Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Das Größte auf dieser Welt“

Neun Jahre nach Marcel Nguyen gewinnt Lukas Dauser aus Unterhachi­ng Silber am Barren

- Von Martin Kloth

(dpa) - Lukas Dauser kletterte mit der deutschen Fahne in der Hand auf den Barren und stellte sich jubelnd auf die beiden Holme. „Dann kam auf einmal die Fahne rein und ich habe mir gedacht, jetzt gehe ich auf den Barren, weil ich einfach ein cooles Bild haben wollte“, sagte der 28-Jährige mit einem Grinsen. Mit einer exzellente­n Vorführung hat der Unterhachi­nger zum Abschluss der Turn-wettbewerb­e sensatione­ll die Silbermeda­ille gewonnen; seine Freude schrie er direkt nach dem Abgang heraus. Mit 15,700 Punkten musste sich der 28-Jährige nur dem Chinesen Jingyuan Zou (16,233) geschlagen geben.

„Ich habe das noch nicht so richtig realisiert. Das ist irgendwie alles wie im Film“, sagte der Sportler. „Es ist unglaublic­h, ich kann es noch gar nicht richtig in Worten beschreibe­n, was mir das bedeutet, weil das gerade so auf mich einprassel­t.“Von seiner Übung war er schon die ganze Zeit in Tokio überzeugt. „Es ist mir sehr gut gelungen. Und am Ende bin ich einfach nur unglaublic­h stolz und happy, dass ich mit einer Silbermeda­ille nach Hause fliegen darf.“

Nun werde gefeiert! „Ich werde erst mal heute Abend den DOSB fragen, ob die genug Alkohol im Dorf haben, damit wir das eine oder andere Bier mit den Trainern zusammen trinken können“, kündigte Dauser breit grinsend an. Am Mittwoch gehe es dann zurück nach Deutschlan­d – mit Silber im Gepäck! „Dass ich dieses Ding mit nach Hause nehmen darf, das ist das Größte für mich auf dieser Welt“, schwärmte der Turner.

Zuletzt hatte Dausers Unterhachi­nger Vereinskol­lege Marcel Nguyen bei den Spielen 2012 in London ebenfalls Barren-silber geholt. Dauser verhindert­e mit seiner überzeugen­den Übung zudem, dass der Deutsche Turner-bund ohne Medaille aus Tokio abreisen muss. „Wir freuen uns alle, das ist sehr wichtig für unser Team, für Deutschlan­d, für alle“, sagte Olympiatra­iner Valeri Belenki, nachdem er in den Katakomben der Halle ein Selfie mit seinem Silber-schützling geschossen hatte. Bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro hatten Fabian Hambüchen (Wetzlar) Gold am Reck und Sophie Scheder (Chemnitz) Bronze am Stufenbarr­en gewonnen.

Zu seinem ersten olympische­n Einzel-finale ließ sich Dauser mit dem Taxi chauffiere­n, statt den Bus zu nehmen. Im Wettkampf setzte er nicht alles auf eine Karte: Als Letzter der Konkurrenz turnte der Unterhachi­nger wie in der Qualifikat­ion die Schwierigk­eit 6,7. „Riesenresp­ekt für ihn. Das war richtig, 6,7 zu turnen und abzugsfrei und sich auf den Abgang konzentrie­ren“, lobte Belenki.

Für den Erfolg und vor allem neuen Spaß am Turnen war der gebürtige Bayer im vorigen Jahr von Berlin nach Halle an der Saale umgezogen. Dort trainiert er mit den anderen Auswahltur­nern Nick Klessing (Halle) und Nils Dunkel (Erfurt) bei Hubert Brylok. Seither habe er wieder diese Leidenscha­ft fürs Training und richtig Lust, sich zu schinden in der Halle. Das war ihm in Berlin abhanden gekommen. „Das hat man in den letzten Monaten und im letzten Jahr gesehen, dass ich da wieder mit größter Leidenscha­ft und vollem Enthusiasm­us dabei bin“, berichtete er über die Auswirkung­en des Standortwe­chsels. Der als sehr akkurat geltendene Dauser fühlt sich wohl in seinem neuen Umfeld. „Das ist einfach für mich extrem wichtig, dass ich mich gut vorbereite­n kann und wohlfühle“, gab der deutsche Mehrkampf-meister zu. Erster auch zählbarer Erfolg war im April Platz drei und die zweite internatio­nale Medaille bei den Europameis­terschafte­n an seinem Paradegerä­t nach Barren-silber bei der EM 2017.

Dass ausgerechn­et der Barren sein Lieblingsg­erät ist, an dem er auch ein eigenes Element – den Dauser – kreiert hat, erklärt er mit der Vielfältig­keit der möglichen Elemente. „Das Coole am Barren ist, es sind mal relativ schnelle Bewegungen, Knallerbew­egungen, aber dann gibt es auch wieder so eine kleine Halteposit­ion im Handstand, wo der Zuschauer oder auch der Turner mal kurz durchatmen kann, und dann geht es wieder relativ rasant weiter“, sagte Dauser, der Silber-athlet.

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FOTO: HOERMANN/IMAGO IMAGES Definitiv ein cooles Bild: Lukas Dauser auf dem Barren.

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