Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ruf nach Sirenen wird lauter
Politiker fordern Aufstockung des Programms – Leichtes Aufatmen in den Krisenregionen
- Rund eineinhalb Wochen nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands haben die Menschen in der Region am Wochenende etwas aufatmen können. Neue Unwetter und Überschwemmungen, die befürchtet worden waren, blieben aus. Nach einigen Schauern am Samstagnachmittag sei es in der Nacht in den betroffenen Gebieten weitgehend trocken geblieben, sagte am Sonntag eine Sprecherin des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Der Deutsche Städtetag hat derweil die Kommunen aufgefordert, die wachsende Hochwassergefahr bei künftigen Bauplanungen zu berücksichtigen. Städte und Kreise müssten je nach Lage ihre gesamte Planung ändern, „etwa um Flächen bewusst freizuhalten, die im Fall eines Starkregens gezielt geflutet werden können“, sagte die Vizegeschäftsführerin des Verbandes, Verena Göppert, der „Welt am Sonntag“. Dann könne es „dazu kommen, dass in bestimmten Lagen keine Baugebiete mehr ausgewiesen werden können“.
Der Städte- und Gemeindebund, in dem auch kleinere Kommunen vertreten sind, sieht auch die Hauseigentümer gefordert. „Beim Wiederaufbau sollten die Gemeinden den Eigentümern eine größere Eigenvorsorge und ein hochwasserangepasstes Bauen vorgeben“, sagte der Verbandsexperte für Umwelt und Städtebau, Norbert Portz.
Geht es nach den Wünschen zahlreicher Landespolitiker soll zudem das Sirenenprogramm deutlich aufgestockt werden, um die Bevölkerung künftig besser vor Wetterkatastrophen zu warnen. Die bisher bundesweit vorgesehenen 90 Millionen Euro seien „nur ein Bruchteil dessen, was gebraucht“werde, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Aus Bayern, wo es am Wochenende vor allem im Allgäu zu heftigem Starkregen kam, und Nordrhein-westfalen waren ähnliche Stimmen zu hören. Die Installation von Warnsirenen wird wieder vorangetrieben, weil beim Hochwasser in Nordrhein-westfalen und Rheinland-pfalz die Handy-warnapps versagt hatten, da die Mobilfunknetze überlastet oder ausgefallen waren.
Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) schlug in diesem Zusammenhang ein dreistufiges Warnsystem vor. Apps könnten „vor allgemeinen Gefahren warnen und viele Informationen transportieren“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Bei dringenden Notlagen oder Evakuierungen könnte Cell Broadcasting – der sogenannte Cb-dienst – alle Smartphones und Handys in einer bestimmten Funkzelle erreichen. „Und schließlich der Sirenenalarm, der klarmacht, dass unmittelbarer Handlungsbedarf besteht.“
Während der Aufräumarbeiten in den besonders betroffenen Regionen in Rehinland-pfalz und Nordrheinwestfalen
Die Reaktionen gleichen sich: 1993, nach einem verheerenden Hochwasser am Rhein, hieß es, den Flüssen müsse dringend wieder mehr Raum gegeben werden. Nach dem Elbhochwasser 2002 ertönte derselbe Ruf. Und jetzt? Heißt es wieder: Flüsse und Bäche brauchen mehr Überschwemmungsgebiete. Kommunen müssten das verstärkt bei ihren Bauplanungen berücksichtigen.
Richtig so! Aber anders als nach früheren Wetterkatastrophen muss diesmal endlich konsequent gehandelt werden. Es ist gut, wenn zur
kam es am Wochenende nach Angaben der Vizepräsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, zu Attacken auf Angehörige der Organisation. Die Mitarbeiter seien nicht nur mit Resten von Hausrat beworfen, sondern auch beschimpft und fotografiert worden, „was unsere Freiwilligen und wir bei unserer Arbeit natürlich bedrohlich finden“.
In Belgien hat anderthalb Wochen nach den Überschwemmungen ein weiteres Hochwasser große Schäden verursacht. In der südbelgischen Stadt Dinant an der Maas wurden am Samstag Straßen beschädigt, Autos weggerissen und Häuser überflutet. Die materiellen Schäden seien erheblich, sagte Bürgermeister Axel Tixhon. Es seien „richtige Sturzbäche“die Straßen hinabgerauscht.