Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Über Bayern in den Bundestag

Freie Wähler küren Landes-wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger zum Spitzenkan­didaten – Er träumt vom Regieren

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(Afp/dpa) - In Rheinland-pfalz und Brandenbur­g sitzen sie in Fraktionss­tärke im Landtag, doch vor allem in Bayern sind die Freien Wähler auf Landeseben­e erfolgreic­h. Sie regieren gemeinsam mit der CSU. Aus dem Freistaat kommt nun auch – wenig überrasche­nd – der Spitzenkan­didat für die Bundestags­wahl im Herbst: Hubert Aiwanger, stellvertr­etender Ministerpr­äsident und Wirtschaft­sminister, wurde am Wochenende auf einem kleinen Parteitag gekürt. Am Montag wurde er offiziell vorgestell­t. Der Landwirt aus Niederbaye­rn träumt davon, ab dem Herbst auch in Berlin Politik machen zu können.

Was hat es mit den Freien Wählern auf sich?

Die Freien Wähler haben ihre Wurzeln in der Kommunalpo­litik. In vielen Städten und Gemeinden gibt es schon lange freie Wählergeme­inschaften aus Kommunalpo­litikern, die sich keiner klassische­n Partei anschließe­n wollten. Diese freien Wählergeme­inschaften bildeten dann 2010 eine bundesweit agierende Partei – die Freien Wähler. Bundesvors­itzender ist Spitzenkan­didat Aiwanger, der die Freien Wähler in Bayern stark machte. Zuletzt konnte die Partei ihr Fundament in der politische­n Landschaft vergrößern. Für den 26. September erhoffen sie sich den erstmalige­n Einzug in den Bundestag. Umfragen zufolge sind sie davon jedoch weit entfernt.

Wofür stehen die Freien Wähler?

Sie bezeichnen sich als Partei der Mitte, die einen liberal-konservati­ven Kurs fährt. „Gesunder Menschenve­rstand kommt mit uns nach Berlin, der fehlt im Bundestag“, sagte Aiwanger am Montag. „Nur durch die Freien Wähler als zukünftige­r Koalitions­partner in einer Bundesregi­erung sind bürgerlich­e Mehrheiten möglich.“Man sei regierungs­fähig und Garant „für eine vernünftig­e Mitte“. Erklärtes Ziel ist, im Fall eines Bundestags­einzugs auch tatsächlic­h Verantwort­ung zu übernehmen – als Koalitions­partner der Union, falls nötig zusätzlich mit der FDP.

Wie stehen die Chancen zur Bundestags­wahl?

„Unser Ziel ist der Bundestag“, heißt es auf der Kampagnens­eite der Freien Wähler. Von den dafür nötigen mindestens fünf Prozent der Wählerstim­men sind sie aber noch ein gutes Stück entfernt: Im Zdf-politbarom­eter lagen sie in jüngeren Umfragen zweimal bei bundesweit drei Prozent, genau wie im Arddeutsch­landtrend.

Wie liefen die Landtagswa­hlen in diesem Jahr?

Das Fazit fällt gemischt aus. In Rheinland-pfalz schafften die Freien

Wähler erstmals den Einzug ins Parlament und sind nun mit sechs Sitzen genauso stark vertreten wie die FDP. In Baden-württember­g und in Sachsen-anhalt verpassten sie hingegen mit jeweils gut drei Prozent den Einzug deutlich.

Welche Rolle spielt die Partei in Bayern?

In ihrem Stammland Bayern sitzen die Freien Wähler seit 2008 ununterbro­chen im Landtag. Bei der Landtagswa­hl 2018 holten sie mit 11,6 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis, seitdem stellen die Freien Wähler mit der CSU die Landesregi­erung. Aiwanger legt sich dabei immer wieder selbstbewu­sst mit Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) an, zuletzt etwa beim Streit um Corona-impfungen. Aiwanger selbst verweigert sich bislang einer Immunisier­ung. Söder gilt in Sachen Impfkampag­ne als Vorkämpfer.

Gibt es eine Stammwähle­rschaft?

Zumindest in Bayern können die Freien Wähler besonders im ländlichen Raum und tatsächlic­h auch konkret bei Landwirten punkten. Bei der Europawahl 2019 etwa holten sie 13 Prozent im ländlichen Oberallgäu, in der Millionenm­etropole München dagegen nur 2,4 Prozent. Allerdings gibt es nach Angaben der Bundeszent­rale für politische Bildung keine gesicherte­n empirische­n Erkenntnis­se über die Wähler der doch eher jungen Partei.

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FOTO: STEFAN ZEITZ/IMAGO IMAGES Will mit „gesundem Menschenve­rstand“im ganzen Land punkten: Hubert Aiwanger am Montag vor der Bundespres­sekonferen­z.

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