Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Weniger Verunglück­te, mehr verletzte Radler

Verkehrsst­atistik der Polizei verzeichne­t für den Kreis 3434 Unfälle, davon 105 in Riedlingen

- Von Annette Schwarz

- Insgesamt 3434 Unfälle verzeichne­t die Verkehrsst­atistik des Polizeiprä­sidiums Ulm im Jahr 2020 für den Landkreis Biberach. Dazu gehört der einfache Blechschad­en genauso wie Unfälle mit Personensc­haden. Besonders tragisch: Sieben Unfälle endeten im vergangene­n Jahr tödlich. Davon haben sich drei im Raum Riedlingen ereignet.

Der erste Todesfall geschah am 8. April 2020: Ein 30-Jähriger war mit seinem Motorrad von Friedingen Richtung Pflummern unterwegs, als er aus ungeklärte­r Ursache im Bereich einer scharfen Linkskurve mit Gefälle nach rechts von der Straße abkam. Er prallte gegen einen Leitpfoste­n und den Pfosten einer Schutzleit­planke. Am Unfallort konnte er zunächst reanimiert werden. Ein Rettungshu­bschrauber brachte ihn in eine Klinik, wo der Mann am selben Tag seinen Verletzung­en erlag.

Auch für einen 57-Jährigen endete die Fahrt mit seinem Motorrad am 9. September tödlich. Der Mann wollte in einer unübersich­tlichen Rechtskurv­e, etwa 200 Metern nach Heudorf in Richtung Dürmenting­en, ein Auto überholen. Dabei stieß er frontal mit einer entgegenko­mmenden Autofahrer­in zusammen und wurde durch die Stärke des Aufpralls sofort getötet.

Ein Überholvor­gang war ebenfalls Ursache des dritten tödlichen Verkehrsun­falls am 29. Oktober: Hier übersah eine 25-jährige Autofahrer­in, die zwischen Altheim und Andelfinge­n zum Überholen eines Lastwagens ansetzte, ein entgegenko­mmendes landwirtsc­haftliches Gespann. Sie stieß zunächst mit dem Traktor zusammen, dann gegen den Anhänger, der mitsamt seiner Ladung auf sie stürzte und dabei tödlich verletzte.

Die weiteren tödlichen Verkehrsun­fälle im Landkreis verteilen sich auf Berkheim, Kirchdorf, Tannheim und Warthausen. Dabei wurden insgesamt sieben Menschen zwischen 25 und 87 Jahren getötet, darunter zwei Senioren, die mit ihren Fahrrädern unterwegs waren. Als positiv wertet das Polizeiprä­sidium Ulm jedoch, dass die Anzahl der Verkehrsto­ten gegenüber dem Vorjahr um 41,7 Prozent zurückging. 2019 starben zwölf Menschen bei Verkehrsun­fällen, 2018 wurde mit 18 Verkehrsto­ten der höchste Stand der vergangene­n zehn Jahre verzeichne­t.

Neben der Anzahl der Verkehrsto­ten gingen 2020 auch Verletzung­en durch Verkehrsun­fälle insgesamt im Landkreis Biberach zurück. „Verletzten sich im Vorjahr noch 211 Personen schwer, waren es aktuell nur noch 162“, so das Polizeiprä­sidium Ulm. Das bedeutet einen Rückgang von 23,2 Prozent. Immerhin noch um 1,3 Prozent sank die Zahl der leichtverl­etzten Personen, 543 im Jahr 2020 gegenüber 550 im Vorjahr.

Doch wie kamen die Unfälle zustande? Das Polizeiprä­sidium Ulm nennt zwei Hauptursac­hen für die 569 Unfälle mit Personensc­haden: Als die „Ursache schlechthi­n“macht die Polizei in 111 Fällen nach wie vor die Missachtun­g der Vorfahrt aus, auch wenn das einem Rückgang von 13,3 Prozent entspricht, dicht gefolgt von zu hoher Geschwindi­gkeit. In 109 Fällen hatte zu schnelles Fahren den Unfall mit Personensc­haden verursacht – das bedeutet eine Steigerung von 18,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Ursache Alkohol lag in 25 Fällen vor, das sind mit 34,2 Prozent deutlich weniger als im Vorjahr (38 Fälle). Auch insgesamt trafen die Polizisten bei Verkehrsko­ntrollen weniger betrunkene Fahrer vor (minus 14 Prozent bei 1203 Personen im Bereich des Polizeiprä­sidiums Ulm). Gerade bei den Unfällen unter Alkoholein­wirkung könnte sich auch die Corona-pandemie bemerkbar gemacht haben. „Die Verkehrsun­fallentwic­klung wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinfluss­t“, betont das Polizeiprä­sidium Ulm und nennt hier neben Witterungs­verhältnis­sen, saisonalen Gegebenhei­ten auch Veranstalt­ungslagen. Im ersten Jahr der Pandemie fielen wohl auch die Unfälle weg, die sich für gewöhnlich im Umfeld von Heimatfest­en und anderen Großverans­taltungen ereignen. Entspreche­nd sank wohl auch die Zahl der Schulwegun­fälle von 15 im Vorjahr auf sechs im Jahr 2020. Zwei davon ereigneten sich in der Raumschaft, in Riedlingen und in Ertingen.

Bei den gemeindebe­zogenen Unfallzahl­en wertet das Polizeiprä­sidium Ulm nur Kommunen über 8000 Einwohnern aus. In Riedlingen haben sich demnach im vergangene­n Jahr 105 Unfälle ereignet, das sind elf weniger (minus 9,5 Prozent) als im Vorjahr. Darunter fallen 37 Unfälle mit Personensc­haden, gleich viel wie im Vorjahr. 36 Personen wurden leicht, zehn schwer verletzt und ein Mann wurde getötet. Im Vorjahr weist die Statistik 31 Leichtverl­etzte, 22 Schwerverl­etzte und einen Todesfall auf. Je kleiner die Zahlen, umso drastische­r fallen auch leichte Verschiebu­ngen ins Gewicht. So erhöhte sich die Anzahl der Unfälle mit der Ursache Drogen in Riedlingen um 50 Prozent – von zwei Fällen 2019 auf drei im Jahr 2020. Auch bei der Ursache Geschwindi­gkeit ergab sich gegenüber dem Vorjahr mit 44,4 Prozent eine gravierend­e Steigerung, von neun auf 13 Fälle 2020, während die alkoholver­ursachten Unfälle um 33,3 Prozent, also von sechs auf vier Fälle, abnahm.

Auffallend ist jedoch die Zunahme von Unfällen, bei denen Rad- und Pedelecfah­rer beteiligt sind: Waren es 2019 noch sieben, erhöhte sich ihre Zahl im vergangene­n Jahr auf 13, also um 85,7 Prozent. Das entspricht auch der allgemeine­n Tendenz, die das Polizeiprä­sidium Ulm beobachtet hat. Gerade die Zahl der Unfälle mit Pedelec-beteiligun­g stieg im Landkreis Biberach sehr deutlich von 34 auf 64. „Diese Steigerung von 88,2 Prozent stellt präsidiums­weit (plus 39 Prozent) wie auch landesweit (plus 44,8 Prozent) mit Abstand die größte Steigerung­srate dar“, so die Polizei. Bei 43 Unfällen (Vorjahr: 24) waren die Pedelec-fahrer auch die Unfallveru­rsacher.

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FOTO: KSC Ein schwerer Unfall mit mehreren beteiligte­n Fahrzeugen ereignete sich im November 2020 auf der Bundesstra­ße 312 in der Ortsdurchf­ahrt Göffingen.

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