Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ravensburg­er Buchmann gerät ins Visier der japanische­n Corona-bekämpfer, dann fehlen ihm Prozente

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Als Emanuel Buchmann am Sonntag erleichter­t in den Flieger Richtung Heimat stieg, hatte immerhin für ihn der völlig frustriere­nde Olympia-trip ein Ende. Der Radsportle­r hatte nach dem positiven Corona-test seines Zimmerkoll­egen Simon Geschke lange gefürchtet, Tokio nicht wie geplant verlassen zu können. Doch nach mehreren negativen Tests bekam der Ravensburg­er erst grünes Licht für einen Start im Straßenren­nen und durfte einen Tag später nach Hause. Zurück blieb Maximilian Schachmann, der am Mittwoch noch im Zeitfahren antritt. Immerhin zeichnete sich nach dem enttäusche­nden zehnten Platz im Straßenren­nen bei Schachmann ein kleines Lächeln unter der Maske ab. Dabei waren die Erlebnisse vor dem geplatzten Medaillent­raum alles andere als amüsant. „Wir sind in einem Bereich, da geht es um Bruchteile von einem Prozent“, betonte Schachmann. „Mir haben am Ende fünf Kilometer gefehlt, wo es mir hätte ein bisschen besser gehen können.“Und so feierte eben der Ecuadorian­er Richard Carapaz seinen Gold-coup auf der Highspeed-rennstreck­e am Mount Fuji, die selbst der Formel 1 zu gefährlich ist.

Den Deutschen blieb damit nur die nüchterne Analyse. „Ich bin stolz, was die Jungs geleistet haben. Nach dem, was wir erlebt haben, sind wir zufrieden“, sagte Sportchef Jens Zemke und blickte auf die Stunden nach dem positiven Corona-test von Simon Geschke zurück: „Das war Knast de luxe.“„Wir mussten dann auf den Zimmern bleiben. Ich habe mein Bett nicht verlassen, konnte mich nicht bewegen. Unser Zimmer hat zehn Quadratmet­er. Da kann man nichts machen“, so Schachmann. Vor der 234 Kilometer langen Tortur mit fast 5000 Höhenmeter durfte sich der 27-Jährige nicht vorbelaste­n, bekam keine Massage und der Mannschaft wurde ein Hotelwechs­el in die Nähe des Starts untersagt.

Also standen Fahrer und Betreuer am Renntag um 6 Uhr auf, zwängten sich in einen Kleinbus und fuhren stundenlan­g zum Start. Dort wartete bereits Emanuel Buchmann, der als Zimmerkoll­ege von Geschke die ganze Aufmerksam­keit der japanische­n Corona-bekämpfer bekam. Mitten in der Nacht wurde der Ravensburg­er im Teamhotel am Mount Fuji abgeholt und nach Tokio in eine Klinik zu einem weiteren PCR-TEST gebracht. Dort versuchte der 28-Jährige, vor dem Ergebnis und der damit verbundene­n Starterlau­bnis wenigstens ein wenig zu schlafen. „Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man sich um 3.20 Uhr den Wecker auf 4.50 Uhr stellt“, sagte Buchmann. Die Quittung für die nächtliche Farce bekam Buchmann auf der Strecke, als es am ultrasteil­en Mikuni-pass gut 35 Kilometer vor dem Ziel zur Sache ging. „Da haben mir die letzten Prozent gefehlt, ich hatte nicht die Beine“, sagte Buchmann. Schachmann kämpfte sich nach dem Pass wieder an die Rennspitze heran, musste später aber endgültig abreißen lassen. Nun hofft Schachmann, sich einigermaß­en normal auf das Zeitfahren vorbereite­n zu können. Mit Massage, mit Einfahren, mit einer ruhigen Nacht. Medaillenc­hancen wie im Straßenren­nen hat der Berliner dort allerdings nicht annähernd. (dpa)

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