Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hohe Goldnachfrage trotz fallendem Preis
Edelmetall-fans bleiben physischem Gold und Gold-wertpapieren treu
- Nach einem starken Jahresauftakt hatte der Goldpreis im ersten Halbjahr in einen Schwächeanfall erlitten. Während am 6. Januar mit rund 1960 Us-dollar je Feinunze der bisherige Jahreshöchststand 2021 erzielt wurde, dümpelt der Preis für das gelbe Metall inzwischen auf einem Niveau, das um die 1800 Dollar liegt. Als Ursache dieser Entwicklung hat der Kapitalmarktstratege der Deutschen Bank, Dirk Steffen, vor allem die in den USA ansteigenden Realzinsen, also den Nominalzinsen abzüglich der Inflationserwartungen, ausgemacht. Fans des gelben Edelmetalls erinnern sich: Anfang August 2020 hatte es mit rund 2064 Dollar je Feinunze (31,1, Gramm) noch ein neues Allzeithoch gegeben.
Die höheren Kapitalmarktzinsen hatten zuletzt den Nebeneffekt, dass es für den Us-dollar von seinem, ebenfalls am 6. Januar gehandelten, Jahrestief nach oben ging – mit der Folge, dass sich Gold außerhalb der USA verteuert hat. Zwar stabilisierte die Nachfrage nach physischem Gold sowohl durch Notenbanken als auch Privatanleger die Preise. Doch nachdem die Us-notenbank Ende Juni angedeutet hatte, dass es früher als erwartet zu Leitzinserhöhungen kommen kann, warfen Anleger zunächst zahlreich börsengehandelte, mit physischem Gold hinterlegte Produkte auf den Markt – was die Goldpreise um fünf Prozent nachgeben ließ. Hier wird einmal mehr lehrbuchhaft deutlich, dass allein schon die Aussicht auf einen Zinsanstieg den Preis für
Gold, das ja selbst keine Zinsen abwirft, unter Druck bringen kann.
Sollten die Inflationserwartungen noch weiter ansteigen, so Steffens Kalkül, könnte dies die Goldpreise zwar stützen. „Eine zunehmend weniger expansive Geldpolitik der Us-notenbank inklusive bevorstehender Zinserhöhungen dürfte die Preise des Edelmetalls jedoch stärker belasten“, rechnet der Deutsche-bank-experte.
Ungeachtet dessen bleiben Goldfans dem Edelmetall im Großen und Ganzen treu. Nimmt man Europas größtes Gold-wertpapier mit physischer Hinterlegung, das ETC (Exchange Traded Commodity) Xetra-gold zum Maßstab, ist die Nachfrage von institutionellen als auch privaten Investoren gleichermaßen gestiegen. Per 30. Juni ist der Bestand des ETCS auf den Rekordstand von 233 Tonnen geklettert, ein Plus von rund sieben Prozent seit Jahresanfang. Im Falle des vergleichbaren ETCS Euwax Gold II der Börse Stuttgart sind es 15 Tonnen, plus 42 Prozent seit Jahresbeginn – ebenfalls ein Rekord. Auch das verwaltete Vermögen
von Xetra-gold hat mit 11,2 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreicht. „Gold erweist sich mit seiner stabilisierenden und diversifizierenden Funktion im Anlegerportfolio damit als überaus beständig,“sagt Michael König, Geschäftsführer der Deutsche Börse Commodities, der Emittentin von Xetra-gold. Wenn ein Anleger ein solches Papier kauft, muss ein Gramm je Anteilsschein physisch hinterlegt werden, da die Papiere das Recht auf eine Auslieferung des Goldes verbriefen. Außerdem sind die Gold-etcs flexibel an der Börse handelbar – „zudem gibt es keine jährlichen Gebühren für Verwahrung und Versicherung des hinterlegten Goldes“, sagt Norbert Paul, Geschäftsführer der Börse Stuttgart Securities. Seit der Einführung von Xetra-gold im Jahr 2007 haben Anleger von der Aushändigung 1552mal Gebrauch gemacht, wobei insgesamt 6,9 Tonnen Gold ausgeliefert wurden. Im Falle von Euwax Gold II wurde seit 2017 die Möglichkeit zur
Auslieferung 372-mal ausgeübt. Dabei wurden insgesamt 407 624 Gramm Gold ausgeliefert.
Rein steuerlich betrachtet fallen Gewinne aus der Veräußerung oder Einlösung der Gold-wertpapiere nach einer Mindesthaltedauer von einem Jahr nicht unter die Abgeltungssteuer. Vielmehr sind der Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf steuerlich wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen – also wie Goldmünzen und Goldbarren. Letztere sind in allen Größen von einem bis zu 1000 Gramm weiterhin beliebt. Bei Goldmünzen stehen weiterhin vor allem der Südafrikanische Krügerrand, die „Australischen Kängurus“, aber auch der Kanadischen Maple Leaf hoch im Kurs. Außerdem herrscht eine hohe Nachfrage bei den sogenannten Geschenkbarren, die gerne zu diversen privaten Anlässen wie Hochzeit, Geburtstag, Taufe oder zum bestandenen Abitur verschenkt werden.