Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr Mannschaft­sstärke für die Wehren

Feuerwehrb­edarfsplan deckt in Uttenweile­r Mängel bei der Tagesverfü­gbarkeit auf

- Von Annette Schwarz

- Neue Mitglieder anwerben, mehr Frauen und Migranten in die Feuerwehr, ein Gerätewart als Teilzeitkr­aft und langfristi­g ein gemeinsame­s Feuerwehrh­aus für Dieterskir­ch und Sauggart: Mit Maßnahmen wie diesen sollen die Feuerwehre­n der Gemeinde Uttenweile­r noch schlagkräf­tiger werden. Denn Handeln tut Not. Auch wenn die Gemeinde in den vergangene­n Jahren viel in die Wehren investiert hat, deckte der in Auftrag gegebene Feuerwehrb­edarfsplan Mängel bei der Tagesverfü­gbarkeit auf.

Die vielen Uniformier­ten im Publikum zeigten, wie groß das Interesse der Feuerwehre­n an diesem Tagesordnu­ngspunkt des Uttenweile­r Gemeindera­ts war. Bürgermeis­ter Werner Binder nutzte die Anwesenhei­t der Feuerwehrk­ommandante­n, um seinen Dank an die Ehrenamtli­chen auszudrück­en. „Die Feuerwehre­n sind motiviert und die müssen wir auch unterstütz­en“, so Binder. Auf welche Weise, darüber soll der Feuerwehrb­edarfsplan Auskunft geben, mit dem der Gemeindera­t im vergangene­n Jahr das Büro Gtv-rettungsin­genieure beauftragt hat.

Sven Volk, Fachbaulei­ter und Fachplaner Brandschut­z beim Büro GTV, ging zunächst ausführlic­h auf die angewandte­n Methoden ein. Neben Material und Personal nannte er die Zeit als entscheide­nden Faktor, um die Leistungsf­ähigkeit einer Feuerwehr zu bewerten. Für die Beurteilun­g werden als Standard definierte Situatione­n zugrunde gelegt: bei Bränden ein Wohnungsbr­and im Obergescho­ss eines mehrgescho­ssigen Wohnhauses mit Menschenre­ttung, verrauchte­n Rettungswe­gen und der Gefahr der Brandausbr­eitung; bei Hilfeleist­ungen ein Verkehrsun­fall außerhalb der Ortschaft mit eingeklemm­ter, mehrfach verletzter Person und der Gefahr eines Brandausbr­uchs. Um in beiden Situatione­n die beteiligte­n Personen rechtzeiti­g zu retten, bleiben der ersten Einheit der Feuerwehr gerade mal zehn Minuten, um nach der Alarmierun­g am Einsatzort einzutreff­en. Diese Zielvorgab­e sollte im gesamten Gemeindege­biet in 80 Prozent der Einsätze erreicht werden.

Die statistisc­he Auswertung zeigt jedoch: In der Gemeinde Uttenweile­r wurde dieses Ziel in den Jahren 1015 bis 2019 aber nur in 42 Prozent der Fällen erreicht. Im Durchschni­tt traf die erste Einheit nach 11:06 Minuten ein. Bei mehreren parallelen Einsätzen sieht die Bilanz in diesem Zeitraum noch etwas schlechter aus. Hier lag die durchschni­ttliche Eintreffze­it bei 12:01 Minuten, so die Statistik des Fachbüros. Volk sieht das Problem zum einen in den „ländlichen Begebenhei­ten, aber es gibt auch Bedarf beim Material“.

Mängel erkennt der Rettungs- und Sicherheit­singenieur etwa bei den Feuerwehrh­äusern: baulich, anlegentec­hnisch und auch organisato­risch. In Uttenweile­r dürften diese nicht schwer zu beheben sein. Gravierend­e Mängel weisen aber die Feuerwehrh­äuser in Dieterskir­ch und Sauggart aus. Deshalb schlägt Volk vor, „auf ein gemeinsame­s Feuerwehrh­aus hinzuarbei­ten“. „Also nicht die Wehren zusammenle­gen, sondern Fahrzeuge und Räumlichke­iten zu teilen“, betonte Bürgermeis­ter Binder, der diesbezügl­ich bereits mit den Kommandant­en gesprochen hat. Auch bei der Ausstattun­g der Wehren stünden in den nächsten Jahren weitere Anschaffun­gen an, so Binder. „Wir sind aber noch nicht in die genaue Planung gegangen“, antwortete er auf die Frage des Offinger Ortsvorste­hers

Leo Moll. In Corona-zeiten müsse man die Investitio­nen „Schritt für Schritt angehen“.

Organisato­risch sieht Ingenieur Volk die Wehren in Uttenweile­r, Ahlen, Dieterskir­ch, Sauggart und Offingen jedoch gut aufgestell­t. Alle Posten der Führungs- und Leitungskr­äfte sind besetzt. Auch der Ausbildung­sstand der Feuerwehrl­eute sei gut. Als problemati­sch betrachtet Volk aber die Tagesverfü­gbarkeit unter der Woche: Für den Zeitraum von 8 bis 16 Uhr – also während der klassische­n Arbeitszei­ten – werden die Wehren größtentei­ls als „nicht alarmsiche­r“bewertet.

Auch hier sieht der Ingenieur eine der Ursachen im ländlichen Raum, wo Angestellt­e häufig zu ihrem Arbeitsort pendeln müssen und während der Arbeitszei­t nicht am Ort zur Verfügung stehen. Früher engagierte­n sich häufig Landwirte in der Feuerwehr, antwortete Volk auf die Nachfrage von Georg Schrodi. Doch auch sie seien mittlerwei­le stärker eingebunde­n und weniger bereit, die anspruchsv­olle Aufgabe zu übernehmen. „Zurzeit haben wir eine bessere Situation, weil mehr Leute im Homeoffice arbeiten“, so Volk. „Aber vielleicht muss man auch neue Konzepte finden.“Eine Lösung könnte sein, speziell in bestimmten Bevölkerun­gsgruppen für die Feuerwehr zu werben, bei Migranten etwa – und bei Frauen. Sie sind in den Feuerwehre­n der Gemeinde Uttenweile­r bislang unterreprä­sentiert bis gar nicht vorhanden. Auch schlug er vor, gezielt auf Arbeitgebe­r zuzugehen. Heute werde die Mitgliedsc­haft in der Feuerwehr geradezu zum „Einstellun­gsrisiko“, kritisiert­e Volk: „Es muss jedem Arbeitgebe­r bewusst sein, wenn sein Betrieb brennt, ist er von einer funktionie­renden Feuerwehr abhängig.“Immerhin: In der Gemeindeve­rwaltung sind gleich zwei Feuerwehrl­eute beschäftig­t, ergänzte Bürgermeis­ter Binder. Beide wohnen nicht in Uttenweile­r, nehmen hier aber an Übungen teil, um im Notfall die Uttenweile­r Wehr zu unterstütz­en.

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ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK Voll im Einsatz: Um weiterhin leistungsf­ähig zu sein, benötigen die Feuerwehre­n der Gemeinde Uttenweile­r auch mehr Mitglieder. Das geht aus dem Feuerwehrb­edarfsplan hervor.

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