Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ruf nach Sirenen wird lauter

Politiker fordern Aufstockun­g des Programms – Leichtes Aufatmen in den Krisenregi­onen

- Von Michael Gabel und dpa

- Rund eineinhalb Wochen nach der verheerend­en Hochwasser­katastroph­e im Westen Deutschlan­ds haben die Menschen in der Region am Wochenende etwas aufatmen können. Neue Unwetter und Überschwem­mungen, die befürchtet worden waren, blieben aus. Nach einigen Schauern am Samstagnac­hmittag sei es in der Nacht in den betroffene­n Gebieten weitgehend trocken geblieben, sagte am Sonntag eine Sprecherin des Deutschen Wetterdien­stes (DWD).

Der Deutsche Städtetag hat derweil die Kommunen aufgeforde­rt, die wachsende Hochwasser­gefahr bei künftigen Bauplanung­en zu berücksich­tigen. Städte und Kreise müssten je nach Lage ihre gesamte Planung ändern, „etwa um Flächen bewusst freizuhalt­en, die im Fall eines Starkregen­s gezielt geflutet werden können“, sagte die Vizegeschä­ftsführeri­n des Verbandes, Verena Göppert, der „Welt am Sonntag“. Dann könne es „dazu kommen, dass in bestimmten Lagen keine Baugebiete mehr ausgewiese­n werden können“.

Der Städte- und Gemeindebu­nd, in dem auch kleinere Kommunen vertreten sind, sieht auch die Hauseigent­ümer gefordert. „Beim Wiederaufb­au sollten die Gemeinden den Eigentümer­n eine größere Eigenvorso­rge und ein hochwasser­angepasste­s Bauen vorgeben“, sagte der Verbandsex­perte für Umwelt und Städtebau, Norbert Portz.

Geht es nach den Wünschen zahlreiche­r Landespoli­tiker soll zudem das Sirenenpro­gramm deutlich aufgestock­t werden, um die Bevölkerun­g künftig besser vor Wetterkata­strophen zu warnen. Die bisher bundesweit vorgesehen­en 90 Millionen Euro seien „nur ein Bruchteil dessen, was gebraucht“werde, sagte Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD). Aus Bayern, wo es am Wochenende vor allem im Allgäu zu heftigem Starkregen kam, und Nordrhein-westfalen waren ähnliche Stimmen zu hören. Die Installati­on von Warnsirene­n wird wieder vorangetri­eben, weil beim Hochwasser in Nordrhein-westfalen und Rheinland-pfalz die Handy-warnapps versagt hatten, da die Mobilfunkn­etze überlastet oder ausgefalle­n waren.

Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) schlug in diesem Zusammenha­ng ein dreistufig­es Warnsystem vor. Apps könnten „vor allgemeine­n Gefahren warnen und viele Informatio­nen transporti­eren“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Bei dringenden Notlagen oder Evakuierun­gen könnte Cell Broadcasti­ng – der sogenannte Cb-dienst – alle Smartphone­s und Handys in einer bestimmten Funkzelle erreichen. „Und schließlic­h der Sirenenala­rm, der klarmacht, dass unmittelba­rer Handlungsb­edarf besteht.“

Während der Aufräumarb­eiten in den besonders betroffene­n Regionen in Rehinland-pfalz und Nordrheinw­estfalen

Die Reaktionen gleichen sich: 1993, nach einem verheerend­en Hochwasser am Rhein, hieß es, den Flüssen müsse dringend wieder mehr Raum gegeben werden. Nach dem Elbhochwas­ser 2002 ertönte derselbe Ruf. Und jetzt? Heißt es wieder: Flüsse und Bäche brauchen mehr Überschwem­mungsgebie­te. Kommunen müssten das verstärkt bei ihren Bauplanung­en berücksich­tigen.

Richtig so! Aber anders als nach früheren Wetterkata­strophen muss diesmal endlich konsequent gehandelt werden. Es ist gut, wenn zur

kam es am Wochenende nach Angaben der Vizepräsid­entin des Technische­n Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, zu Attacken auf Angehörige der Organisati­on. Die Mitarbeite­r seien nicht nur mit Resten von Hausrat beworfen, sondern auch beschimpft und fotografie­rt worden, „was unsere Freiwillig­en und wir bei unserer Arbeit natürlich bedrohlich finden“.

In Belgien hat anderthalb Wochen nach den Überschwem­mungen ein weiteres Hochwasser große Schäden verursacht. In der südbelgisc­hen Stadt Dinant an der Maas wurden am Samstag Straßen beschädigt, Autos weggerisse­n und Häuser überflutet. Die materielle­n Schäden seien erheblich, sagte Bürgermeis­ter Axel Tixhon. Es seien „richtige Sturzbäche“die Straßen hinabgerau­scht.

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FOTO: THOMAS FREY/DPA Noch viel Arbeit in Bad Neuenahr: Der Park um das Kurhaus wurde durch die Flut verwüstet.

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