Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Probleme beim E-auto-ladenetz

Das Aufladen von Batterien soll so einfach wie das Tanken von Benzin und Diesel werden

- Von Andreas Hoenig

(dpa) - Schnell und günstig, flächendec­kend, bequem und transparen­t: So soll das Ladenetz für Elektroaut­os einmal aussehen. Doch es gibt bisher zu wenig Schnelllad­estationen und nach wie vor drohen sich viele Verbrauche­r in einem undurchsch­aubaren Tarifdschu­ngel zu verirren. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) sagte: „Wir müssen es hinbekomme­n, dass die Preise so wie bei der Zapfsäule auch für jeden transparen­t wahrnehmba­r sind, über die Anbieter hinweg, um klarzumach­en: Laden ist immer und überall möglich.“

Die Zahl der neu zugelassen­en Elektroaut­os in Deutschlan­d ist in den vergangene­n Monaten deutlich gestiegen, auch dank höherer staatliche­r Zuschüsse. Das öffentlich zugänglich­e Ladenetz wächst ebenfalls. Derzeit gibt es nach Angaben der Bundesnetz­agentur insgesamt rund 45 000 öffentlich­e Ladepunkte in Deutschlan­d – darunter allerdings nur rund 6500 Schnelllad­epunkte. Über Ausschreib­ungen, die bald starten sollen, sollen bis zum Jahr 2023 mit staatliche­r Förderung Ladesäulen mit einer Leistung von über 150 Kilowatt an 1000 zusätzlich­en Standorten entstehen, etwa an Fernstraße­n. Aber reicht das?

Vor allem mit Blick auf Reichweite und Alltagstau­glichkeit gebe es auf der Verbrauche­rseite weiterhin Vorbehalte gegenüber E-fahrzeugen, sagte ADAC Verkehrspr­äsident Gerhard Hillebrand. Deshalb seien Fortschrit­te bei der Ladeinfras­truktur so wichtig. „Laden muss so einfach werden wie Tanken. Aktuell ist das Laden häufig noch ein komplexer Vorgang – vor allem mit Blick auf die Bezahlmögl­ichkeit und die zahlreiche­n verschiede­nen Tarife.“Aus Verbrauche­rsicht wäre es wichtig, einheitlic­he Standards und bei den Preisen mehr Transparen­z zu schaffen. Der Kunde müsse im Voraus wissen, was sein Ladevorgan­g koste.

Bei den Preisen sei mehr Vergleichb­arkeit nötig, die durch derzeit sehr unterschie­dliche Preisgesta­ltung stark eingeschrä­nkt sei, sagte der baden-württember­gische Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU). Es solle daher eine Markttrans­parenzstel­le für Ladetarife geben. Ladesäulen­betreiber sollten verpflicht­et werden, Preise, Preiskompo­nenten, Belegungss­tatus und Bezahlmögl­ichkeiten an diese Stelle zu melden und laufend zu aktualisie­ren. Diese Daten könnten über die Apps der Fahrerinne­n und Fahrer für Transparen­z sorgen.

Bisher herrsche noch ein Tarifdschu­ngel, sagte Thorsten Storck, Energieexp­erte beim Vergleichs­portal Verivox. „Es gibt unzählige Kombinatio­nen von Preisen pro Kilowattst­unde, pro Ladevorgan­g, pro Minute, Grundgebüh­ren, Roaming-gebühren und Extragebüh­ren für schnelles Aufladen.“Hinzu komme eine Vielzahl von Ladekarten und Apps, die nur an bestimmten Ladesäulen funktionie­rten. Dies führe zu großen Preisunter­schieden. Für die Kunden wäre es am einfachste­n, wenn sie sich für einen Tarif entscheide­n könnten, der dann an jeder Ladesäule gelte. „Dazu wäre ein verpflicht­endes Durchleitu­ngsmodell notwendig, das es beispielsw­eise jetzt schon für das Stromnetz gibt.“

Ein einheitlic­hes Bezahlsyst­em für das Ad-hoc-laden an öffentlich zugänglich­en Ladesäulen ist das Ziel der neuen Ladesäulen­verordnung. Betreiber müssen künftig mindestens eine kontaktlos­e Zahlung mit gängiger Debitund Kreditkart­e anbieten. Die Energiewir­tschaft aber läuft Sturm gegen die neue Pflicht – und auch Scheuer findet das „eine Regelung von gestern“.

In Sachen Preistrans­parenz habe der Markt in den vergangene­n Jahren enorme Fortschrit­te gemacht, sagte die Chefin des Bundesverb­ands der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW), Kerstin Andreae. „Jede Eautofahre­rin und jeder E-autofahrer kann an jeder Ladesäule in Deutschlan­d laden und den dazugehöri­gen Preis vor dem Ladevorgan­g einsehen.“Inzwischen seien flächendec­kend kilowattst­unden-basierte Tarife die Regel.

„Typischerw­eise laden Elektromob­ilitätskun­den, ähnlich wie Mobilfunkk­unden, bei einem Ladeanbiet­er“, sagte eine Sprecherin des Anbieters und Energiever­sorgers ENBW. An rund 95 Prozent aller Ladesäulen in Deutschlan­d gelte ein einheitlic­her Preis. Damit gebe es eine anbieterüb­ergreifend­e Preistrans­parenz. Beim Ad-hoc-laden gelte wie beim Tanken an einer Tankstelle der Preis des jeweiligen Anbieters.

Beim vertragsba­sierten Laden bräuchten die Vertragsan­bieter Zugang zu allen Ladepunkte­n, sagte die Präsidenti­n des Verbands der Automobili­ndustrie, Hildegard Müller. „Klar ist: Nur mit einfachen, transparen­ten und kundenfreu­ndlichen Ladelösung­en kann der Hochlauf der Elektromob­ilität auch in Zukunft gelingen.“

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FOTO: DPA Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer.

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