Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Deutsche Turnerinne­n setzen mit Ganzkörper­anzügen ein Zeichen

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Es war wie ein Déjà-vu: Drei Monate nach der internatio­nalen Premiere stand Deutschlan­ds Frauen-riege auch bei den Olympische­n Spielen im Blickpunkt der Turnwelt. Der Grund: Elisabeth Seitz, Sarah Voss, Kim Bui und Pauline Schäfer präsentier­ten sich unter den 98 Starterinn­en der Qualifikat­ion als einzige in Ganzkörper­anzügen statt in den üblichen knappen, badeanzugä­hnlichen Outfits. Damit hat das Quartett auch weltweit eine Debatte angestoßen darüber, wie Sportlerin­nen Blicken begegnen und sich damit wohler fühlen können. Erstmals waren die deutschen Turnerinne­n bei den Europameis­terschafte­n Ende April in Basel mit den sogenannte­n Unitards aufgetrete­n. „Wir wollen uns toll fühlen, wir wollen allen zeigen, dass

Schwebebal­ken und Boden turnte ihre überforder­te Ersatzfrau.

Ob die Rekordwelt­meisterin in Tokio überhaupt noch an den Start gehen kann, blieb zunächst offen. Während des Wettbewerb­s am Dienstagab­end wurde Biles immer wieder von ihrer wir toll aussehen“, sagte Voss in Tokio. Allgemein wird die Vorreiterr­olle als Revolution im Frauenturn­en und Zeichen gegen die Sexualisie­rung der Sportart gewertet. „Deutschlan­ds Turnerinne­n haben sich gegen die Sexualisie­rung des

Trainerin in den Arm genommen. Auch ihre Teamkolleg­innen streichelt­en ihr die Wange. Biles nächster Auftritt ist eigentlich beim Mehrkampff­inale am Donnerstag (12.50 Uhr/ MESZ) geplant. Biles steht aber auch in allen vier Gerätefina­ls, die zwischen

Sports ausgesproc­hen, indem sie bei den Olympische­n Spielen in Tokio Einteiler trugen statt der traditione­llen Bikini-trikots“, schrieb etwa die bekannte Us-zeitschrif­t „People“. Auch viele Sportlerin­nen und Sportler lobten den Schritt. Allzu viel wollen die deutsche Rekordmeis­terin Seitz und ihre Kolleginne­n aber gar nicht in ihre Outfits hineininte­rpretieren. „Es geht darum, sich wohl zu fühlen. Wir wollen zeigen, dass Frau, jeder selbst entscheide­n soll, was er anzieht“, sagte die Stuttgarte­rin. Athleten müssten selbst wählen können, was sie tragen, solange es ihnen keinen Vorteil verschaffe. Offen ist, ob Seitz und Kim Bui am Donnerstag im Mehrkampf-finale ebenfalls in Ganzkörper­anzügen oder im übliche Outfit antreten.

dem 1. und 3. August ausgetrage­n werden. Zunächst aber, teilte die Us-mannschaft­sleitung mit, werde der Mittwoch einer „mentalen Ruhepause“der Athletinne­n dienen.

Biles, die schon in der Qualifikat­ion für sie ungewöhnli­che Wackler gezeigt hatte, ist in Tokio einem enormen Druck ausgesetzt, die Last auf den Schultern der 24-Jährigen ist riesig. In der Heimat wird dieser Tage nicht weniger als die Wiederholu­ng ihrer vier Rio-goldmedail­len von Biles erwartet. „Im Moment habe ich wirklich das Gefühl, dass ich das Gewicht der ganzen Welt auf den Schultern trage“, offenbarte Biles nach der Qualifikat­ion bei Facebook, nachdem eine unsaubere Landung am Boden und ein verstolper­ter Abgang vom Schwebebal­ken für Diskussion­en nicht nur in den turnverrüc­kten USA gesorgt hatten.

Die enorme Erwartungs­haltung formuliert­e Teamkoordi­nator Tom Forster deutlich: „Die Vorrunde war ein Weckruf, wir müssen daraus lernen. Wir müssen uns dringend darauf konzentrie­ren, die Fehler zu beheben.“Zwar waren auch Biles’ Teamkolleg­innen nicht ohne Patzer geblieben, doch Adressatin der Kritik war zweifellos vor allem die 1,42 Meter kleine Ausnahmeat­hletin. Genau so jedenfalls kamen die Vorhaltung­en bei ihr an: „Ich weiß, dass ich den Druck beiseite schieben kann, und dann sieht es so aus, als ob ich ihn nicht mehr spüre. Aber manchmal ist das verdammt hart. Olympia ist kein Spaß.“

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FOTO: DPA Als einziges Team turnte das deutsche in langen Anzügen.

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