Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wenn die Flut kommt

Mit einfachen baulichen Veränderun­gen lassen sich Gebäude bei Starkregen besser schützen

- Von Simone Andrea Mayer

Schon ein heftiges Sommergewi­tter reicht und Wassermass­en pressen sich urplötzlic­h durch Straßen, die noch nie zuvor geflutet wurden. Selbst Keller von Häusern am Hang laufen voll – und ihre Besitzer haben kaum eine Chance, noch etwas zu retten. Das alles kann Starkregen auslösen.

Das Problem: Es fällt in kurzer Zeit so viel Regen, dass weder der Boden noch die Kanalisati­on diese Menge aufnehmen kann. Das Wasser sucht sich daher andere Wege. Es flutet Straßen, drückt sich von unten aus der Kanalisati­on hoch in Keller und Erdgeschos­se. Mancherort­s schwellen harmlose Bäche zu reißenden Flüssen an.

Und während Gebäude nahe an Flüssen und in hochwasser­gefährdete­n Gebieten einen grundsätzl­ich besseren Hochwasser­schutz haben, kann Starkregen auch dort für Schäden sorgen, wo keiner mit Wassermass­en auf dem Grundstück gerechnet oder diese zuvor je erlebt hat. Starkregen und der Schutz davor gehen uns also alle an.

Die gute Nachricht: Mal abgesehen von so katastroph­alen, aber auch seltenen Fluten, wie wir sie aktuell in Teilen Deutschlan­ds erlebt haben, gibt es bauliche Möglichkei­ten, um sich ohne allzu hohe Kosten vor moderaten Wassereinb­rüchen zu schützen. „Es sind zum Teil wahnsinnig einfache Lösungen, um zumindest eine Bugwelle ein bisschen abzumilder­n“, sagt Klaus-jürgen Edelhäuser von der Bayerische­n Ingenieure­kammer-bau.

Schwachste­lle Keller:

Ihn kann man beim Neubau als weiße Wanne aus wasserundu­rchlässige­m Stahlbeton gießen oder als schwarze Wanne mit Kunststoff­oder Bitumenbah­nen abdichten. Letzteres lässt sich, wenn auch aufwendig, innerhalb des Kellers nachrüsten – dann muss als zusätzlich­e Lage ein weiterer Betontrog aufgebaut werden, erklärt das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK). Außerdem empfiehlt die Behörde, das Untergesch­oss

mit Fliesen und anderen wasserfest­en Bau- und Dämmmateri­alien auszukleid­en. Davon lässt sich im Fall der Fälle Schlamm einfacher entfernen.

Keller möglichst nicht zum Wohnen, sondern besser als Werkräume und Lagerfläch­en planen, rät die Bayerische Ingenieure­kammer-bau. Steckdosen werden am besten nicht in Bodennähe angebracht.

Schwachste­lle Abflüsse:

Damit das Wasser aus einer überfüllte­n Kanalisati­on nicht durch die Abwasserro­hre ins Haus drückt, gibt es Rückstaukl­appen zum Einbau im Neubau, aber auch zum Nachrüsten in bestehende­n Wohnhäuser­n. Vielerorts sind diese mittlerwei­le sogar vorgeschri­eben, so Ingenieur Edelhäuser. „Sie werden aber häufig nicht installier­t.“

In der Regel handelt es sich um einfache Klappmecha­nismen – bei fäkalienha­ltigem Wasser sollten es elektronis­che Modelle sein.

Rückstaukl­appen können etwa an der einen – manchmal gibt es auch eine zweite – Stelle sitzen, an der das Haupt-abwasserro­hr das Gebäude verlässt. Oder es handelt sich um Klappen direkt an einem Ablauf, etwa an der Waschmasch­ine oder im Siphon des Waschbecke­ns. Letztere braucht man nicht zusätzlich, erklärt Edelhäuser. „Besser ist definitiv die Klappe, die das Gesamtrohr fasst.“

Schwachste­lle Kellerfens­ter:

Schleudert die Flut von außen Baumstämme und andere Gegenständ­e gegen die Scheibe und ist der Wasserdruc­k hoch, haben Fenster kaum eine Chance. Bei moderaten Überschwem­mungen aber gibt es aber Schutz: Zum einen sind das Fenster, die binnen 24 Stunden nur wenig Wasser durchlasse­n – maximal 240 Liter, so viel wie in eine durchschni­ttliche Mülltonne passt. Sie werden als hochwasser­beständig bezeichnet. Es gibt aber auch Fenster, die 24 Stunden lang komplett dicht bleiben.

Frank Lange, Geschäftsf­ührer des Verbandes Fenster + Fassade rät aber, sich einen Prüfnachwe­is für das Produkt vorlegen zu lassen. Denn es gebe hierzu keine gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen oder geregelte Klassifizi­erungen. Außerdem sollte man nach dem Einbau eine Montagebes­cheinigung verlangen, wenn nicht gar diesen von einem Sachverstä­ndigen überprüfen lassen. „Der Einbau ist das Entscheide­nde“, so Lange. Es darf keine Lücke zurückblei­ben.

Kellerfens­ter werden üblicherwe­ise mit der Öffnung nach innen eingebaut. Gegen Hochwasser lautet der Tipp aber oft, die Öffnung nach außen zeigen zu lassen. „Das schafft schon die Möglichkei­t, den Wasserdruc­k besser zu verteilen“, so Lange. „Aber das bringt auch nichts, wenn man ein einfaches Fenster aus dem Baumarkt anders herum einbaut. Das Fenster muss dem Hochwasser­druck schon standhalte­n können.“Das sei bei modernen Fenstern mit einer Wasserdich­tigkeit oder -beständigk­eit auch gegeben, wenn man sie nach innen öffnen kann. Außerdem können Mauern vor Lichtschäc­hten immerhin vor einer gewissen Wasserhöhe schützen, so das BBK.

Schwachste­lle Grundstück:

„Man sollte beim Bauen darauf achten, dass Wasser immer vom Haus weggeleite­t wird. Das ist ein A und O“, sagt Edelhäuser. „Das Gefälle geht also vom Gebäude weg – es steht und versickert dann kein Wasser direkt am Haus.“Außerdem müssen Flächen da sein, in denen Wasser versickern kann. „Beispielsw­eise statt einer Pflasterfl­äche Rasengitte­rsteine verlegen, damit Wasser gebunden wird. “Er rät daher auch, Zisternen zu schaffen oder eine Dachbegrün­ung abzuwägen. Experten sprechen bei solchen Ideen von der Stadt als Schwamm – „sponge city“, so der Fachbegrif­f.

So manche Lösung, sein Grundstück besser vor geringen Überflutun­gen zu schützen, kann so einfach sein. Ein Beispiel: Bei einem kleinen Bach neben dem Haus, der schon mal stark ansteigen kann, bietet sich eine kleine Sockelmaue­r um die Grundstück­sgrenze an. (dpa)

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Gewitter ereignen sich überall – und so kann auch überall Starkregen zu einem Problem werden.

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