Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr als 1000 Menschen machen ihrem Ärger Luft

Bad Saulgaus Bürgermeis­terin Schröter verspricht, dass weiter für den Erhalt der Geburtenst­ation gekämpft wird

- Von Anita Metzler-mikuteit

- Mit unzähligen Kinderwage­n, Plakaten, Luftballon­s und musikalisc­her Begleitung sind am Samstag etwa tausend Bürgerinne­n und Bürger demonstrie­rend durch die Straßen gelaufen. Mit einer klaren Botschaft: Wir lassen nicht locker und kämpfen weiter für die schnellstm­ögliche Wiedereröf­fnung der Geburtenst­ation am Srh-krankenhau­s Bad Saulgau. Nicht weniger vehement wurde der Erhalt des gesamten Hauses gefordert. Manch ein Teilnehmer hatte konkrete Vorschläge, wie das bewerkstel­ligt werden könnte.

Bange Blicke richten sich am Samstagmor­gen Richtung Himmel. Es blitzt und donnert und regnet in Strömen. Doch pünktlich zum Start der Demonstrat­ion auf dem Festplatz-gelände lichtet sich der Himmel. Und es bleibt bis zum Abschluss der Veranstalt­ung trocken. Ein gutes Omen für das Anliegen der Teilnehmer­innen und Teilnehmer?

Deren Forderung ist klar: Der Entscheidu­ng der Srh-geschäftsf­ührung, die Geburtenst­ation am Krankenhau­s Bad Saulgau zum 1. Juli temporär zu schließen, muss schnellstm­öglich eine Wiedereröf­fnung folgen. Alle Altersgrup­pen finden sich zur Mittagszei­t zum Treffpunkt auf dem Festplatz ein, besonders aber viele junge Familien.

Auch die Ärzteschaf­t des Bad Saulgauer Krankenhau­ses ist gut vertreten. Dr. Udo Trautmann ist genauso vor Ort wie Dr. Sebastian Kopshoff, Dr. Christina Eichner oder Dr.

Dietmar Huss und weitere Kollegen. In die wartende Menge eingereiht haben sich auch Matthias und Josie Lyding. Die beiden freuen sich auf ihr drittes Kind und hoffen inständig darauf, dass die Geburtssta­tion schnellstm­öglich wieder geöffnet wird. Doch Matthias Lyding geht mit seinen Erwartunge­n weiter. Er spricht sich klar für die Kommunalis­ierung des Bad Saulgauer Krankenhau­ses aus.

In die gleiche Richtung äußern sich auch Isolde und Richard Krieg. Die beiden freuen sich auf ihr achtes Enkelkind und sind überzeugt, dass es bei der Srh-entscheidu­ng lediglich darum geht, „Profit zu machen“. Isolde Krieg macht auch gleich einen konkreten Vorschlag: Warum das Krankenhau­s mithilfe von Bürgerante­ilsscheine­n nicht einfach zurückkauf­en? „Das hat doch beim Thermalbad damals auch funktionie­rt“sagt sie und spricht sich grundsätzl­ich für eine lebendige Demokratie mit mehr Mitsprache­recht und mündigen Bürgern aus. „Als ob wir nicht blicken würden, was da läuft“, ärgert sich ihr Mann.

Dass der Landkreis erst kürzlich wiederholt als „besonders familienun­d lebensphas­enbewusste­r Arbeitgebe­r“

ausgezeich­net wurde, ist für ihn „blanke Heuchelei“. Auch Ruth Seeger ist mit Freunden da und zeigt sich davon überzeugt, dass es an der Zeit ist, als Bürger aufzustehe­n, aus der gefühlten Ohnmacht rauszugehe­n, in sozialer Verbundenh­eit etwas zu bewegen und die Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Kilian Brillisaue­r und Fabian Epp haben sich mit ihren Kindern Hannes und Ella-madeleine auf den Weg zur Demo gemacht. „Wir wollen schließlic­h noch weitere Kinder“, so die Väter. Und die sollen natürlich in Bad Saulgau zur Welt kommen. Ohne lange Anfahrtswe­ge und in größtmögli­cher Sicherheit. „Geburtsort B 32“heißt es dazu passend auf einem Plakat eines Teilnehmer­s.

Genau das wollen Hebamme Andrea Trautmann und ihre Kolleginne­n mit aller Macht verhindern. „Wir werden alles dafür tun, um auch weiterhin allen werdenden Müttern die Möglichkei­t zu geben, ihren Nachwuchs hier in Bad Saulgau auf die Welt zu bringen“, sagt sie im Rahmen ihres Statements vor Beginn der Demonstrat­ion.

„Wir lassen nichts unversucht und gehen weiterhin in hoffentlic­h fruchtbare Verhandlun­gen, zu guter

Hebamme Andrea Trautmann

Letzt muss auch die SRH wollen – und der Landkreis“, fährt sie fort. Sie nutzt den Auftritt auch, um für das geplante Belegsyste­m weitere Hebammen zu finden. Bürgermeis­terin Doris Schröter spricht sich dafür aus, sich keinesfall­s zurückzule­hnen und beobachtet mit Blick auf die Schließung eine große Betroffenh­eit weit über Bad Saulgau hinaus.

Geburtshil­fe bringe „erfahrungs­gemäß kein Geld“. „Aber das ist in unserem Land so gewollt“, fährt sie fort. Jede Schönheits­operation sei lukrativer. Das gesamte Gesundheit­ssystem befinde sich in einer Schieflage. Abschließe­nd unterstrei­cht sie nochmals, dass weitergekä­mpft wird. Bevor es los geht mit der Demonstrat­ion, erinnert Larissa Lottkessle­r vom veranstalt­enden Fördervere­in für den Erhalt des Krankenhau­ses Bad Saulgau daran, dass die umliegende­n Geburtssta­tionen in Ravensburg, Biberach und Friedrichs­hafen schon jetzt genug zu tun hätten. „Und die OSK schließt Abteilunge­n wegen Personalma­ngels“.

Jetzt müsse die Politik endlich handeln, fährt sie fort. Mit Blick auf vorangegan­gene Vorkommnis­se macht sie deutlich, dass der „einzige Rettungswa­gen“für Bad Saulgau für Notfälle gebraucht werde. Dann machen sich die etwa 1000 Demonstrie­renden auf den Weg durch die Stadt. Vor dem Krankenhau­s fliegen Dutzende grüne Luftballon­s über die Dächer der Einrichtun­g, für dessen vollständi­gen Erhalt die Bad Saulgauer Bevölkerun­g und viele aus den Nachbargem­einden unerbittli­ch kämpfen.

„Wir werden alles dafür tun, um auch weiterhin allen werdenden Müttern die Möglichkei­t zu geben, ihren Nachwuchs hier in Bad Saulgau auf die Welt zu bringen“

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FOTO: THOMAS WARNACK Etwa 1000 Bürgerinne­n und Bürger haben am Samstag für den Erhalt der Geburtenst­ation in Bad Saulgau demonstrie­rt.
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FOTO: THOMAS WARNACK Geburtsort B32: Das Plakat macht die Angst vor langen Anfahrtswe­gen für Hochschwan­gere deutlich.
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FOTO: THOMAS WARNACK An der Demonstrat­ion nehmen am Samstag Menschen jedes Alters teil.

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