Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wie Sparer Robo-advisor nutzen können
Roboter-berater haben unterschiedliche Anlagestrategien zum Vermögensaufbau
- Steigende Inflationsraten und die Sparzinsen auf Rekordtief – Zinssparer stecken derzeit in einem Dilemma: Mit klassischen Sparanlagen wie Tages- oder Festgeld können Anleger die aktuelle Inflationsrate derzeit nicht mal mehr ausgleichen, unterm Strich entstehen reale Verluste. Wer langfristig Vermögen aufbauen will, muss seinen Blick auf risikoreichere Anlagen lenken wie Aktien oder ETFS. Doch wie soll man sich dem Thema annähern, wenn man wenig Ahnung hiervon hat oder schlicht keine Zeit, seine Geldanlagen zu managen? Genau hier kommen die sogenannten Robo-advisor ins Spiel.
Der Begriff „Robo-advisor“leitet sich von den englischen Wörtern „robot“(Roboter) und „advisor“(Berater) ab, meint also quasi einen „Roboter-berater“. Vereinfacht gesagt handelt es sich um ein Computerprogramm, das Anlageentscheidungen trifft beziehungsweise vorschlägt. Der Kunde legt zunächst einen Anlagebetrag fest. Dann füllt er auf der Online-plattform einen Fragebogen aus. Dabei klopft der Roboter verschiedene Parameter wie etwa Anlagezweck, finanzielle Verhältnisse und eventuelle Wertpapierkenntnisse des Kunden ab. Auf Grundlage der Daten ermittelt der Robo-advisor dann das Anlageprofil und schlägt die Investmentprodukte vor. Neben Aktien werden auch andere Anlageklassen wie Anleihen und zum Teil Rohstoffe oder Immobilien berücksichtigt.
Nach Depoteröffnung bei der angeschlossenen Partnerbank kann der Anleger das vorgeschlagene Portfolio kaufen – je nach Risikoneigung mit unterschiedlichen Anlagestrategien. Das Depotmanagement übernimmt ebenfalls der Robo-advisor, teilweise justieren auch menschliche Experten nach.
Die Vermögensanlage startet häufig schon ab Beträgen von unter 1000 Euro, für den Kapitalaufbau stehen Sparpläne ab 25 Euro pro Monat bereit. Sparer können jederzeit über ihr
Geld verfügen. Der Einsatz passiv gesteuerter Indexfonds sowie die computergesteuerte Beratungssoftware ermöglichen Kostenvorteile gegenüber der persönlichen Betreuung in der Bankfiliale. Dennoch sind Roboadvisor nicht für jeden Anleger empfehlenswert. Sparer ohne Börsenkenntnisse beziehungsweise mit hoher Risikoabneigung tun sich häufig schwer, ihr Vermögen einer Software anzuvertrauen. Da Robo-advisor meist nicht persönlich beraten, können unerfahrene Anleger die Anlageempfehlungen oft nur schwer beurteilen.
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-württemberg kritisiert die unzureichende Überwachung der Algorithmen durch die Aufsichtsbehörde Bafin. „Für den Quellcode der Beratung ist ein strikter aufsichtsrechtlicher Zulassungsund Überwachungsprozess notwendig. Anlagestrategien, für die es nachweislich keine wissenschaftliche Grundlage gibt, dürfen nicht zugelassen werden“, sagt Nauhauser. Dies gelte allerdings auch für die Algorithmen, derer sich die Berater in den Filialbanken bedienten.
Der Corona-crash an den Aktienmärkten im März 2020 war die erste echte Bewährungsprobe für die noch junge Branche der Robo-advisor. Laut Performance-vergleich des Verbraucherportals www.biallo.de lagen im Frühjahr 2020 nahezu alle Roboadvisor auf Zwölfmonatssicht mit ihren Kundenportfolios im Minus. Mittlerweile sind die Verluste wieder ausgebügelt. Je nach Strategie reichen die Kursgewinne bis zu 52 Prozent.
Auffällig ist, dass vor allem Anbieter mit aktivem Risikomanagement im Moment vorne liegen, welche die Aktienquoten der aktuellen Marktlage anpassen wie etwa Estably, Solidvest, Fidelity Wealth Expert, der Sparkassen-robo Bevestor oder auch der grüne Robo-advisor Vividam. Auch in der längeren Betrachtung können sich die Kursgewinne sehen lassen. Einer der konstanten Topperformer
in der Corona-krise ist Solidvest, der auf Einzeltitel basierte Robo-advisor der DJE Kapital AG, der aktuell sowohl in der defensiven als auch in der ausgewogenen Strategie die beste Drei-jahres-performance erzielt – mit einem Kursplus von 17,79 respektive 25,45 Prozent. „Unsere 15 hauseigenen Analysten fokussieren sich jeweils auf bestimmte Industriezweige und suchen innerhalb der Branchen die aussichtsreichsten Unternehmen“, sagt Sebastian Hasenack, Leiter digitale Vermögensverwaltung von Solidvest.
Hohe Gebühren belasten den Ertrag einer Geldanlage, deshalb sollten Anleger hier besonders aufmerksam sein. Robo-advisor gelten zwar gemeinhin als günstig, doch es gibt große Unterschiede. Die Servicegebühr kann je nach Strategie und Anlagesumme von 0,25 bis 1,95 Prozent pro Jahr reichen. Hinzu kommen die Produktkosten, die allerdings bereits in den Fondskursen berücksichtigt sind.