Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Boehringer Ingelheim forscht an neuem Covid-medikament
Nach einem ersten Rückschlag setzt der Konzern nun Hoffnung auf Blutgerinnsel-löser – Umsatzsteigerung im ersten Halbjahr
- Das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, das im oberschwäbischen Biberach einen großen Forschungsstandort betreibt, hat seinen Umsatz in der ersten Jahreshälfte 2021 um 5,8 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro gesteigert. Das teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Alle drei Geschäftsbereiche – Humanpharma, Tiergesundheit und biopharmazeutische Auftragsproduktion – trugen demnach zum Umsatzwachstum bei.
In dem mit Abstand größten Bereich Humanpharma stiegen die
Umsatzerlöse währungsbereinigt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent auf 7,1 Milliarden Euro. Wachstumstreiber seien hier das Herzmedikament Jardiance und das Medikament Ofev zur Behandlung von Lungenfibrosen gewesen.
Der Umsatz in der Sparte Tiergesundheit wuchs mit einem um Währungseffekte bereinigten Plus von 9,6 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. In der Auftragsproduktion wurde ein Umsatzwachstum von 1,1 Prozent auf 322 Millionen Euro verzeichnet. Finanzchef Michael Schmelmer sprach von einem „soliden Finanzergebnis“. Eine positive Entwicklung bescheinigt ein Sprecher des Unternehmens auch für den Standort Biberach, wo vor allem der Bereich der Biopharmazie angesiedelt ist. „Der Standort ist gut durch das erste Halbjahr gekommen“, sagte der Sprecher. Die Beschäftigtenzahl sei von 6200 im Vorjahr auf jetzt 6500 geklettert. In Biberach investiert das Unternehmen derzeit 300 Millionen Euro in ein neues Entwicklungszentrum für biopharmazeutische Medikamente. Hier sei man gut in der Zeit und plane den Probebetrieb für Anfang 2022.
Im März hatte Boehringer Ingelheim angekündigt, einen Sarscov-2-neutralisierenden Antikörper zu entwickeln, der per Inhalation verabreicht werde – sozusagen ein Corona-medikament zum Einatmen. Aus der Entwicklung hat sich Boehringer Ingelheim nun aber zurückgezogen. „Die Pandemielage hat sich verändert“, sagte der Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“. Mit den ständig neuen Virusvarianten, die aufgetreten sind und noch auftreten werden, sei es unmöglich geworden, den Antikörper in einem Zeitraum zur Verfügung zu stellen, in dem er einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten könne. Stattdessen will das Unternehmen, das insgesamt 52 000 Mitarbeiter beschäftigt, die Entwicklung
des Wirkstoffs Alteplase als Behandlungsmöglichkeit für Covid-patienten vorantreiben. „Den Wirkstoff gibt es schon länger“, sagte der Sprecher. Er komme bisher bei Schlaganfallpatienten zum Einsatz und könne Blutgerinnsel auflösen – auch in der Lunge. Dies wiederum kann möglicherweise bei schweren Covid-verläufen helfen, bei denen akutes Lungenversagen droht.
Auch darüber hinaus sei die Forschungsund Entwicklungspipeline bei Boehringer gut gefüllt, teilte der Konzern mit. Es bestehe das Potenzial, bis 2025 die Zulassung für bis zu 15 Medikamente zu beantragen.