Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein paar Anmerkungen vom Tegernsee
Die CSU stellt ihren Bayernplan vor und sieht bei Umfragen noch Luft nach oben
- Am Vormittag schreitet Markus Söder ans Mikrofon auf der Terrasse des Tagungshotels und sagt: „Das gefällt mir, weil die Natur dahinter ist.“Vorne steht ein blaues Schild: „Bayern stark machen.“Und in der Ferne die malerische Kulisse des Tegernsees, wo sich der Csu-vorstand versammelt, um das Wahlprogramm der Christsozialen zu beschließen und den Wahlkampf einzuläuten. Es hat eine lange Tradition, dass die Partei mit einigen zusätzlichen Forderungen im Freistaat punkten will, die sie nicht ins gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU hineinbekommen hat.
In diesem Fall sind das keine bahnbrechenden Politikentwürfe. So soll die Mütterrente erweitert werden auch für Mütter oder Väter, die vor 1992 ihre Kinder erzogen haben – das ist ein alter Streitpunkt mit der CDU und dem Unions-kanzlerkandidaten Armin Laschet. Zudem wird mit einer Unterstützung für Alleinerziehende in Höhe von 5000 Euro geworben. Weiter verlangt die CSU, den verminderten Steuersatz für die Gastronomie beizubehalten und für heimische Landwirtschaftsprodukte einzuführen. Generell möchte sie Steuersenkungen durchsetzen, so der Parteivorsitzende und bayerische Ministerpräsident Söder, um dieses Thema „keinesfalls der FDP zu überlassen“.
Bisher ist die Stimmung in der CSU mit Beginn des Wahlkampfes eher verhalten. Manfred Güllner, Chef des Demoskopieinstituts Forsa, erläutert den Vorstandsmitgliedern hinter verschlossenen Türen, dass die Union zwar ein Potenzial von 38 Prozent in Deutschland hat. Allerdings sei derzeit in der Bevölkerung kein Meinungstrend zu erkennen, von welchen Parteien die neue Bundesregierung gestellt werden wollte. Öffentlich verbreiten die Christsozialen wiederum Güllners Ergebnis nicht, wonach zwei Drittel der Csu-wähler nicht der Ansicht sind, dass Deutschland bei einem Kanzler Armin Laschet „in guten Händen“wäre.
Hat die Union nach dem brutalen Kampf um die Kandidatur zwischen Söder und Laschet ein Kandidatenproblem? Der Rheinländer wird in den Statements vor und nach der Sitzung jedenfalls fast nicht erwähnt. Söder sagt lediglich, dass dieser aufgrund der Hochwasserkatastrophe jetzt in seinem Bundesland Nordrhein-westfalen „herausragend gebunden“sei und seinen Job „ganz hervorragend“mache.
„Ohne Groll“werde er nun in den gemeinsamen Wahlkampf ziehen, hatte Söder nach seiner Niederlage gesagt. Geglaubt haben das dem ehrgeizigen Franken damals die wenigsten. Nun legt er die Latte für einen Erfolg erneut ziemlich hoch. Es sei noch „massiv Luft nach oben“, meint er zu Umfragen, die die Union recht beständig bei um die 30 Prozent sehen. Diese Marke müssten CDU und CSU „deutlich überschreiten“.
Die Christsozialen jedenfalls setzen auf zwei Großthemen, die im eigenen Programm unter dem Motto „Gut für Bayern, gut für Deutschland“zwar kaum vorkommen, weil sie als selbstverständlich angesehen werden: die Klimapolitik und die Bekämpfung der Corona-krise. Über beides kann Söder mittlerweile lange und leidenschaftlich referieren.
Mehr als der Wettbewerb mit den politischen Kräften links der Mitte scheint der Csu-vorsitzende die „Zersplitterung“im „bürgerlichen Lager“zu sorgen. Er warnt vor Zweitstimmen für die FDP – „und schon gar nicht für die Freien Wähler“. Letztere dürften mit ihrem Parteivorsitzenden Hubert Aiwanger wohl an der Fünfprozent-hürde scheitern und nicht in den Bundestag einziehen. Doch landeten sie etwa bei drei oder vier Prozent, wäre dies ein schmerzhafter Verlust für die Union und die FDP.
Generalsekretär Markus Blume will nun die „Phase der Mobilisierung“einläuten, etwa mit der „ersten Stadiontour der Geschichte“der Partei mit dem Spitzenkandidaten. Gemeint ist damit aber nicht Laschet, der in den nächsten Wochen um Bayern herum einen Bogen machen dürfte. Sondern Alexander Dobrindt, Anführer der Csu-landesliste.