Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
TSG hofft auf Treue ihrer Mitglieder
Idee einer einmaligen Beitragsminderung nicht umsetzbar – Ohne Sportbetrieb keine Eintritte
- Seit einem halben Jahr herrscht weitgehend Stillstand im Amateur- und Breitensport. Der Betrieb in den Vereinen ruht, und noch ist unklar, wann der Trainings- und Wettkampfbetrieb wieder aufgenommen werden darf. Derweil sorgen sich die Vereinsverantwortlichen um ihre Mitglieder und hoffen, dass sie – nachdem bereits im vergangenen Jahr über Monate aufgrund der Pandemie nichts oder wenig möglich war, bei der Stange bleiben. Bei der TSG Ehingen hatte man überlegt, den Mitgliedsbeitrag für 2021 zu reduzieren, doch Finanzverwaltung und Sportbund rieten davon ab. Stattdessen richtet sich die TSG nun mit einem offenen Brief an ihre Mitglieder mit dem Appell, dem Verein in der schwierigen Phase treu zu bleiben.
Zu normalen Zeiten herrscht bei einem Sportverein der TSG Ehingen mit inzwischen mehr als 2300 Mitgliedern und 16 Abteilungen ein reger Betrieb – für alle Altersstufen gibt es eine Fülle an Angeboten. Grundlagenausbildung für Kinder, Gesundheitssport für Ältere, Wettkampfsport in unterschiedlichen Altersklassen, dazu Sport in sozialen Brennpunkten oder mit dem Ziel der Förderung der Integration. Für weite Teile der Gesellschaft ist die Turnund Sportgemeinde Ehingen 1848 e. V. Heimat, nicht nur sportlich. Sie ist auch Treffpunkt für ganz unterschiedliche Menschen.
Derzeit allerdings geht nichts, zum Bedauern aller und insbesondere den Tsg-verantwortlichen um den Vorsitzenden Roland Kuch. Abgesehen von den Sommermonaten und dem Frühherbst 2020 „haben wir nun seit mehr als einem Jahr keinen Sportbetrieb“, sagt Kuch. Im laufenden Jahr, das bereits zu einem Drittel vorbei ist, habe „entsprechend der Corona-verordnung bisher leider noch kein Trainings- und Spielbetrieb stattfinden“können, heißt es in einem offenen Brief, mit dem sich die Vereinsführung auf ihrer Internetseite und auf Social-media-kanälen an ihre Mitglieder wendet – jetzt, Anfang Mai, da zu diesem Zeitpunkt die Mitgliedsbeiträge eingezogen werden.
Weil der Betrieb weiterhin ruht und ein Zeitpunkt für die Wiederaufnahme noch nicht absehbar ist, gab es im Vereinsvorstand Überlegungen, den Mitgliedern in diesem Jahr einen Teil der Beiträge zu erlassen. „Wir stehen finanziell gut da, daher haben wir überlegt, ob wir reduzieren“, so Kuch. Dies sei man in Zusammenarbeit mit dem Finanzamt und dem Württembergischen Landessportbund (WLSB) geprüft worden. Ergebnis: Eine Beitragsreduzierung ist nicht ohne Weiteres möglich. Nach Auskunft von Finanzamt und WLSB „muss ein Verein die Beiträge einziehen und würde sogar den Verlust der Gemeinnützigkeit riskieren, wenn er seinen Mitgliedern einen Teil oder den kompletten Beitrag erlässt oder ohne Einzelprüfung zurückerstattet“, so Kuch auch in dem offenen Brief. Weiter heißt es: „Bei dem Mitgliedsbeitrag handelt es sich um einen Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft. Der Beitrag stellt also nach vereinsrechtlichen Grundsätzen kein Entgelt dar, sondern dient dazu, den Vereinszweck zu verwirklichen.“Der Vereinsbeitrag lasse sich daher nicht mit den Gebühren für ein Fitnessstudio oder Sportkurse vergleichen, für die bei Ausfall ein Anspruch auf Rückerstattung oder Minderung bestehe.
Hinzu kommt, dass laut Satzung der TSG Ehingen die Mitgliederversammlung die Höhe der Mitgliedsbeiträge festlegt – beziehungsweise die Abteilungsversammlung die Abteilungsbeiträge, die zusätzlich erhoben werden. Derzeit kostet die Mitgliedschaft bei der TSG Ehingen für Erwachsene 60 Euro, für Kinder und Jugendliche 30, für Familien mit Eltern und Kindern bis 18 Jahre 90 Euro. Hinzu kämen Abteilungsbeiträge in unterschiedlicher Höhe, je nach Sportart und Abteilung.
Nicht nur bestehe in der aktuellen Situation, in der Corona und staatliche Verordnungen den Amateur- und
Breitensport lahm legen, kein Anspruch auf Erstattung des Beitrages, sondern auch kein außerordentliches Kündigungsrecht, schreibt die TSG weiter. Zum Jahresende 2020 habe der Verein Mitglieder verloren, doch seien die Kündigungen nicht wegen der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkung des Angebots erfolgt, sondern dies sei eine natürliche Fluktuation gewesen. Zum Jahresende würden in der Regel 100, 150 Leute austreten, meist wegen Aufnahme eines Studiums oder weil es sie beruflich in eine andere Gegend verschlägt. Normalerweisel würden die Verluste durch Neueintritte kompensiert – oder sogar übertroffen, wie Kuch mit Blick auf die Entwicklung bei der TSG in den vergangenen Jahren sagt. Seit seiner ersten Wahl zum Vorsitzenden vor mehr als sieben Jahren sei die Zahl der Mitglieder von rund 1950 auf aktuell 2330 angewachsen. 2021 droht dagegen ein Rückgang – aus naheliegenden Gründen. „Es gab im neuen Jahr bisher keine Angebote und daher auch keine Eintritte“, sagt Roland Kuch.
Damit neben dem Verlust an Mitglieder aufgrund von beruflichen Veränderungen in diesem Jahr nicht weitere Austritte erfolgen, wendet sich der Tsg-vorstand in den Tagen, da der Verein die Beiträge einzieht, an die Mitlieder und wirbt um Verständnis und weitere Solidarität. „Unser Appell an die Mitglieder ist, der TSG treu zu bleiben“, sagt Kuch.
Zwar hätte die Vereinsführung gern in diesen schwierigen Zeiten einmalig auf einen Teil der Beiträge verzichtet, aber die Vereinsverantwortlichen stellen in ihrem offenen Brief auch klar, dass Beiträge nötig seien, um zukünftig wieder ein umfangreiches Sportangebot zu bieten. Denn diese Zeit wird kommen, das steht fest. „Wir hoffen alle, dass die erlassenen Einschränkungen baldmöglichst wieder komplett aufgehoben werden können und der Sportbetrieb der TSG wieder im normalen Rahmen stattfinden kann“, heißt es im Brief des Tsg-vorstands. Kuch unterstreicht dies: „Irgendwann geht es wieder richtig los.“Die Frage ist nur, wann.