Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Freiraum für den Biber und Schutz vor Hochwasser

Für 1,2 Millionen Euro greift die Flurneuord­nung bei Oberwachin­gen tief in die Landschaft ein

- Von Annette Schwarz

- Startschus­s für ein Millionen-projekt: Mit jeweils einstimmig­em Beschluss haben der Ortschafts­rat Dieterskir­ch und der Gemeindera­t Uttenweile­r grünes Licht für die Flurberein­igung bei Oberwachin­gen gegeben. Für insgesamt 1,2 Millionen Euro soll hier eine Fläche von rund 80 Hektar entlang des Tobelbachs so umgestalte­t werden, dass sich Biber und Bauer künftig nicht mehr in die Quere kommen. Durch die Maßnahme wird sich auch der Grenzverla­uf zum Alb-donaukreis ändern.

Kleine Bäche, die sich in reißende Flüsse verwandeln, Erdrutsche und braune Wassermass­en, die alles zerstören, was ihnen in den Weg kommt: Die schlimmen Hochwasser­bilder waren noch ganz frisch im Gedächtnis, als Christian Helfert, Leiter der Gemeinsame­n Dienststel­le Flurneuord­nung, und sein für Uttenweile­r zuständige­r Kollege Franz Fiesel im Gemeindera­t das Projekt erläuterte.

Entlang des Tobelbachs war es zwar bislang vor allem der Biber, der das Gebiet regelmäßig unter Wasser setzt. Neben dem Schutz der Natur und der landwirtsc­haftlichen Flächen soll das Vorhaben aber auch dem Hochwasser­schutz dienen. Schließlic­h werde durch die Gewässeren­twicklungs­zonen entlang des Tobelbachs auch zusätzlich­es Retentions­volumen

geschaffen, so Helfert. Bei Starkregen können so Wassermass­en aufgenomme­n werden und langsam wieder abfließen. Neu in die Planung aufgenomme­n wurde zudem die Verlegung des Tobelbachs im Unterlauf, also Richtung Unterwachi­ngen. Damit wolle man sich auch vor einem zehnjährig­en Hochwasser wappnen, von dem die Gemeindeve­rbindungss­traße betroffen wäre, erklärte Helfert weiter.

Überhaupt greifen die beschlosse­nen Maßnahmen tief in die Landschaft ein. Die Bereiche entlang des Tobelbachs, die ohnehin regelmäßig durch Biberdämme aufgestaut werden, sind dabei als Gewässeren­twicklungs­zonen bestimmt. Sie werden der landwirtsc­haftlichen Nutzung entzogen und ganz der Natur überlassen. Zuvor sollen hier vier Hektar Boden entnommen werden, um sie dann außerhalb der Entwicklun­gszone aufzutrage­n und so die dahinterli­egenden landwirtsc­haftlichen Nutzfläche­n dauerhaft vor Vernässung zu schützen. Landwirtsc­haft und Naturschut­z werden damit klar voneinande­r abgegrenzt.

Dasselbe Ziel verfolgen auch die sechs Dränagefan­geleitunge­n, die über eine Länge von 3,5 Kilometern angelegt werden sollen. Sie sammeln das Dränagewas­ser, führen es weiter und leiten es über den Höhenunter­schied ab, erklärte Helfert. Als weitere Maßnahme ist ein Unterhaltu­ngsbauwerk

für die Abwasserle­itung in Oberwachin­gen vorgesehen. Richtung Schupfenbe­rg wollen die Planer Parkplätze befestigen lassen, ein Fußweg und „eine kleine Aussichtsp­lattform wie in Alleshause­n“sollen entstehen, führte Helfert weiter aus: „Das soll der= Bevölkerun­g die Möglichkei­t geben, die Entwicklun­g in diesem Bereich zu beobachten.“Das Flurneuord­nungsgebie­t könnte künftig also zu einem richtigen Naherholun­gsgebiet werden.

Dazu passt auch die geplante Öffnung des Dobelgrabe­ns, die allerdings schon den Alb-donau-kreis betrifft. Das 80 Hektar große Flurneuord­nungsgebie­t erstreckt sich bis über die Kreisgrenz­e hinaus. Für die Flurneuord­nung wurden deshalb die Gemeinde- und Kreisgrenz­en entspreche­nd angepasst: Dazu trat die Gemeinde Uttenweile­r ein 29 Ar großes Grundstück an Unterwachi­ngen ab; 24 Ar von der Gemeinde Unterwachi­ngen und acht Ar von der Gemeinde

Hausen am Bussen liegen dafür künftig auf Uttenweile­r Gemarkung. Beiden Gemeinden seien die geplanten Grenzänder­ungen bereits vorgestell­t worden, beide hätten auch „jeweils eine zustimmend­e Haltung signalisie­rt“, so die Uttenweile­r Verwaltung. Mit jeweils einstimmig­en Beschluss erklärten sich nun auch der Ortschafts­rat Dieterskir­ch und der Gemeindera­t Uttenweile­r mit dem neuen Grenzverla­uf einverstan­den.

Von beiden Gremien ebenfalls einstimmig beschieden wurde auch die Planung der Flurneuord­nung mitsamt der Finanzieru­ng. Die Kosten für das Projekt liegen mittlerwei­le bei 1,2 Millionen Euro. Laut Helfert ist auch der Eigenantei­l „geringfügi­g um 5000 Euro gestiegen“, auf insgesamt 309 500 Euro. Bund und Land werden dagegen 78 Prozent der Kosten übernehmen.

Nach der Genehmigun­g des Wegeund Gewässerpl­ans, die voraussich­tlich bis Ende des Jahres vorliegt, wollen die Planer mit der Umsetzung beginnen. Anfang Januar sollen die neue Flurstücke abgesteckt werden, stellte Helfert die nächsten Verfahrens­schritte vor, und abhängig vom Wetter geht es dann an den Ausbau der Dränagefan­geleitunge­n sowie dem Abtrag und Auftrag des Bodens. Alle weiteren Baumaßnahm­en, auch Parkplätze und Aussichtsp­lattform, sollen sich dann zu einem späteren Zeitpunkt anschließe­n.

 ?? FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA ?? Mehr Freiraum bekommt der Biber künftig entlang des Tobelbachs bei Oberwachin­gen. Durch die Schaffung solcher Gewässeren­twicklungs­zonen soll dafür die Landwirtsc­haft besser von den Auswirkung­en seiner Dammbautät­igkeit geschützt werden.
FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Mehr Freiraum bekommt der Biber künftig entlang des Tobelbachs bei Oberwachin­gen. Durch die Schaffung solcher Gewässeren­twicklungs­zonen soll dafür die Landwirtsc­haft besser von den Auswirkung­en seiner Dammbautät­igkeit geschützt werden.

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