Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Chance verpasst trotz mehr Stellen

- Von Kara Ballarin ●» k.ballarin@schwaebisc­he.de

Tausende neue Stellen in Baden-württember­gs Landesverw­altung hat Grün-schwarz in den vergangene­n Jahren geschaffen, Hunderte in den Ministerie­n des Landes, ganz neu kam sogar ein weiteres Ministeriu­m hinzu – und natürlich gönnt sich Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) stetig mehr Personal für seine Regierungs­zentrale. Ärgerlich ist das aus zwei Gründen: Zum einen passt diese Prasserei so gar nicht zum Gebot des Sparens, das die Koalition wie eine Monstranz vor sich herträgt. Zum anderen hat Kretschman­n noch keinen plausiblen Grund für den massiven Zuwachs an Stellen geliefert.

Als der Steuerzahl­erbund der neuen Landesregi­erung im Mai vorwarf, den Regierungs­apparat aufzublähe­n, reagierte Kretschman­n mit einem Totschlaga­rgument: Es sei merkwürdig, an der Demokratie zu sparen. All die Stellen seien nötig, um das Land gut zu regieren. Sind die vielen neuen Staatssekr­etärsposte­n, damit nun jeder Minister mindestens einen hat, nicht eher der Koalitions­räson geschuldet? Nein, sagt Kretschman­n, denn: „Alle wollen mit dem Papst reden, keiner mit dem Bischof.“Die Stellen brauche es für die politische Kommunikat­ion. Wenn dieses Bild von der „Verpapstun­g der Politik“aber stimmt, wollen dann nicht alle mit dem Minister sprechen statt mit dessen rechter Hand, einem „einfachen“Staatssekr­etär?

Mit dem Start dieser grünschwar­zen Neuauflage verpasst Kretschman­n eine große Chance. Seit Jahren träumt er vom grundlegen­den Umbau der Verwaltung – weg vom Tunnelblic­k der eigenen Zuständigk­eit, hin zu mehr Kooperatio­n. Das fast utopisch klingende Ziel: Einzelne Minister beackern nicht mehr einen Bereich, sondern Arbeitsgru­ppen kümmern sich um Themenkomp­lexe. Für solch einen Umbau wären zusätzlich­e Stellen denkbar, zumindest für eine Übergangsz­eit, bis eine solche Struktur eingespiel­t ist. Dieser Koalition fehlt aber der Mut für einen solchen Umbau. Mehr Stellen gibt es trotzdem. Und ein paar weitere Strategied­ialoge, mit denen Kretschman­n interdiszi­plinäres Arbeiten üben kann.

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