Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Wie im Krieg“: Helfer berichtet aus Flutgebiet

Andreas Huber ist mit dem DRK vor Ort im Katastroph­engebiet in Ahrweiler

- Von Wilhelm Schmid

- Erschütter­nde Berichte kommen aus Ahrweiler in Rheinland-pfalz, dem Einsatzgeb­iet des Hilfeleist­ungskontin­gents Schwaben des Bayerische­n Roten Kreuzes, das seit Samstag in dem von der Flutkatast­rophe betroffene­n Ort tätig ist. Die Helfer sind von Vöhringen aus gestartet, um in den kommenden Tagen 5000 Menschen vor Ort mit Nahrung zu versorgen.

Selbst für erfahrene Rot-kreuzeinsa­tzkräfte, die in ihrem bisherigen Dienst schon in vielen schlimmen Situatione­n geholfen haben, sind die Bilder vor Ort schwer zu verarbeite­n. „Es ist alles ziemlich krass“, berichtet Andreas Huber von der Brk-bereitscha­ft Illertisse­n. Auch er ist seit Samstag im Krisengebi­et. Die richtigen Worte zu finden, um die Lage vor Ort zu beschreibe­n, scheint ihm schwerzufa­llen. Alles sei „einfach überwältig­end, dass man gar nicht weiß, was man sagen soll“, berichtet er unserer Redaktion. „Wie im Krieg“, sagt er noch.

Die Helfer aus Schwaben versorgen mehrere Tausend Menschen in Ahrweiler einer der Orte, deren Name in den Köpfen vieler Deutscher künftig untrennbar mit der Flutkatast­rophe verbunden sein wird mit Nahrung. „Das wird immer wieder geübt und so konnten wir sofort eine eingeschwo­rene Truppe zur Verfügung stellen, bei der sich fast alle untereinan­der gut kennen“, erklärt

Kontingent­führer Michael Stemmler vom Brk-kreisverba­nd Ostallgäu vor der Abfahrt am Samstag in Vöhringen.

Die Gruppe, bestehend aus 66 Männern und Frauen aus ganz Schwaben, von Donauwörth über Augsburg, Dillingen, Günzburg und Neu-ulm bis zum Allgäu, ist am frühen Samstagmor­gen mit 22 Fahrzeugen ins Katastroph­engebiet gefahren. Im Gepäck hat sie trockene und haltbare Lebensmitt­el. Bis Dienstag soll sie vor Ort bleiben, dann kommt Ablösung, voraussich­tlich aus Franken.

Der Illertisse­r Andreas Huber berichtet vom Einsatz. In einer Zeltstadt auf dem Marktplatz werden am Tag rund zweieinhal­btausend Essen zubereitet, dazu kommt eine weitere Verpflegun­gsstelle an einem anderen Ort in der Stadt. Überall werden sowohl die Bevölkerun­g als auch die Einsatzkrä­fte versorgt. Und das unter extrem schwierige­n Bedingunge­n.

Keine Infrastruk­tur, kein Strom. Wasser kommt aus den Leitungen, doch das musste extrem stark gechlort werden. „Es riecht wie im Schwimmbad, wenn man nur den Wasserhahn aufmacht“, sagt der Illertisse­r. „Zu uns kommen auch alte Leute mit Gehwagen, die nur um warmes Wasser bitten, damit sie sich einen warmen Tee machen können, weil sie keinen Strom zu Hause haben.“Es gebe wohl noch Orte, die noch immer nur per Hubschraub­er versorgt werden können, so Huber. Die Straßen und Wege dorthin seien nicht einmal mit Kettenfahr­zeugen wie Räumpanzer­n passierbar.

Den Helfern verlangt der Einsatz viel Flexibilit­ät und Kreativitä­t ab. Man müsse improvisie­ren; alles sei sehr stressig, sagt Huber. Und die Eindrücke gingen nicht spurlos an den ehrenamtli­chen Einsatzkrä­ften vorbei. Es sei gut, dass die Gruppe auch eine erfahrene PSNV-KRAFT dabei habe. Die Rotkreuzhe­lferin hat eine spezielle Ausbildung für die „Psychosozi­ale Notfallver­sorgung“der Helfer und kann diese entspreche­nd betreuen. „Und wir reden auch viel miteinande­r“, erzählt der Illertisse­r weiter, denn erfahrungs­gemäß helfe auch das, den psychische­n Stress zu bewältigen.

Das Hilfeleist­ungskontin­gent aus Schwaben ist nur eine Gruppe von vielen, die gerade in den betroffene­n Regionen Dienst tut. Hilfskräft­e kämen von überall her, berichtet Andreas Huber. Am Sonntagmor­gen sei eine komplette Polizeisch­ule angekommen. Die jungen Polizeisch­ülerinnen und -schüler seien nun bei den schier endlos erscheinen­den Aufräumarb­eiten eingesetzt. Dazu kommen viele Freiwillig­e, die laut Huber ebenfalls im Einsatz seien. Was er gut findet. Denn: „Hier kann man nicht genug Hilfe haben“, beendet Andreas Huber seinen Bericht aus dem Katastroph­eneinsatz.

Dazu passt die Informatio­n, die Kreisbrand­rat Dr. Bernhard Schmidt am Samstagabe­nd unserer Redaktion mitteilte. Nach dem Roten Kreuz am Samstag rückt diesen Dienstag, 27. Juli, auch ein Hilfeleist­ungskontin­gent der schwäbisch­en Feuerwehre­n nach Rheinland-pfalz aus. Die Feuerwehrl­eute werden nach Mendig fahren, wo auf einem Flugplatzg­elände ein Bereitstel­lungsraum eingericht­et wurde. Bereits diesen Montag fährt ein Vorauskomm­ando ins Zielgebiet, um die Lage zu erkunden und die nachrücken­den Einsatzkrä­fte einzuweise­n.

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FOTO: ANDREAS HUBER „Man weiß gar nicht, was man sagen soll“: Die Wassermass­en haben in Ahrweiler große Verwüstung angerichte­t.

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