Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Musikalische Reise durch Länder und Stilrichtungen
Bariton Dilian Kushev gab Kirchenkonzert vor vielen Besuchern in Bad Buchau
- Dilian Kushev aus Bulgarien ist in Bad Buchau kein Unbekannter. Wiederholt, auch mit der singenden Gruppe „Sacralissimo“war er in der Evangelischen Kirche in Bad Buchau zu Gast. Ihm zuzuhören ist stets ein Genuss, vor allem, wenn er wie beim jüngsten Konzert als Solist auftritt. Unter Verzicht auf jegliche Requisiten war die Aufmerksamkeit der Zuhörer nur auf ihn und die Kunst seines Gesangs ausgerichtet.
Obwohl Kushev in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Kirchenraum auftreten konnte, fühlte sich der Abend an wie eine intime Konzertstunde in einer fast familiären Atmosphäre. Auch auf einen mitgestaltenden Pianisten hatte der Sänger dieses Mal verzichtet. Die instrumentale in weiteren Bereichen unaufdringliche Begleitung kam vom Band, auch das Unterstreichen des Gesangs durch großartige Gestik war auf ein Minimum reduziert. So wurde die musikalische Reise durch Länder, Stilrichtungen und Kontinente ganz auf die Stimme und Ausdruckskraft des Künstlers beschränkt.
Bereits mit „Ave Maria“als einem der Klassiker der geistlichen Chorliteratur spannte Dilian Kushev den Bogen zu einem musikalischen Erlebnis. Auch seine Darbietung des gern gehörten „Panis Angelicus“hatte nicht allzuviel zu tun mit der Klangwucht der Don-kosaken-chöre zu tun. Noch viel mehr stand „Ich bete an die Macht der Liebe“, in Deutsch gesungen, mit vielen zartfühlenden Passagen verziert, ganz im Gegensatz zu opernhaften Interpretationen, die für ihn mit seinem immensen Stimmumfang leicht zu realisieren sind. Doch gerade hier spürten die Zuhörer die ins Innere des Menschen zielende Wirkung der Musik, die Herzen zum Schwingen bringt.
Als Gegensatz dazu entfaltete Kushev seine voluminöse Stimme, die weitaus größere Säle mühelos zu füllen imstande ist, um fast unvermittelt in den Bereich dezenter Gestaltung vor allem in den höheren Partien der menschlichen Stimme zurückzukehren. Vielleicht hat mancher Zuhörer kurz den Kopf geschüttelt, als zwischen geistlichen Gesängen plötzlich das „Wolga-lied“auftauchte. Doch in Kushevs vielfältiges Konzertprogramm passte die wiederum auf Deutsch gesungene stimmlich variable Interpretation zu weitaus dezenter Instrumentalbegleitung. Besonders die Zeilen „Hast du vergessen“oder „Du hast im Himmel viel Engel bei dir“in selten gehörter transparenter Ausgestaltung fanden den Weg zu den Zuhörern und wurden mit besonders viel Applaus gewürdigt.
Da etliche der in russischer Originalsprache vorgestellten Werke auch ins deutsche Musikleben Eingang gefunden haben, wäre es hilfreich gewesen, wenn der Interpret wenigstens die Titel in der deutschen Übersetzung angegeben hätte. Gut verständlich, nach dezentem Piano mit auffallend stimmkräftigen Passagen versehen „Lippen schweigen, hab mich lieb“der zunächst recht zart formulierte Blick zu „Santa Lucia“gen Napoli bis hin zum recht voluminösen Schlusstakt.
Mit modernen geistlichen Liedern in englischer Sprache wie „You raise me up“, stimmlich angenehm zurückhaltend interpretiert, zeigte Kushev die beachtenswerte Bandbreite seines Repertoires. Auch hier kam die Transparenz seiner Kopfstimme in der Atmosphäre der Bad Buchauer Kirche als Bestandteil seines großen Klangspektrums sehr zum Tragen. Dazu passte ein intimes „Halleluja“voll weich fließenden Übergängen zwischen den einzelnen Liedzeilen wie auch übergangslos der Blick zum Mond in der Gestalt eines Volkslieds aus der Ukraine.
Das stets gern gehörte „O sole mio“durfte in großem Klangreichtum ebenso wenig fehlen wie der Einblick in die tonlich angenehme Volksliedkunst seiner Heimat Bulgarien. Nach viel Beifall für eine inhaltlich und stimmlich variantenreiche Konzertstunde verabschiedete sich Dilian Kushev mit der sehr anschmiegsamen Ausdeutung von „Guten Abend, gut Nacht, mit Rosen bedacht.“