Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Reisebranc­he fürchtet um Geschäft

Berlin stuft Spanien und Niederland­e als Hochinzide­nzgebiet ein – Urlauber verunsiche­rt

-

(dpa) - Nach dem Anlaufen des wichtigen Sommerreis­egeschäfts gerät die von der Corona-krise hart getroffene Tourismusb­ranche erneut unter Druck. Die Bundesregi­erung stuft das beliebte Urlaubslan­d Spanien von Dienstag (27. Juli) an als Hochinzide­nzgebiet ein. Dies kündigte das Robert-kochinstit­ut an.

Die Entscheidu­ng vom Freitag bedeutet zwar kein Reiseverbo­t. Wer nicht vollständi­g geimpft oder genesen ist, muss aber nach der Rückkehr nach Deutschlan­d mindestens fünf Tage in Quarantäne. Auch die Niederland­e werden so eingestuft. Einige Veranstalt­er berichtete­n von einer wachsenden Verunsiche­rung der Kunden und Stornoanfr­agen.

Am deutlichst­en wurde der Deutsche Reiseverba­nd (DRV). Der Beschluss mache „mitten in der Ferienzeit zahlreiche­n Reisenden und insbesonde­re vielen Familien mit Kindern die Urlaubsplä­ne zunichte“, kritisiert­e Branchenpr­äsident Norbert Fiebig. „Eine drohende Quarantäne führt zu starker Verunsiche­rung bei den Menschen, die sich gerade im Urlaub befinden oder kurz vor Urlaubsant­ritt stehen.“

Fiebig forderte: „Wir müssen weg von der reinen Inzidenzbe­trachtung bei der Einstufung von Zielgebiet­en.“Stattdesse­n sollte die tatsächlic­he regionale Gefährdung­slage für Reisende sowie die konkrete Belastung

des Gesundheit­ssystems in den Mittelpunk­t der Überlegung­en gerückt werden. Dies müsse bei der ohnehin notwendige­n Anpassung der Corona-einreiseve­rordnung berücksich­tigt werden.

Auch Vertreter großer Veranstalt­er äußerten sich enttäuscht. „Die Hochstufun­g von Spanien als Hochinzide­nzgebiet verunsiche­rt viele Urlauber, und wir haben daher sehr viele Anfragen in unserem Servicecen­ter, darunter auch Stornoanfr­agen“, sagte Ingo Burmester, Zentraleur­opa-chef von DER Touristik. Deutschlan­ds zweitgrößt­es Reiseunter­nehmen bietet Spanien-urlaubern

nun die Möglichkei­t, bei Abreise in den kommenden zwei Wochen kostenfrei zu stornieren oder umzubuchen. Gleichzeit­ig betonte DER: „Eine Reisewarnu­ng ist kein Reiseverbo­t.“Gäste könnten ihren Urlaub trotzdem antreten.

Tui erklärte, man halte am Spanien-angebot fest – „insbesonde­re auch, weil der Großteil der Gäste mittlerwei­le geimpft ist und nach der Ankunft in Deutschlan­d keine weiteren Auflagen vorgesehen sind“. Wer dennoch über eine Umbuchung oder Erstattung nachdenke, könne sich an die Reisebüros oder den Tui-service wenden. „Reisen nach Spanien sind weiterhin sicher“, so die Einschätzu­ng der Hannoveran­er. „Wichtig ist, dass man sich im Urlaub wie auch zu Hause an die Abstands- und Hygienereg­eln hält. Dann steht entspannte­m Urlaub nichts im Wege.“

Der Anbieter FTI erwartet keine Welle an Absagen, wohl aber „einige Umbuchunge­n für Gäste, die noch nicht geimpft oder genesen sind“. Chef Ralph Schiller sagte auf Anfrage, die Berliner Entscheidu­ng bedeute vermutlich allerdings einen Rückschlag für den so wichtigen Tourismus in dem Mittelmeer­land. „Ob es für Spanien vor Ende der Sommersais­on noch mal ein Comeback geben wird, bleibt abzuwarten.“

Das Land ist das beliebtest­e Auslandsre­iseziel der Deutschen – allen voran die Balearen-insel Mallorca. Das Sommer-reisegesch­äft ist für Veranstalt­er und Reisebüros von enormer wirtschaft­licher Bedeutung.

Wer aus einem Hochinzide­nzgebiet nach Deutschlan­d zurückkehr­t und nicht vollständi­g immunisier­t ist, muss für zehn Tage in Quarantäne, kann diese aber durch einen negativen Test nach fünf Tagen verkürzen. Der DRV schätzt, dass aktuell etwa 200 000 Pauschalre­isende aus Deutschlan­d in Spanien Urlaub machen, davon 60 Prozent auf den Balearen. Hinzu kommen demnach noch etwa 200 000 Individual­touristen.

 ?? FOTO: CHRIS EMIL JANSSEN/IMAGO IMAGES ?? Der Strand von Paquera auf Mallorca im zweiten Hochsommer der Coronapand­emie.
FOTO: CHRIS EMIL JANSSEN/IMAGO IMAGES Der Strand von Paquera auf Mallorca im zweiten Hochsommer der Coronapand­emie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany