Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Jahrhundert-turnerin ist nur Zuschauerin
Simone Biles muss Mannschaftsfinale „aus medizinischen Gründen“verlassen – Debatte über zu hohen Druck
(Sid/dpa) - Es waren bizarre Momente: Simone Biles klatschte, sie schrie, sie warf Küsschen in die Kamera – dabei war sie längst nur noch Zuschauerin. Während die sozialen Netzwerke rund um den Globus regelrecht explodierten, verfolgte der Kunstturn-superstar das olympische Mannschaftsfinale im weißen Trainingsanzug – mental nicht mehr fähig, an ein Gerät zu gehen. Unter Tränen erklärte Biles später die Beweggründe für ihren Wettkampfabbruch. „Ich musste tun, was richtig für mich ist und mich auf meine mentale Gesundheit fokussieren und nicht mein Wohlbefinden gefährden. Wenn ich turne, habe ich weniger Selbstvertrauen, weniger Spaß und bin nervöser. Es ist Mist, wenn man mit seinem eigenen Kopf kämpft.“
Die große Show von Biles war daher zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Die Goldmedaillen gingen an die Athletinnen des Russischen Olympischen Kommitees, die die personelle Schwächung der Us-girls nutzten und ihnen die erste Niederlage seit elf Jahren zufügten. Den dritten Platz holte Großbritannien. Russische Turnerinnen hatten zuletzt 1992 in Barcelona mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Teamgold gewonnen. Die deutschen Turnerinnen waren nur Zuschauerinnen im Finale, das Elisabeth Seitz, Kim Bui, Sarah Voss und Pauline Schäfer als Neunte in der Ausscheidung verpasst hatten.
Im Fokus stand aber Biles. Nach deren Entscheidung, nicht mehr antreten zu wollen, suchte sogar Iocpräsident Thomas Bach ein tröstendes Gespräch mit Biles. Die Ausnahmeathletin war nach dem ersten von vier Geräten ausgestiegen – „aus medizinischen Gründen“, wie der Usverband offiziell mitteilte. Umgehend wurde über mentale Probleme spekuliert. Eine Ansicht, die auch Fabian Hambüchen vertrat, der Reck-olympiasieger vermutete bei der Analyse ihres misslungenen Sprungs einen Blackout. „Vielleicht wollte man sie deshalb davor schützen, sich an den anderen Geräten zu verletzen“, sagte der Ex-weltmeister bei Eurosport.
Biles hatte die Halle nach einem verpatzten Abgang beim Sprung und anschließenden Diskussionen mit ihrer Trainerin plötzlich verlassen. Als sie rund zehn Minuten später zurückkehrte, gab das Us-team das vorzeitige Ausscheiden der Rekordweltmeisterin bekannt. Damit startete die Gold-mission der viermaligen Olympiasiegerin von Rio 2016 mit einer riesigen Enttäuschung. In die Medaillenentscheidung griff Biles nicht mehr ein, die Übungen am Stufenbarren,