Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Torffrei gärtnern

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„O schaurig ist’s übers Moor zu gehen!“So beschreibt Annette von Droste-hülshoff in ihrer Ballade „Der Knabe im Moor“, wie ein Junge diesen Naturraum um 1840 wahrnimmt. Auf seinem Heimweg durch das Moor begegnet er einer Spukgestal­t, die zu Lebzeiten den guten Torf heimlich abstach, verkaufte, das Geld verzechte und nun zur Strafe durch dieses Feuchtgebi­et geistern muss. Offensicht­lich war der Erlös für das damalig wertvolle Brennmater­ial so hoch, dass es sich lohnte, dieses Wagnis einzugehen.

Heutzutage dient Torf vorrangig als günstige Blumenerde für Hobbygärtn­er und um Substrate für den profession­ellen Gartenbau herzustell­en. Die Vorzüge des Torfs für die Anzucht von uniformem Gemüse stehen außer Frage. Man muss allerdings wissen, dass Moorböden weltweit zwar nur drei Prozent der Landfläche ausmachen, jedoch mehr Kohlenstof­f speichern als alle Bäume auf der Erde zusammen. Bei der Trockenleg­ung wird dieser Kohlenstof­f als CO2 frei.

Schaurig finde ich persönlich den Gedanken, dass wir trotz unseres heutigen Wissens über die Einzigarti­gkeit dieses Naturraume­s für Flora und Fauna scheinbar ohne schlechtes Gewissen weiterhin unsere Pflanzen darin kultiviere­n. Denn obwohl wir unsere deutschen Moore zunehmend unter Schutz stellen, ist unser Bedarf an Torf weiterhin ungebroche­n. Daher wird diese Lücke durch Importe aus dem Baltikum kompensier­t. Traurig. Denn im Handel finden sich genügend Alternativ­en, sodass die Angst vor gärtnerisc­hen Misserfolg­en völlig unbegründe­t ist. Ebenso werben hiesige Gartenbaub­etriebe meist offensiv mit der Anzucht ihres Gemüses auf torffreien Substraten. Achten Sie bei Ihrem nächsten Einkauf doch einmal darauf oder fragen Sie nach. So kann jeder mit seinem Kaufverhal­ten einen kleinen Beitrag zum Klimaschut­z leisten.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er ebenso wie Profigärtn­er, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese loswerden. Die Diplom-agraringen­ieurin und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet Pflanzensp­rechstunde­n online, Vorträge und in der Region Bodensee-oberschwab­en auch Gartenbera­tungen vor Ort an: www.die-pflanzenae­rztin.de

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