Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schwere Zeiten für Geldfälsch­er

In der Pandemie haben Betrüger kaum Chancen, Blüten in Umlauf zu bringen

- Von Jörn Bender und Friederike Marx

(dpa) - Es hat Seltenheit­swert, dass Fahnder eine Geldfälsch­er-bande mit Verbindung­en zur italienisc­hen Mafia zerschlage­n wie in diesem Frühjahr in Nordrheinw­estfalen. Das liegt vor allem daran, dass viele Kriminelle gar nicht erst versuchen, in großem Stil Euro-blüten mit „hoher Profession­alität“– so die damalige Beschreibu­ng der Ermittler – unters Volk zu bringen. Sie setzen eher auf nachgemach­te Geldschein­e, die im Internet unter den Begriffen „Movie Money“oder „Prop copy“als Spielgeld oder Filmrequis­ite angeboten werden. Gelegentli­ch wird dann mit Tipp-ex nachbehand­elt, um der falschen Banknote mehr echten Schein zu verschaffe­n.

Mitunter reichen auch recht plumpe Tricks, um Falschgeld an den Mann zu bringen: So ließ sich ein in Geldnot befindlich­er Firmeninha­ber aus Mecklenbur­g-vorpommern im April 2021 nach Paris locken, wo ihm ein privater Geldgeber 75 000 Euro versprach. Zugleich verlangte dieser, dass ihm 30 000 Euro in kleinere Stückelung­en gewechselt werden. Der Unternehme­r brachte also 30 000 Euro in bar zu dem Treffen mit – und musste später feststelle­n, dass ihm im Gegenzug gefälschte 500-Euro-scheine untergejub­elt worden waren.

Insgesamt jedoch sind die Falschgeld­zahlen sowohl in Deutschlan­d als auch im Euroraum weiter gesunken, wie die Deutsche Bundesbank am Freitag mitteilte. 21 356 gefälschte Euro-banknoten im Nennwert von gut einer Million Euro zogen Polizei, Handel und Banken demnach in Deutschlan­d in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres aus dem Verkehr. Das waren 13 Prozent weniger als im zweiten Halbjahr 2020 (24 633). Der Schaden schrumpfte von seinerzeit gut 1,2 Millionen Euro um 16 Prozent.

Europaweit registrier­ten die Euro-notenbanke­n im ersten Halbjahr 2021 insgesamt 167 000 gefälschte Euro-banknoten im Gesamtwert von acht Millionen Euro. Damit setzte sich der seit der zweiten Jahreshälf­te 2019 zu beobachten­de rückläufig­e Trend fort. Im ersten Halbjahr 2020 waren es nach Angaben der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) 240 000 Falschnote­n, in der zweiten Jahreshälf­te 2020 dann 220 000 Stück. Der Schaden durch Falschgeld für ganz Europa summierte sich 2020 auf 21,5 Millionen Euro.

„Die Anzahl der Fälschunge­n stieg nach der Einführung der neuen Europa-serie zunächst kurz, weil die Restbestän­de an Fälschunge­n der ersten Serie in den Zahlungsve­rkehr gelangten, dann sank sie einige Jahre lang“, bilanziert­e Bundesbank-vorstandsm­itglied Johannes Beermann.

Die Notenbanke­n im Euroraum haben seit 2013 eine zweite Serie von Euro-scheinen mit neuen Sicherheit­smerkmalen in Umlauf gebracht. Vor allem das durchsicht­ige Porträtfen­ster und die Smaragdzah­l, die beim Kippen des Scheins die Farbe ändert, sollen Fälschern die Arbeit erschweren. Bei den neuen 100- und 200-Euro-scheinen gibt es zudem ein „Satelliten-hologramm“, in dem sich kleine Euro-symbole bewegen.

In den vergangene­n Monaten drückten die Corona-einschränk­ungen in Handel und Gastronomi­e die Falschgeld­zahlen zusätzlich. „Die Konsummögl­ichkeiten waren gerade in den Bereichen, in denen Bargeld eine bedeutende Rolle spielt, stark eingeschrä­nkt“, erklärte Beermann. „Ich fürchte, sobald die Corona-beschränku­ngen wegfallen und das soziale Leben wieder zunimmt, werden vermutlich einige wieder versuchen, Falschgeld in Umlauf zu bringen.“

Ein Großteil der sichergest­ellten Fälschunge­n ist inzwischen „Movie Money“oder „Prop copy“. „Das sind einfache Druckfälsc­hungen ohne jegliche Sicherheit­smerkmale“, betonte Beermann. „Wenn man nur das Material fühlt, merkt man leicht und schnell, dass es sich um Falschgeld handelt.“Vor allem beim 10-Euroschein und beim 20-Euro-schein kommt dieses Spielgeld oft vor. In Deutschlan­d hat der Zwanziger mit einem Anteil von rund 41 Prozent an der Gesamtzahl der Fälschunge­n den Fünfziger nun überholt.

Verhältnis­mäßig selten versuchen Kriminelle, mit falschen Münzen Kasse zu machen. 14 563 falsche Münzen wurden nach Angaben der Bundesbank in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres in Deutschlan­d aus dem Verkehr gezogen, zu mehr als 90 Prozent Zwei-euro-münzen. Die Zahl der Falschmünz­en verringert­e sich im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2020 um 35 Prozent.

Rein rechnerisc­h ist das Risiko sehr gering, mit Falschgeld in Berührung zu kommen. Nach Bundesbank-berechnung­en entfielen im ersten Halbjahr in Deutschlan­d fünf falsche Banknoten auf 10 000 Einwohner, europaweit waren es zehn. Dennoch sollten Verbrauche­r genau hinschauen, mahnen die Währungshü­ter. Denn wem ein falscher Schein untergejub­elt wird, bekommt dafür keinen Ersatz.

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FOTO: DPA Gefälschte Banknoten: Die Corona-einschränk­ungen in Handel und Gastronomi­e haben die Falschgeld­zahlen im ersten Halbjahr 2021 weiter gedrückt.

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