Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schweineställe werden alle 11,5 Jahre kontrolliert
Im Südwesten schauen Behörden nur selten in Schlachthöfen und Mastbetrieben vorbei
(dpa) - In Baden-württemberg müssen Schweinemastbetriebe im Durchschnitt nur alle 11,5 Jahre mit einer Kontrolle rechnen. Das ergab eine Anfrage der Spdfraktion an das Cdu-geführte Agrarministerium, die der Deutschen Presse-agentur vorliegt. Bei Legehennen beträgt diese Zeitspanne 9,6 Jahre, bei Truthühnern 13,7 Jahre – und bei Masthühnern sogar 29,4 Jahre. Von 6705 kontrollpflichtigen Schweinemastbetrieben bekamen vergangenes Jahr nur 506 tatsächlich Besuch von den Behörden.
„Es geht einfach nicht, dass ein Betrieb, der viele Hundert Tiere hält, nur alle Jubeljahre mit einer Kontrolle rechnen muss“, kritisierte Spdfraktionschef Andreas Stoch. „Kontrollen sind wichtig, um Missstände schneller zu bemerken und zu beseitigen. Damit wäre der gesamten Landwirtschaft gedient.“Betriebe, die sich an die Vorschriften halten, hätten nichts zu befürchten. Durch die „schwarzen Schafe“der Branche würden aber auch sie in schlechtes Licht gerückt.
Im vergangenen Jahr habe es wegen der Corona-pandemie weniger Kontrollen gegeben, so das Ministerium
in seiner Antwort. Mastgeflügel wie Masthühner und Legehennen würden zudem regelmäßig im Rahmen der Schlachttieruntersuchung kontrolliert, was nicht in die Statistik einfließe.
Die Kontrollen könnten „im Hinblick auf das Gesamtsystem als grundsätzlich ausreichend“angesehen werden. „Eine lückenlose amtliche Überwachung ist im Rahmen des amtlichen Kontrollsystems nicht vorgesehen und auch nicht leistbar“, schreibt das Haus von Agrarminister Peter Hauk (CDU). Er betonte am
Mittwoch, die Aussagekraft der Darstellung sei jedoch sehr eingeschränkt, weil sie nur die planmäßigen Regelkontrollen im Fachrecht nach Eu-vorgaben umfasse. Das Kontrollsystem in Baden-württemberg lasse sich „in seiner Komplexität nicht anhand einer herausgegriffenen Einzelzahl“bewerten. Nichtplanmäßige Kontrollen, Nachkontrollen oder Anlasskontrollen aufgrund von Hinweisen verschiedenster Quellen fänden in der Statistik keine Berücksichtigung. Des Weiteren verfüge jeder nutztierhaltende Betrieb über einen Hoftierarzt, der regelmäßig die Nutztierbestände des Betriebs begutachte. Die erste Verantwortung für den Tierschutz liege bei den Tierhaltern, sagte Hauk.
Die SPD pocht auf eine unabhängige „Tierschutzeinheit BW“, die Missstände auch bestrafen kann. „Wenn Schweine-haltende Betriebe im Durchschnitt nicht einmal alle zehn Jahre mit einer Kontrolle rechnen müssen, dann sind Zustände, wie wir sie leider immer wieder zur Kenntnis nehmen müssen, programmiert“, sagte Tierschutzexperte Jonas Weber. Beim Geflügel sehe es nicht besser aus. „Wenn das die staatlichen Kontrollen sind, darf man sich nicht wundern, wenn Tierschutzaktivisten heimlich und halblegal Missstände aufdecken und Gerichte ihnen zusprechen, dass sie das dürfen.“Agrarminister Hauk betreibe schlecht verstandene Lobbyarbeit, so die SPD weiter.
Der Cdu-politiker geriet durch mehrere Schlachthofskandale in die Kritik. Zuletzt sorgten mögliche Tierschutzverstöße eines Schweinemastbetriebs im Alb-donau-kreis für Schlagzeilen.