Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Windelfetisch an Opfern ausgelebt
37-Jähriger missbrauchte Buben – Auf Westerheimer Campingplatz hortete er Kinderpornos
- Die beiden●schwersten Taten, für die sich ein heute 37-Jähriger aus dem Raum Göppingen seit Mittwoch vor dem Landgericht Ulm verantworten muss, geschahen bereits vor 15 Jahren. In Ulm und Heidenheim hatte er zwei Jungen entführt. Er missbrauchte sie und setzte sie danach wieder ab, besser gesagt: in der freien Landschaft einfach aus. Angeklagt ist der Mann auch, weil er massenweise Kinderpornos besessen und verbreitet haben soll. Auch in Westerheim wurde Material sichergestellt.
Mit Wuschelmähne und im Schlabberlook betrat der Angeklagte den Saal des Ulmer Landgerichts. Seit vergangenem Oktober sitzt er in Untersuchungshaft. Das Medieninteresse war groß. Der Fall ist aus mehrerlei Gründen ungewöhnlich.
Die beiden schwersten Taten, die die Staatsanwaltschaft dem ehemaligen Testfahrer vorwirft, liegen schon etliche Jahre zurück. 2006 und 2007 soll der 37-Jährige in Ulm und Heidenheim zwei zum damaligen Zeitpunkt 12- und 13-jährige Jungen regelrecht gekidnappt haben. Unterwegs war er in einem silbernen Golf-variant, offenbar hielt er gezielt Ausschau nach seinen Opfern.
Nachdem er diese ausfindig gemacht hatte, zerrte er die Buben in sein Auto und fuhr zu entlegenen Stellen, um sie dort zu missbrauchen. Um an sein Ziel zu kommen, wendete er auch Gewalt an. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten unter anderem besonders schwere Vergewaltigung sowie erpresserischen Menschenraub vor. Nach den Übergriffen setzte er die Jungen an Wanderparkplätzen aus.
Vor Gericht kamen einige verstörende Details ans Licht. So scheiterte ein Fluchtversuch des Jungen, den der Täter an einem Novemberabend in Ulm-lehr aufgegabelt und ins Auto verfrachtet hatte. Der 13-Jährige saß auf der Rückbank und wollte wieder aussteigen, was die Kindersicherung jedoch verhinderte.
Bizarr: Der Angeklagte, der die von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Anklagepunkte über seinen Verteidiger „vollumfänglich“einräumte, pflegte bis zuletzt eine Art Windelfetisch. In beiden Entführungs-fällen soll er die Jungen gezwungen haben, sich zu entkleiden. Sie sollten daraufhin Windeln anziehen, was in einem Fall nicht gelang, da die Windel zu klein war. Beiden Jungen versetzte er außerdem Schläge auf das nackte Gesäß, um sich „sexuell zu erregen“, so die Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe die Taten auch gefilmt.
Zuletzt lebte der Mann in einer Einliegerwohnung im Raum Göppingen. Als „unhygienisch“beschrieb eine als Zeugin geladene Polizistin deren Zustand. In dem Haus lebten außerdem seine Mutter und Großmutter. Als die Polizei bei dem Mann klingelte, gab dieser zu, Kinderpornos zu besitzen. Wie sich am Mittwoch herausstellte, waren es tausende – Fotos und Videos. Neben sexueller Gewalt zeigten sie auffällig oft, wie Kinder gezüchtigt werden. Einen
Großteil der Dateien hatte der Mann ausgelagert – sie wurden dann bei einer Durchsuchung eines Wohnwagens auf dem Westerheimer Campingplatz sichergestellt. Die Fotos und Videos zeigten, wie der Staatsanwalt detailliert auflistete, schwersten Missbrauch von Kindern, die jüngsten gerade einmal drei Jahre alt. Rund eine halbe Stunde dauerte die Verlesung der Anklageschrift.
Auch ein psychiatrischer Sachverständiger verfolgt den Prozess. Elf weitere Verhandlungstage sind angesetzt, 29 Zeugen werden gehört. Eines der Opfer von damals tritt als Nebenkläger auf. Das Urteil will die Kammer am 13. Juli sprechen, nächster Verhandlungstag ist der 11. Mai.