Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mehr als 1000 Menschen machen ihrem Ärger Luft
Bad Saulgaus Bürgermeisterin Schröter verspricht, dass weiter für den Erhalt der Geburtenstation gekämpft wird
- Mit unzähligen Kinderwagen, Plakaten, Luftballons und musikalischer Begleitung sind am Samstag etwa tausend Bürgerinnen und Bürger demonstrierend durch die Straßen gelaufen. Mit einer klaren Botschaft: Wir lassen nicht locker und kämpfen weiter für die schnellstmögliche Wiedereröffnung der Geburtenstation am Srh-krankenhaus Bad Saulgau. Nicht weniger vehement wurde der Erhalt des gesamten Hauses gefordert. Manch ein Teilnehmer hatte konkrete Vorschläge, wie das bewerkstelligt werden könnte.
Bange Blicke richten sich am Samstagmorgen Richtung Himmel. Es blitzt und donnert und regnet in Strömen. Doch pünktlich zum Start der Demonstration auf dem Festplatz-gelände lichtet sich der Himmel. Und es bleibt bis zum Abschluss der Veranstaltung trocken. Ein gutes Omen für das Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer?
Deren Forderung ist klar: Der Entscheidung der Srh-geschäftsführung, die Geburtenstation am Krankenhaus Bad Saulgau zum 1. Juli temporär zu schließen, muss schnellstmöglich eine Wiedereröffnung folgen. Alle Altersgruppen finden sich zur Mittagszeit zum Treffpunkt auf dem Festplatz ein, besonders aber viele junge Familien.
Auch die Ärzteschaft des Bad Saulgauer Krankenhauses ist gut vertreten. Dr. Udo Trautmann ist genauso vor Ort wie Dr. Sebastian Kopshoff, Dr. Christina Eichner oder Dr.
Dietmar Huss und weitere Kollegen. In die wartende Menge eingereiht haben sich auch Matthias und Josie Lyding. Die beiden freuen sich auf ihr drittes Kind und hoffen inständig darauf, dass die Geburtsstation schnellstmöglich wieder geöffnet wird. Doch Matthias Lyding geht mit seinen Erwartungen weiter. Er spricht sich klar für die Kommunalisierung des Bad Saulgauer Krankenhauses aus.
In die gleiche Richtung äußern sich auch Isolde und Richard Krieg. Die beiden freuen sich auf ihr achtes Enkelkind und sind überzeugt, dass es bei der Srh-entscheidung lediglich darum geht, „Profit zu machen“. Isolde Krieg macht auch gleich einen konkreten Vorschlag: Warum das Krankenhaus mithilfe von Bürgeranteilsscheinen nicht einfach zurückkaufen? „Das hat doch beim Thermalbad damals auch funktioniert“sagt sie und spricht sich grundsätzlich für eine lebendige Demokratie mit mehr Mitspracherecht und mündigen Bürgern aus. „Als ob wir nicht blicken würden, was da läuft“, ärgert sich ihr Mann.
Dass der Landkreis erst kürzlich wiederholt als „besonders familienund lebensphasenbewusster Arbeitgeber“
ausgezeichnet wurde, ist für ihn „blanke Heuchelei“. Auch Ruth Seeger ist mit Freunden da und zeigt sich davon überzeugt, dass es an der Zeit ist, als Bürger aufzustehen, aus der gefühlten Ohnmacht rauszugehen, in sozialer Verbundenheit etwas zu bewegen und die Zukunft gemeinsam zu gestalten.
Kilian Brillisauer und Fabian Epp haben sich mit ihren Kindern Hannes und Ella-madeleine auf den Weg zur Demo gemacht. „Wir wollen schließlich noch weitere Kinder“, so die Väter. Und die sollen natürlich in Bad Saulgau zur Welt kommen. Ohne lange Anfahrtswege und in größtmöglicher Sicherheit. „Geburtsort B 32“heißt es dazu passend auf einem Plakat eines Teilnehmers.
Genau das wollen Hebamme Andrea Trautmann und ihre Kolleginnen mit aller Macht verhindern. „Wir werden alles dafür tun, um auch weiterhin allen werdenden Müttern die Möglichkeit zu geben, ihren Nachwuchs hier in Bad Saulgau auf die Welt zu bringen“, sagt sie im Rahmen ihres Statements vor Beginn der Demonstration.
„Wir lassen nichts unversucht und gehen weiterhin in hoffentlich fruchtbare Verhandlungen, zu guter
Hebamme Andrea Trautmann
Letzt muss auch die SRH wollen – und der Landkreis“, fährt sie fort. Sie nutzt den Auftritt auch, um für das geplante Belegsystem weitere Hebammen zu finden. Bürgermeisterin Doris Schröter spricht sich dafür aus, sich keinesfalls zurückzulehnen und beobachtet mit Blick auf die Schließung eine große Betroffenheit weit über Bad Saulgau hinaus.
Geburtshilfe bringe „erfahrungsgemäß kein Geld“. „Aber das ist in unserem Land so gewollt“, fährt sie fort. Jede Schönheitsoperation sei lukrativer. Das gesamte Gesundheitssystem befinde sich in einer Schieflage. Abschließend unterstreicht sie nochmals, dass weitergekämpft wird. Bevor es los geht mit der Demonstration, erinnert Larissa Lottkessler vom veranstaltenden Förderverein für den Erhalt des Krankenhauses Bad Saulgau daran, dass die umliegenden Geburtsstationen in Ravensburg, Biberach und Friedrichshafen schon jetzt genug zu tun hätten. „Und die OSK schließt Abteilungen wegen Personalmangels“.
Jetzt müsse die Politik endlich handeln, fährt sie fort. Mit Blick auf vorangegangene Vorkommnisse macht sie deutlich, dass der „einzige Rettungswagen“für Bad Saulgau für Notfälle gebraucht werde. Dann machen sich die etwa 1000 Demonstrierenden auf den Weg durch die Stadt. Vor dem Krankenhaus fliegen Dutzende grüne Luftballons über die Dächer der Einrichtung, für dessen vollständigen Erhalt die Bad Saulgauer Bevölkerung und viele aus den Nachbargemeinden unerbittlich kämpfen.
„Wir werden alles dafür tun, um auch weiterhin allen werdenden Müttern die Möglichkeit zu geben, ihren Nachwuchs hier in Bad Saulgau auf die Welt zu bringen“