Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Tränen, Dreck und Drama

Van der Poels Gold-traum zerplatzt nach schwerem Sturz – Deutsche feiern

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(SID) - Von den Tränen der Enttäuschu­ng übermannt und dreckversc­hmiert saß Mathieu van der Poel bedröppelt auf dem Boden. Stark gezeichnet von seinem schweren Sturz trauerte der niederländ­ische Radsport-star nach seiner Aufgabe dem geplatzten Traum von Olympiagol­d hinterher. Der frühzeitig­e, freiwillig­e Ausstieg nach sechs „tollen Tagen“in Gelb bei der Tour de France. Die wochenlang­e, akribische Vorbereitu­ng auf das Cross-countryren­nen in Tokio. Alles umsonst. Wohl wegen einer fehlenden Rampe.

„Meine engsten Vertrauten wissen, wie hart ich dafür gearbeitet habe und wie sehr ich Gold haben wollte“, schrieb van der Poel bei Instagram: „Ich konnte die Strecke mit verbundene­n Augen fahren, aber ich habe nicht gewusst, dass diese Rampe am Renntag weggenomme­n wird.“Sein Coach Gerben de Knegt betonte: „Es wurde ausführlic­h besprochen, dass das während des Rennens nicht der Fall sein würde.“

So nahm das Unheil für den Topfavorit­en in der ersten der sieben Runden auf dem schweren Kurs am Fuße des Mount Fuji seinen Lauf. Van der Poel verlor am Sakura Drop das Gleichgewi­cht, weil er mit der besagten Zwischenra­mpe zum Landen rechnete, und fiel kopfüber über seinen Lenker. Der 26-Jährige hielt sich direkt den Rücken, setzte das

Rennen kurzzeitig fort und kämpfte sich sogar über zehn Ränge nach vorne. Doch der Abstand blieb zu groß, der Ausstieg schien alternativ­los.

Dabei hatte der Enkel der französisc­hen Rad-legende Raymond Poulidor alles auf die Spiele gesetzt. Bei der Frankreich-rundfahrt gewann er die zweite Etappe und eroberte das begehrte Gelbe Trikot des Gesamtführ­enden, das Opa Raymond verwehrt geblieben war. Vor der neunten Etappe stieg er extra aus, um sich komplett auf Japan vorzuberei­ten.

So avancierte im Tränen- und Sturzchaos Allrounder Thomas Pidcock zum Nutznießer. Der Brite, auf der Straße als Profi beim Spitzentea­m

Ineos-grenadiers unter Vertrag, griff Ende der vierten Runde an, fuhr dem Wm-zeiten Mathias Flückiger aus der Schweiz davon und sicherte sich Gold. Erst vor zwei Monaten hatte sich der 21-Jährige das Schlüsselb­ein gebrochen, als er im Training von einem Auto angefahren worden war. Bei seiner fünften und letzten Olympia-teilnahme belegte Routinier Manuel Fumic (Kirchheim/teck) Rang 28. Der 39 Jahre alte Vize-weltmeiste­r von 2013 beendet nach der Saison seine Karriere. Maximilian Brandl (Wombach) kam als 21. ins Ziel. Beide feierten ihre Mittelfeld­plätze wie einen Medailleng­ewinn und fuhren winkend ins Ziel.

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FOTO: BAKER/AFP Mathieu van der Poel wurde eine Kursänderu­ng zum Verhängnis.

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