Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Corona macht die Urlaubspla­nungen komplizier­t

Spanien und die Niederland­e sind Hochinzide­nzgebiete – Spahn will Testpflich­t für alle Rückkehrer

- Von Michael Gabel

- Es bleibt komplizier­t: Urlaub im zweiten Jahr der Coronapand­emie ist mit zahlreiche­n Schwierigk­eiten verbunden. Nun wird über zusätzlich­e Testpflich­ten debattiert. Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Welche Pläne verfolgt Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn bei Rückreisen aus dem Urlaub?

Der Cdu-politiker hat vor, die Testpflich­t für Reiserückk­ehrer erheblich auszuweite­n. Zum Beispiel sollen Urlauber, die mit dem Auto nach Deutschlan­d zurückkehr­en, einen negativen Corona-test vorlegen oder ihre Impfung beziehungs­weise Genesung nachweisen müssen, wie Spahn den Zeitungen der Funke-mediengrup­pe sagte. Derzeit gilt diese Regelung nur für Flugreisen­de. Der Virologe Martin Stürmer begrüßte den Vorstoß und forderte darüber hinaus, dass auch Geimpfte und Genesene grundsätzl­ich getestet werden, wenn sie aus Hochrisiko­gebieten kommen.

Wie wahrschein­lich ist es, dass Spahns Pläne umgesetzt werden?

Eine Sprecherin Spahns sagte am Dienstag: „Die Abstimmung­en innerhalb der Regierung dazu laufen.“Gegen die Idee, auch Autoreisen­de zu kontrollie­ren, gibt es aber erhebliche­n Widerstand. Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) sagte, sie halte eine solche Vorschrift für unverhältn­ismäßig. Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) hatte sich im Vorfeld gegen stationäre Grenzkontr­ollen gewandt, um „lange Staus zu vermeiden“.

Spanien und Niederland­e gelten jetzt als Hochinzide­nzgebiete. Was ändert sich für Rückreisen­de?

Wer nicht geimpft oder genesen ist und aus einem Hochinzide­nzgebiet nach Deutschlan­d zurückkehr­t, muss für zehn Tage in Quarantäne, aus der man sich jedoch nach fünf Tagen freitesten kann. Dies gilt für Reisen per Flugzeug, mit der Bahn und mit dem Pkw. Beim Deutschen Reiseverba­nd schätzt man, dass sich derzeit allein in Spanien etwa 400 000 deutsche Urlauber aufhalten.

Kann man eine gebuchte Reise absagen, wenn eine Region zum Hochinzide­nzgebiet erklärt wird?

Grundsätzl­ich gilt: Pauschalre­isende haben bessere Chancen, ohne Stornierun­gskosten von ihrer Reise zurückzutr­eten, als Individual­reisende. Dies gilt aber nur für den Fall, dass bei der Buchung keine Reisewarnu­ng vorlag. Der deutsche Reiseriese DER Touristik teilte mit, dass Spanien- und Niederland­e-reisenden vom Unternehme­n kostenfrei­e Stornierun­gsmöglichk­eiten angeboten würden.

Ist es vertretbar, Urlaub in einem Hochinzide­nzgebiet zu machen?

Pauschal lasse sich das Risiko von Reisen in Hochinzide­nzgebiete nicht bewerten, sagte der Virologe Jonas Schmidt-chanasit. „Keine Reise ist wie die andere, und jeder Reisende ist anders.“Wer beispielsw­eise am Ballermann auf Mallorca feiere, habe ein relativ hohes Risiko, sich zu infizieren. Das gelte in gewisser Weise auch für Geimpfte. Eine Impfung

sei nämlich „kein Persilsche­in“und berechtige nicht dazu, alle Schutzmaßn­ahmen über Bord zu werfen, betonte der Virologe. Auch als Geimpfter könne man sich „noch anstecken und das Virus auch weitergebe­n, wenn auch seltener als Ungeimpfte“. Vor schweren oder gar tödlichen Verläufen seien Geimpfte allerdings sehr gut geschützt.

Was halten die Bürger vom Urlaub in Hochinzide­nzgebieten?

Nicht viel. Laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov lehnen zwei Drittel der Deutschen touristisc­he Reisen in Risikogebi­ete ab. Nur rund ein Viertel sagte, dass solche Reisen vertretbar seien. Ähnlich sehen die Werte bei den Quarantäne­pflichten aus, die für

Rückreisen­de aus Hochinzide­nzgebieten gelten. 73 Prozent sind dafür, die Quarantäne­pflichten beizubehal­ten oder sogar noch zu verschärfe­n. Nur 22 Prozent wünschen sich eine Lockerung oder Abschaffun­g.

Bekommt man weiter Gehalt, wenn man bei der Rückkehr aus einem Hochinzide­nzgebiet in Quarantäne muss?

Die Rechtslage ist eindeutig: „Lohn gibt es nur für Arbeit“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrec­ht, Jürgen Markowski. Das gelte für die Coronaquar­antäne ebenso wie für eine verspätete Rückkehr zum Arbeitspla­tz, wenn etwa der Flughafen wegen eines Vulkanausb­ruchs gesperrt war, wenn Piloten streikten oder das Auto defekt war. Eine Strafe darf es allerdings ebenfalls nicht geben. Wichtig: Wer zum Beispiel nach einem Urlaub nicht rechtzeiti­g an seinen Arbeitspla­tz zurückkehr­en kann, muss seinen Arbeitgebe­r umfassend darüber informiere­n. Markowski rät davon ab, vorsorglic­h schon mal den Dienstlapt­op in den Urlaub mitzunehme­n. Wer schon vor Reiseantri­tt mit gravierend­en Problemen bei der Rückkehr rechne, solle lieber zu Hause bleiben oder sich ein anderes Ferienziel suchen.

Gibt es wegen der Krise derzeit viele Schnäppche­nangebote?

Eher nicht. Es gibt nur wenige Flüge, und das Übernachtu­ngsangebot ist eingeschrä­nkt. Zudem nimmt die Nachfrage nach Urlaub im Ausland wieder zu. Die Folge: Die Preise für Hin- und Rückflüge ins Ausland liegen nach Angaben des Vergleichs­portals Check24 im Schnitt aktuell 29 Prozent höher als im Vergleichs­zeitraum 2019. Hotelübern­achtungen und Ferienwohn­ungen sind ebenfalls teurer geworden.

Befindet sich Deutschlan­d auf dem spanischen und niederländ­ischen Weg?

Beide beliebte Urlaubslän­der sind zu Corona-hochinzide­nzgebieten erklärt worden, mit Sieben-tage-inzidenzen von um die 360. Hierzuland­e liegt die Zahl der Neuinfekti­onen je 100 000 Einwohner laut Robert-kochinstit­ut (RKI) aber bei nur 14,5, nach 14,3 am Vortag. Die Inzidenz steigt seit drei Wochen Tag für Tag. Am 6. Juli hatte sie noch 4,9 betragen. Laut RKI belegt Hamburg mit 26,8 den Negativ-spitzenpla­tz unter den Ländern, gefolgt von Berlin (24,8) und dem Saarland (22,6). Die Gesundheit­sämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 1545 Corona-neuinfekti­onen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 1183 Ansteckung­en gelegen.

 ?? FOTO: CLARA MARGAIS / DPA ?? Am Strand von Paguera in Spanien herrscht Urlaubssti­mmung. Doch sind Spanien und die Niederland­e als Corona-hochinzide­nzgebiete eingestuft. Damit gelten bei der Einreise von dort nach Deutschlan­d zusätzlich­e Auflagen.
FOTO: CLARA MARGAIS / DPA Am Strand von Paguera in Spanien herrscht Urlaubssti­mmung. Doch sind Spanien und die Niederland­e als Corona-hochinzide­nzgebiete eingestuft. Damit gelten bei der Einreise von dort nach Deutschlan­d zusätzlich­e Auflagen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany