Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Covid-welle an der Côte d’azur
Frankreichs Urlaubsregionen setzen Notfallpläne in Kraft – Welche Regeln für Touristen gelten
- Wie viele seiner Landsleute macht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron derzeit Urlaub am Mittelmeer. Doch Macron wäre nicht Macron, wenn er sich nicht auch von der Côte d’azur zu Wort melden würde. Fast täglich sendet er Kurzvideos, um vor allem die Jugendlichen über die Gefahren des Coronavirus aufzuklären und sie zum Impfen zu animieren. Pädagogisch lässt er dabei einfließen, dass er sich in einer Region erholt, wo sich die Deltavariante des Coronavirus besonders stark verbreitet. „Ich bin im Departement Var. Hier herrscht eine Inzidenz von 455“, warnt er in einer seiner Aufzeichnungen.
Dass der Staatschef sich selbst in die Impfkampagne einmischt, zeigt, wie ernst die Lage an der Mittelmeerküste ist. Die Gesundheitsbehörden setzten dort am Mittwoch den Notfallplan für Krankenhäuser in Kraft. Operationen werden verschoben, das Personal aus dem Urlaub zurückgeholt und weitere Betten bereitgestellt. „Wir haben 30 Patienten auf der Beatmungsstation und rechnen damit, dass es nächste Woche doppelt so viel sind“, berichtet der Chef der Intensivmedizin des Krankenhauses La Timone in Marseille, Nicolas Bruder, im Fernsehsender BFMTV. „Von den Patienten ist keiner komplett geimpft.“Zu den Covid-kranken in La Timone gehört auch der Rapper der Gruppe IAM, Akhenaton, der im Juli gegen die Impfung Stimmung gemacht hatte.
Ähnlich dramatisch wie an der Côte d’azur ist die Situation auch auf der Ferieninsel Korsika, wo bereits seit Dienstag der Notfallplan für die Krankenhäuser gilt. In Bastia ist das Krankenhaus bereits zu 80 Prozent ausgelastet. Der Präfekt der nördlichen Region Haute-corse, François Ravier, verkündete ein Verbot von Dorffesten und anderen Feierlichkeiten mit mehr als zehn Teilnehmerinnen
und Teilnehmern. Cafés, Restaurants und Bars müssen um ein Uhr schließen. In Bastia, Calvi und anderen Städten muss ab morgen zudem auch im Freien wieder Maske getragen werden. Die Inzidenz liegt in der Region bei 830 pro 100 000 Einwohnern. Unter den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren sind es sogar 1887 pro 100 000 Einwohnern. „Wir sind nicht weit von der Situation in Martinique entfernt“, warnte Ravier. Auf der zu Frankreich gehörenden Karibikinsel gilt ebenso wie auf Guadeloupe
und La Reunion bereits eine Ausgangssperre.
Auch in anderen französischen Urlaubsregionen ist die Lage angespannt. In den Pyrenées-orientales an der Grenze zu Spanien liegt die Inzidenz bei über 400. Im Krankenhaus von Perpignan sind alle Intensivbetten belegt. Bereits seit 18. Juli müssen Bars und Restaurants um 23 Uhr dicht machen. Rund 40 Restaurantbesitzer sind von der frühen Sperrstunde ausgenommen, da sie seit einigen Tagen freiwillig den neuen „Gesundheitspass“testen, den Macron am 12. Juli in einer Ansprache angekündigt hatte.
Der „pass sanitaire“, den der Verfassungsrat am Donnerstag noch absegnen muss, weist eine doppelte Impfung nach. Ab kommendem Montag ist er – oder alternativ ein negativer Test – frankreichweit nötig, will man ins Restaurant oder Café gehen.
In Museen und Schwimmbädern gilt die Ausweispflicht bereits seit Ende Juli. Auch wer auf Campingplätzen sein Zelt aufschlagen will, muss eine vollständige Impfung oder ein negatives Testergebnis nachweisen – allerdings nur einmal zu Beginn des Aufenthalts. Auf den Campingtourismus wirkt sich der „pass sanitaire“bisher kaum negativ aus. „Der Gesundheitspass entmutigt nur wenige Touristen und gibt vielen Sicherheit“, schreibt die Zeitung „Le Figaro“.