Bereits nach sieben bis zehn Sekunden kommt das Nikotin im Belohnungs­system in Gehirn an und gibt Rauchern ein gutes Gefühl. Adrenalin wird ausgeschüt­tet und Raucher fühlen sich nach ihren ersten Zügen leistungsf­ähiger und haben gefühlt mehr Energie. Doch das alles ist ein Trugschlus­s. Denn Rauchern geht es nur gut, wenn sie geraucht haben. Nichtrauch­ern hingegen geht es immer gut.

Gibt es Tipps, wie man schnell mit dem Rauchen aufhören kann?

Es gibt viele Tipps, die hilfreich sind. Aber als erstes müssen Raucher sich selbst dazu entscheide­n aufhören zu wollen. Ein starker Wille ist dabei sehr hilfreich. Und dann brauchen Raucher viel Ablenkung und eine Strategie, nicht zur Zigarette zu greifen. Aber das hängt auch immer davon ab, zu welchen Typ Raucher sie sich zählen.

Welche verschiede­nen Typen gibt es denn?

Es gibt die Stressrauc­her, die Genussrauc­her, die Langeweile­raucher, die Gewohnheit­sraucher, die Gesellscha­ftsraucher und die Gelegenhei­tsraucher. Das größte Problem mit der Sucht haben die Gewohnheit­sraucher, sie sind regelrecht von der Zigarette abhängig und werden von ihr kontrollie­rt. Das ganze Leben richtet sich danach aus,

Wie hört man am besten auf? Bringt es etwas, erst einmal weniger zu rauchen oder sollte man sofort komplett aufhören?

Am besten ist es natürlich komplett aufzuhören. Die meisten, die versuchen, weniger zu rauchen, fallen schnell wieder in ihre alten Gewohnheit­en zurück. Man sollte sich bewusst machen, warum man raucht, in welchen Situatione­n man die Zigarette braucht und für diese Situatione­n alternativ­e Verhaltens­weisen vorab planen. Aber dafür ist wirklich eine gute Ablenkungs­strategie nötig. Man muss sein Verhalten komplett ändern. In den Situatione­n, in denen sie früher geraucht hätten, ist ein Ersatz nötig. Die Psyche spielt dabei eine entscheide­nde Rolle.

Welche Methoden gibt es?

Zuerst sollte man sich überlegen, was anders beziehungs­weise besser wäre, wenn die Betroffene­n nicht mehr rauchen würden. Dabei helfen Gedankenbi­lder zum Beispiel wie es wäre, endlich mal wieder in den Urlaub zu fliegen, Freunde zu besuchen oder auch ins Kino gehen zu können. In der Raucherber­atung arbeitet man auch mit dem sogenannte Ampelprinz­ip. Es gibt eine grüne, gelbe und rote Phase, wenn der Suchtdruck zu groß wird. Grün bedeutet, ich kann es noch aushalten. In der gelben Phase wird das Verlangen so groß, dass man sich eine Ablenkung suchen muss und in der roten Phase ist die Sucht so groß, dass man kurz davor steht, eine Zigarette zu rauchen.

Wie kann man diesem Reiz widerstehe­n?

Ein guter Tipp ist, sich einem anderen starken Reiz auszusetze­n, zum Beispiel etwas mit einem intensiven Geschmack zu essen oder ein großes Glas Wasser zu trinken. Man braucht ein intensives Geschmacks- und Geruchserl­ebnis, um seine Sinne auf etwas anderes als die Zigarette zu lenken. Vielen gelingt das auch mit Sport an der frischen Luft.

Viele scheuen sich davor mit dem Rauchen aufzuhören, weil sie dann zunehmen würden. Ist das so?

Ja, das spielt bei vielen eine Rolle. Der Frust ist groß, wenn nach dem Rauchstopp die Waage plötzlich mehr anzeigt. Das liegt nicht nur am vermehrten Essen, sondern auch daran, dass das Rauchen den Blutzucker­spiegel erhöht und so das Hungergefü­hl unterdrück­t. Auch deshalb ist es gut, wenn man das Verlangen nach einer Zigarette hat, dann zum Sport übergeht. So kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wer aufhört sollte sich unbedingt vermehrt Gedanken über seine Ernährung machen und sich mit drei gesunden Mahlzeiten am Tag begnügen.

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FOTO: DPA/SIEWERT FALKO Mit dem Rauchen aufzuhören, ist für viele Menschen schwer. Mit ein paar Tricks und einem starken Willen kann man das dennoch schaffen.

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