Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Chef des Ulmer Impfzentrums sauer wegen Gerüchten
Es geht um angeblich nicht-verimpfte Impfdosen – Er nimmt auch Stellung zum Fall einer verstorbenen Frau nach einer Astrazeneca-impfung
(rau) - Zunächst die guten Nachrichten: Der Betrieb des Ulmer Impfzentrums schnurrt, es arbeitet an seiner Kapazitätsgrenze. Doch es gibt Gerüchte, die den Chef des Impfzentrums ärgern.
Mit emotionalen Einlassungen ist Professor Bernd Kühlmuß in den vergangenen Wochen und Monaten nicht aufgefallen. Er trägt die ärztliche Verantwortung im Ulmer Impfzentrum an der Messe und informiert regelmäßig über den aktuellen Stand. Dieser lautete zusammengefasst (am Montag): Es läuft. Die Zahlen können sich sehen lassen, Kühlmuß berichtet von weiterhin rund 3600 Impfungen, die täglich durchs Ulmer Impfzentrum verabreicht würden. Davon würden 2700 Dosen vor Ort im Impfzentrum, die restlichen 900 Dosen durch die mobilen Impfteams des Impfzentrums verimpft.
Verschnupft teilte Kühlmuß allerdings mit, dass Gerüchte die Runde machen würden, an denen jedoch schlicht nichts dran sei. Er spielt an auf Meldungen, wonach im Impfzentrum Ulm Impfstoff lagern soll, der nicht verimpft würde. Das sei falsch.
Kühlmuß wird deutlich: „Ständige Wiederholungen falscher Tatsachen durch Dritte – egal, ob bewusst oder einfach nur der Ahnungslosigkeit geschuldet – machen diese auch nicht richtiger.“
Nähere Details zu den Urhebern der Gerüchte und auch, von welchem Impfstoff diese sprechen, macht Kühlmuß nicht. Er teilt aber mit, dass momentan Impfstoffe von Biontech, Moderna und Astrazeneca verimpft würden. Und alle verfügbaren Termine nach wie vor „gut gebucht“seien.
Dementsprechend ist in Ulm auch Impfstoff von Astrazeneca weiterhin gefragt (jener Impfstoff, von dem die Rede ist, dass er angeblich nicht verwendet wird?) Und das trotz der Einschränkung, dass dieser nur an Menschen ab 60 Jahren gespritzt wird.
Kühlmuß weist aber darauf hin, dass es nicht möglich sei, bei Buchungen von über 60-Jährigen für einen Astrazeneca-termin vor Ort einen Impfstoffwechsel vorzunehmen. Begründung: Das würde die Gesamtplanung beeinträchtigen.
Der Ulmer Impfchef nimmt auch Stellung zu einem Fall, der im März für Aufsehen gesorgt hatte. Eine Frau, knapp unter 50, war wenige Tage nach ihrer Impfung mit Astrazeneca im Ulmer Impfzentrum gestorben. Das Gesundheitsamt meldete dies an das Paul-ehrlich-institut. Dieses ging zu dieser Zeit der Frage nach, ob der Impfstoff gefährliche Blutgerinnsel im Gehirn auslösen könnte.
Im Detail kann Kühlmuß wegen der Schweigepflicht (gilt auch über den Tod hinaus) nicht über den Vorfall sprechen. Doch auf die Frage, ob er angesichts ähnlicher Fälle Menschen
verstehen kann, die Angst haben, sich mit Astrazeneca zu impfen, fragt der Mediziner: „Was ist die Alternative? Die Intensivstationen füllen sich – auch mit 50-Jährigen.“Außerdem habe die europäische Arzneimittelagentur EMA abgewogen.
Auf die Frage, wie lange das Ulmer Impfzentrum noch geöffnet sein wird, sagt Kühlmuß: „Gesichert bis zum 30. Juni, vermutlich benötigen wir die Impfzentren länger.“Auch dann noch, wenn Hausärzte im großen Stil eingebunden sind. „Am klügsten ist es, wenn beide Systeme parallel arbeiten“, so Kühlmuß.