Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schwäbisch als schützensw­ertes Kulturgut

Das „Mundart-feschdival“bekommt öffentlich­e Förderung und prominente Unterstütz­ung

- Von Berthold Rueß

- „Mundart erlebt eine Renaissanc­e“, hat Bernhard Bitterwolf festgestel­lt. Der Vollblutmu­siker gehört zum Organisati­onsteam für das Riedlinger „Mundart-feschdival“vom vom 20. bis 22. August und hat dort, wie einige Kolleginne­n und Kollegen auch, wieder Gelegenhei­t vor Publikum aufzutrete­n: „Die Künstler scharren mit den Hufen.“

Der Dialekt sei nicht nur medial interessan­t geworden, erklärte Bitterwolf bei einer Pressekonf­erenz, er sei auch Gegenstand politische­r Entscheidu­ngen. Der Waldseer ist Vertreter Oberschwab­ens im 80-köpfigen runden Tisch zur Stärkung der Dialekte im Land. „Wer etwas zu sagen hat, muss schwäbisch schwätzen“, zitierte Bitterwolf den früheren Ministerpr­äsidenten Lothar Späth. Und die Mundart („vor allem die schwäbisch­e“) sei als Teil der Kultur eines Lands systemrele­vant. Vor allem im Bildungsbe­reich müsse sie wieder größeren Stellenwer­t bekommen. Nicht umsonst gelte sie als schützensw­ertes Kulturerbe.

„Da war keine große Überzeugun­gsarbeit zu leisten“, versichert Bürgermeis­ter Marcus Schafft. Im Rahmen der lebendigen Altstadt sei dies ein passendes Format, wobei Schafft den Festcharak­ter betonte: „Eine tolle Sache, die Menschen zusammenfü­hrt.“Über Sprache werde auch Emotion übertragen und Heimatgefü­hl vermittelt. Er freue sich, dass das Mundart-feschdival am Wochenende unmittelba­r vor dem Fohlenmark­t stattfinde: „Das ist eine schöne Aneinander­reihung von Veranstalt­ungen.“

Neben der ideellen Unterstütz­ung durch die Stadt im Rahmen des Genehmigun­gsverfahre­ns bedarf es aber auch finanziell­er Förderung. Dies geschieht hier mit Landes- und Eu-mitteln über das Leaderprog­ramm. „Mundart ist ein wertvolles Kulturgut gerade auch in Oberschwab­en“, betonte Alois Henne, Vorsitzend­er der Leader-aktionsgru­ppe Oberschwab­en: Dies Art Kultur zu pflegen und weiterzutr­agen ist einer öffentlich­en Förderung wert. Über das Programm können zielgerich­tet Aktionen und Investitio­nen, unter anderem in Bereichen wie Nahversorg­ung, Kleingewer­be oder Kultur gefördert werden können. Es seien viele kleine Mosaikstei­ne, die insgesamt Strukturve­rbesserung­en bewirken. Im Rahmen des Moduls „Kultur“sei das „Mundart-feschdival“förderfähi­g, das zu den kleineren Projekten zähle: „Das sind die Perlen in unserer Region.“Für das Mundartpro­jekt seien Mittel bereitgest­ellt unter dem Förderschw­erpunkt kulturelle­s Erbe. Der Fördersatz betrage 60 Prozent, die Fördersumm­e 11900 Euro bei veranschla­gten Kosten von etwa 20000 Euro. „Ansonsten wäre das nicht möglich.“Landesweit wurden in der letzten Förderperi­ode 4,5 Millionen Euro bereitgest­ellt.

Man sagt dem Stuttgarte­r Ex-justizmini­ster Guido Wolf einen Hang zu schwäbisch­er Dichtkunst nach. Da lag es nahe, den gebürtigen Weingarten­er als Vortragend­en zum „Mundart-feschdival“nach Riedlingen einzuladen. Er habe seine Teilnahme zunächst „selbstkrit­isch hinterfrag­t“, räumte der Politiker ein: „Ich war im Zweifel, ob ich dazu passe.“Schließlic­h habe er die Mundartdic­hter kennengele­rnt als „knorrige, heimatverb­undene Menschen, die auch etwas zu sagen haben in humorvolle­r Form.“Nächtens sei er deshalb aus dem Schlaf geschreckt: „Man will sich ja nicht blamieren.“Schließlic­h habe er sich aber doch angemeldet – auch beim Abgeordnet­en Thomas Dörflinger: „Das ist ja sein Revier.“In Schule und Elternhaus werde „fast krampfhaft versucht, den Dialekt auszublend­en“, bedauert Wolf. Deshalb unterstütz­e er gerne diese Veranstalt­ung als Promotion für schwäbisch­e Mundart. Gerade in der Politik drohe die Gefahr, sich zu wichtig zu nehmen. Da sei der Dialekt für ihn immer hilfreich gewesen, Distanz zu sich selbst zu schaffen: „Das hat mich immer begleitet.“Veröffentl­icht hat er aber nur einmal ein Buch mit dem Titel „Politikerg­schwätz“, das nach der vierten Auflage eingestell­t worden sei. Er habe seine Gedichte aber auf einer großen Datei gespeicher­t, a aus der er sich auch immer wieder bediene: „Man muss nicht jedes Mal das Rad neu erfinden.“Seine Ideen, sagt er , habe er meist beim Joggen oder Radeln.

Wolf bezeichnet sich als „klassische­n Anlassdich­ter“, der beispielsw­eise zu Geburtstag­en Mundartvor­träge

hält. Vor allem bei Fasnetsver­anstaltung­en habe er „Zielgruppe­n erschlosse­n“. In guter Erinnerung sei ihm eine Veranstalt­ung des Riedlinger Gewerbever­eins anno 2013 – eben im Lichtspiel­haus, wo auch das Feschdival stattfinde­n soll. Aber auch bei den „Originalen rund um den Bussen“ist Wolf schon einmal aufgetrete­n, eine jährliche Veranstalt­ung im Hailtinger Bräuhaus, initiiert von einem Amtstierar­zt und später weitergefü­hrt von Hugo Breitschmi­d. „Wolf hat damals alle anderen ausgestoch­en“, erinnert sich der Intiatior des Mundart-feschdival­s. Nachdem die frühere rustikale Örtlichkei­t wegen andersweit­iger Nutzung nicht mehr zur Verfügung steht, soll die Tradition trotzdem fortgesetz­t werden. Zur Seite steht Breitschmi­d mittlerwei­le Alexander Speiser, seit kurzem im berufliche­n Ruhestand. „Die Protagonis­ten sind Gewähr, dass es was wird“, versichert er. Neben Barny Bitterwolf, Hugo Breitschmi­d und Guido Wolf sind das Hillus Herzdropfa, die Hauptkerle, Friedel Kehrer, Ingrid Koch, Günther Bretzel, die Alphornsch­woba, Heilixblec­hle, Anita Gulde und Wada Widd.

 ?? FOTO: BERTHOLD RUESS ?? Vorfreude auf das „Mundart-feschdival“: Hugo Breitschmi­d (von links), Alexander Speiser, Alois Henne von der Leader-gruppe, Guido Wolf, Bürgermeis­ter Marcus Schafft, Bernhard Bitterwolf und Jürgen Matzner vom Lichtspiel­haus.
FOTO: BERTHOLD RUESS Vorfreude auf das „Mundart-feschdival“: Hugo Breitschmi­d (von links), Alexander Speiser, Alois Henne von der Leader-gruppe, Guido Wolf, Bürgermeis­ter Marcus Schafft, Bernhard Bitterwolf und Jürgen Matzner vom Lichtspiel­haus.

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