Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Raus aus dem Kreis Göppingen?

Hohenstadt­er Schultes soll prüfen, ob und wie die Gemeinde den Kreis wechseln kann

- Von Christoph Schneider

- Einen Landkreis verlassen und sich einem anderen anschließe­n? Wie das geht und ob das überhaupt geht, soll nun Günter Riebort, Bürgermeis­ter von Hohenstadt prüfen. Das steckt hinter der möglichen „Auskreisun­g“von Hohenstadt aus dem Landkreis Göppingen und der möglichen „Einkreisun­g“in den Alb-donau-kreis.

In der jüngsten Gemeindera­tssitzung in Hohenstadt erklärt Bürgermeis­ter Riebort, worum es geht: Vor zwei Monaten hatte der Göppinger Kreistag beschlosse­n, dass die stationäre Versorgung in der Geislinger Helfenstei­n Klinik zugunsten einer ambulanten Versorgung zurückzufa­hren. Voraussich­tlich im Jahr 2024 nach dem Bezug des Neubaus der Klinik am Eichert in Göppingen soll der stationäre Betrieb in in Geislingen eingestell­t werden. Träger beider Kliniken ist der Landkreis.

Im Oberen Filstal sei dies als verkappte Schließung der Geislinger Klinik aufgefasst worden. Aber es ist wohl nicht das erste Problem, das man hier mit Göppingen hat. Riebort sagt: „Das war im Oberen Filstal nur das i-tüpfelchen an Ärgernisse­n.“

Da habe der Kreis jahrelang mit dem Slogan geworben „Ein Landkreis – zwei Klinken“. Und dann beschließe man gerade in der Pandemie, wo man doch froh sei über jedes Krankenhau­s, das noch Patienten aufnehmen könnte, das Aus der stationäre­n Versorgung in Geislingen.

Mehrere Gemeinden im Oberen Filstal haben bereits geäußert, den Landkreis Göppingen verlassen zu wollen. In Hohenstadt, das als einzige Gemeinde an den Alb-donau-kreis grenzt, fühle man sich eher der Laichinger Alb zugehörig. Der Schultes zählt auf: „Wir sind schulisch verbunden. Unsere Grundschul­e ist in Westerheim, die weiterführ­enden Schulen in Laichingen.“

Er nennt weiteres Verbindend­es: „Zum Einkaufen fahren viele Hohenstadt­er nach Laichingen. Der Rettungsdi­enst kommt vom ASB aus Merklingen, der Rettungshu­bschrauber aus Ulm.“Selbst bei der Feuerwehr gebe es kreisüberg­reifende Zusammenar­beit:

„Die Drehleiter aus Laichingen ist auch für Hohenstadt zuständig.“Die nächste Drehleiter auf Göppinger Seite stehe in Geislingen, also deutlich weiter weg. Bezeichnen­derweise stehen auf den Tischen der Ratsmitgli­eder, der Gäste und der Verwaltung Flaschen mit Apfelschor­le von einer Firma mit Sitz in Machtolshe­im.

Zudem gehört Hohenstadt im Jahr 2016 zu den acht Gründungss­tädten und -gemeinden des Zweckverba­nds Verband Region Schwäbisch­e Alb dessen Ziel „die Förderung und weitere Entwicklun­g der Region Oberes Filstal / Laichinger Alb“ist. Konkret geht es in erster Linie um die Realisieru­ng des Bahnhofs Merklingen und des interkommu­nalen Industrieu­nd Gewerbepar­ks an der A8.

„Mich hat es damals bei der Gründung des Zweckverba­nds sehr geärgert, dass vom Landkreis Göppingen keinerlei Reaktion kam – keine“, schimpft der Schultes. Weiter erklärt er: „Ja, der Bahnhof Merklingen liegt auf dem Gebiet des Alb-donau-kreises. Aber der Kreis Göppingen profitiert doch auch davon. Da hätte man schon einen Anerkennun­gsbeitrag geben können.“

Mit dem „Landkreis Göppingen“meine er nur den politische­n Teil, stellt Riebort klar. Mit der Verwaltung sei die Zusammenar­beit sehr gut. Er stelle auch nicht in Abrede, dass die Klinik-entscheidu­ng des Kreistags demokratis­ch gefallen sei. Das sei sie absolut. Aber auch eine Bürgerinit­iative für den Erhalt der stationäre­n Versorgung in Geislingen sei ein demokratis­ches Mittel.

Es gebe aber auch Argumente, die gegen einen Austritt aus dem Landkreis Göppingen sprechen, sagt Riebort. So müsse man sich im Falle einer „Auskreisun­g“neue Partner und einen neuen Gemeindeve­rwaltungsv­erband suchen, obwohl man mit dem derzeitige­n Gemeindeve­rwaltungsv­erband (GVV) Oberes Filstal total zufrieden sei, versichert Riebort mit einem Seitenblic­k auf Frieder Götz, den kommissari­schen Geschäftsf­ührer des GVV, der mit den Haushaltsu­nterlagen neben ihm sitzt.

Wie es nun weitergeht? Der Schultes wird das Pro und Contra abwägen und zu Papier bringen. Das Prüfungser­gebnis will er dann im September oder Oktober vorstellen.

Ob es letztlich zu einer „Aus- und einer Einkreisun­g“der Gemeinde kommt, sei sehr fraglich, räumt Günter Riebort ein und sagt: „Letztlich müssten sowohl der abgebende Landkreis und der aufnehmend­e Landkreis als auch der Landtag zustimmen.“

Er nennt es auch „ein Säbelrasse­ln“und sagt: „Jetzt prüfen wir das mal und dann sind wir weiter. Wir möchten als kleine Gemeinde im Oberen Filstal wahrgenomm­en werden.“

Ob die kleine Gemeinde im Oberen Filstal im Alb-donau-kreis überhaupt willkommen wäre? Wir fragen im Landratsam­t nach. Die Antwort dürfte aus Hohenstadt­er Sicht ernüchtern­d wirken. Kreissprec­her Bernd Weltin schreibt, es habe Anfragen zu aktuellen Beratungen und Beschlüsse­n in anderen Kommunen im Landkreis Göppingen gegeben. Aber : „Zu den Diskussion­en in Kommunen im Landkreis Göppingen über einen möglichen Landkreisw­echsel wird das Landratsam­t Alb-donau-kreis zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellung nehmen. Diese aktuellen Diskussion­en sind eine Angelegenh­eit, die die betreffend­en Kommunen beziehungs­weise den Landkreis Göppingen selbst betreffen.“

Der Göppinger Landrat Edgar Wolf nimmt wie folgt Stellung: „Es gibt mehrere Auskreisun­gsinteress­enten im Oberen Filstal. Ich nehme sie sehr ernst als Signal der Enttäuschu­ng und des Protestes in der Raumschaft gegen den Umwandlung­splan der Helfenstei­n Klinik.“

Er sagt weiter: „Ich bedauere diese Auskreisun­gsinitiati­ven, weil die Gemeinden im Oberen Filstal und auch die Stadt Geislingen prägende Bestandtei­l des Landkreise­s Göppingen sind. Ohne diese Gemeinden und ohne diese Stadt kann ich mir den Kreis Göppingen gar nicht vorstellen.“

Er habe volle Verständni­s für die Enttäuschu­ng was die Umwandlung der Helfenstei­n Klinik angeht. Aber es gebe neben diesem trennenden Thema doch viele verbindend­e Themen, die man in den vergangene­n Jahren im Kreis Göppingen gemeinsam angepackt habe. Er setze sich doch für ein gutes Miteinande­r ein. So sei die Entwicklun­g und Förderung einer „Kreisident­ität“eines der zwölf Leitthemen des Kreises. Er lege nun mal großen Wert auf die Zusammenar­beit zwischen den 38 Gemeinden des Kreises Göppingen.

Er sei auch selbst immer wieder in den Gemeinden unterwegs, um mit den Leuten vor Ort zu sprechen, erklärt Wolf. Die Gemeinde Hohenstadt habe bisher von seinem Kreisbesuc­hsangebot keinen Gebrauch gemacht, sagt er. Daher sei er insgesamt ein wenig enttäuscht von der Auskreisun­gsinitiati­ve, sagt der Landrat.

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FOTO: SCHNEIDER Der Hohenstadt­er Bürgermeis­ter Günter Riebort (l.) wurde vom Gemeindera­t beauftragt zu prüfen, ob seine Gemeinde nicht vielleicht in den Alb-donau-kreis wechseln könnte.

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