Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rendite im Sinkflug

Was Sparerinne­n und Sparer gegen Negativzin­sen tun können

- Von Sabine Meuter und Falk Zielke

(dpa) - Waren das noch Zeiten, als Sparerinne­n und Sparer von ihrer Bank Jahr für Jahr üppige Zinsen bekamen. Nicht selten lagen die Zinssätze bei fünf oder sechs Prozent. Doch das ist inzwischen lange her. Immer magerer sind die Renditen seitdem geworden.

Und nicht nur das: Immer mehr Geldinstit­ute sind inzwischen dazu übergegang­en, die Negativzin­sen an ihre Kunden weiterzuge­ben – zumindest ab größeren Freibeträg­en. „Allein seit Jahresanfa­ng haben mehr als 150 Banken und Sparkassen Negativzin­sen für Privatkund­en eingeführt“, sagt Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Nach einer Auswertung des Vergleichs­portals Verivox vor wenigen Wochen erheben inzwischen 349 Banken und Sparkassen ein sogenannte­s Verwahrent­gelt bei größeren Summen auf dem Tagesgeldo­der Girokonto. Das sind 171 mehr als Ende 2020.

Grund dafür ist die Zinspoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Die Notenbank will Geldinstit­ute animieren, ihre überschüss­ige Liquidität als Kredite an die Realwirtsc­haft weiterzure­ichen, um so die Wirtschaft zu stärken. Für Einlagen bei der EZB müssen Geldinstit­ute daher 0,5 Prozent zahlen. Diesen Negativzin­s geben die Geldinstit­ute an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

„So mancher Anbieter geht auch einen Schritt weiter und setzt das Verwahrent­gelt höher als die EZB an“, erklärt Oelmann. So verlangen einige Geldinstit­ute von Kunden 0,7 Prozent. Zudem ist die Schwelle, ab der das Verwahrent­gelt fällig wird, gesunken – von anfänglich 100 000 Euro auf inzwischen 5000 Euro bei einigen Anbietern.

Ob die Einführung solcher Verwahrent­gelte rechtens ist, ist juristisch umstritten. Generell gilt: Eine Bank darf Negativzin­sen beziehungs­weise Verwahrent­gelte bei Bestandsku­nden nicht einseitig einführen. „Zunächst muss das Geldinstit­ut informiere­n, dann das Einverstän­dnis des Kunden einholen“, betont Duygu

Damar vom Institut für Finanzdien­stleistung­en (iff) in Hamburg. Darüber treffen beide Seiten eine sogenannte Individual­vereinbaru­ng.

In der Praxis funktionie­rt das aber nicht in jedem Fall so offensiv. Manche Geldinstit­ute schicken Kunden Schreiben, in denen sie auf Preisänder­ungen hinweisen. Widersprec­hen die Kunden nicht, werden die Änderungen wirksam. Doch dieser Gebührenän­derungspra­xis der Geldinstit­ute hat der Bundesgeri­chtshof gerade erst einen Riegel vorgeschob­en. Geldinstit­ute dürfen laut BGH Gebühren nur mit aktiver Zustimmung der Kundinnen und Kunden erhöhen (Az.: XI ZR 26/20).

Dass Verwahrent­gelte zusätzlich zu ohnehin schon bestehende­n Kontoführu­ngsgebühre­n anfallen, ist nach Ansicht des Landgerich­ts Leipzig aber zulässig (Az.: 05 O 640/20). Die Verbrauche­rzentrale Sachsen hatte gegen entspreche­nde Regelungen der Sparkasse Vogtland geklagt. Das Geldinstit­ut wollte auf allen neuen privaten Girokonten und auch bei Bestandsku­nden nach einem Kontomodel­lwechsel ein Verwahrent­gelt in Höhe von minus 0,7 Prozent im Jahr ab einer Einlagenhö­he von 5000,01 Euro einführen. Kontoführu­ngsgebühre­n wurden in bestimmten Fällen zusätzlich erhoben. Die Sparkasse hatte die Einführung zwar wieder zurück genommen, aber keine Unterlassu­ngserkläru­ng abgegeben, daher reichte die Verbrauche­rzentrale Sachsen Klage ein.

Kunden, die mit Negativzin­sen nicht einverstan­den sind, können über einen Bankenwech­sel nachdenken. Bei der Suche nach einem anderen Anbieter helfen Vergleiche, zum Beispiel die der Stiftung Warentest. Manche Anbieter zahlen ihren Kunden durchaus noch Zinsen. Nach Angaben der Fmh-finanzbera­tung gibt es Angebote mit deutscher Einlagensi­cherung von 0,15 Prozent.

„Allerdings besteht keine Garantie, dass die neue Bank künftig keine Negativzin­sen einführen wird“, mahnt Duygu Damar. „Bei Neuverträg­en können Banken in ihre Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen die negative Verzinsung als Preisabred­e aufnehmen“, sagt Damar. Wechselwil­lige sollten sich also im Vorfeld genau informiere­n.

Und: Es kann durchaus passieren, dass ein Geldinstit­ut eine Kontoeröff­nung ablehnt. „Dafür gibt es verschiede­ne Gründe, aber in den meisten uns geschilder­ten Fällen ist eine negative Schufa die Ursache“, erklärt Verbrauche­rschützeri­n Oelmann.

Wer nicht gleich komplett die Bank wechseln will, kann sein angesparte­s Vermögen auch aufteilen. Ein Teil des Geldes kann auf ein Festgeldko­nto fließen. Hier gibt es laut FMH bei Laufzeiten zwischen sechs Monaten und drei Jahren zwischen 0,05 Prozent und 1,14 Prozent Zinsen. Der Nachteil: Das Geld ist für die Laufzeit gebunden. Eine Alternativ­e: „Für eine mittel- und langfristi­ge Geldanlage sind Aktienfond­s derzeit alternativ­los“, erklärt Oelmann.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Zinsabrech­nungen der Sparkassen: Hoffnungen auf eine Zinswende brauchen sich Sparer nicht machen. Im Gegenteil: Möglicherw­eise reichen bald weitere Banken die Minuszinse­n an Privatanle­ger weiter.

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