Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weiter Streit um Corona-impfungen für Jugendliche
Geteiltes Echo auf Empfehlung der Politik – FDP-CHEF Lindner: „Stiko nicht drängen“
- Die Entscheidung der Gesundheitsministerkonferenz, Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren verstärkt Corona-impfungen anzubieten, hat ein geteiltes Echo ausgelöst. So kritisierten der Berufsverband der Kinderund Jugendärzte und der Virchowbund, in dem niedergelassene Ärzte organisiert sind, am Dienstag in einer Stellungnahme eine „Demontage“der Ständigen Impfkommission (Stiko) durch die Politik. Jedoch gibt es auch Zustimmung zu diesem Vorgehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte in Berlin zum wiederholten Mal die Freiwilligkeit des Impfangebots für 12- bis 17-Jährige. Stiko-chef Thomas Mertens reagierte gelassen.
FDP-CHEF Christian Lindner nannte im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“die niederschwelligen Impfangebote für Kinder und Jugendliche richtig, warnte aber davor, die Stiko zu drängen. Es müsse stets den Familien sowie den Kindern und Jugendlichen selbst überlassen bleiben, ob sie die Angebote nutzen.
Generelle Ablehnung kam vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sowie vom Virchowbund. „Bei aller berechtigten Kritik an der Transparenz der Entscheidungen, der Kommunikation und Geschwindigkeit
der Stiko lehnen wir den gestrigen faktischen Eingriff in die wissenschaftliche Unabhängigkeit ab und weisen ihn zurück“, erklärten die Verbände. Es sei kontraproduktiv, die unabhängigen und wissenschaftlich begründeten Empfehlungen der Stiko infrage zu stellen. Gleichzeitig mahnten sie die Stiko zur Eile. Weltärztepräsident Frankulrich Montgomery warf der Politik „Wahlkampfgetöse“vor. Lob kam vom Vorsitzenden der Sächsischen Impfkommission, Thomas Grünewald. „Der individuelle Nutzen für ein Kind ist deutlich größer als der Schaden oder die Probleme, die eine Impfung anrichten kann“, sagte er.
Stiko-chef Mertens reagierte besonnen. Den Druck aus der Politik auf sein Gremium halte er für „wenig hilfreich“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Zugleich bedeute die Entscheidung der Gesundheitsminister „keine grundsätzliche Änderung der derzeitigen Situation“. Der Ulmer Virologe erklärte weiter: „Die Impfung der Kinder in dieser Altersgruppe ist auch jetzt möglich.“Die Politik könne das Angebot „im Sinne einer allgemeinen Vorsorgemaßnahme durchaus machen“. Die Stiko arbeite „mit Hochdruck“an einer Empfehlung. Er hoffe, dass sie „in den nächsten zehn Tagen“fertig sei. Bislang empfiehlt das Gremium die Impfung für 12- bis 17-Jährige nur bei besonderen Risiken.