Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bargeld sofort auf die Hand

Wer im Notfall eine Finanzspri­tze braucht, kann einen Pfandkredi­t in Anspruch nehmen

- Von Katja Fischer

(dpa) - Pfandleihh­äuser haben einen oft etwas zweifelhaf­ten Ruf. Dort machen Menschen ihre letzten Wertstücke zu Geld, weil sie bei der Bank keinen Kredit mehr bekommen, so eine verbreitet­e Annahme. Doch die Realität sieht oft anders aus.

Das über 300 Jahre alte Pfandleihg­eschäft ist durchaus nicht nur etwas für arme oder überschuld­ete Kunden. Pfandkredi­te haben neben Bankdarleh­en und Dispokredi­t durchaus ihren Platz. Schließlic­h läuft das Geschäft nach klaren Regeln, die Verbrauche­rn Sicherheit geben.

Dennoch sollte man wissen, worauf man sich einlässt: „Wer damit liebäugelt, seinen Schmuck, teures Porzellan, die teure Kameraausr­üstung oder sogar das Auto für einige Zeit zu verpfänden, muss bedenken, dass ein Pfandkredi­t im Vergleich zu den typischen Bankangebo­ten sehr teuer ist“, sagt Roland Stecher von der Verbrauche­rzentrale Bremen. „Daher eignet er sich allenfalls als kurzfristi­ge Überbrücku­ng finanziell­er Engpässe.“

Beliehen wird fast alles, was wertvoll ist: Gold- und Silberschm­uck, Goldmünzen und -barren, Markenuhre­n, Markentasc­hen, hochwertig­e technische Geräte, Küchengerä­te sowie auch werthaltig­es Porzellan oder Kunstgegen­stände, informiert der Zentralver­band des Deutschen Pfandkredi­tgewerbes (ZDP). Am besten ist es, vorab telefonisc­h mit dem Pfandhaus Kontakt aufzunehme­n und zu klären, ob es die gewünschte­n Wertgegens­tände annimmt.

Stellt der Kunde sein Pfand vor, begutachte­t der Pfandleihe­r die Sache und macht ihm ein unverbindl­iches Darlehensa­ngebot. Ist er einverstan­den, wird ihm der Pfandvertr­ag ausgehändi­gt und an der Kasse das Darlehen in bar ausgezahlt oder überwiesen. Das Pfand wird in Verwahrung genommen.

Die Zinsen für einen Pfandkredi­t sind in allen Leihhäuser­n gleich. Sie sind gesetzlich geregelt und betragen pro angefangen­em Monat für den gesamten Monat ein Prozent der Darlehenss­umme.

Hinzu kommen Gebühren für Schätzung, Lagerung sowie Versicheru­ng der als Sicherheit hinterlegt­en Werte.

Für eine Summe von 500 Euro werden beispielsw­eise nach einem Monat fünf Euro Zinsen und 15 Euro sonstige Gebühren fällig. „Das sind immerhin Kosten in Höhe von 48 Prozent für ein Jahr“, gibt Roland Stecher zu bedenken. „Da ist selbst der teuerste Dispokredi­t bei der Bank deutlich günstiger.“

Allerdings: Der Pfandkredi­t habe systemisch bedingt höhere Kosten, etwa für die Schätzung des Wertes, die Aufbewahru­ng und Versicheru­ng des Pfandes, die für sich genommen einzelne Dienstleis­tungen sind und vergütet werden müssen, erklärt Susanne Rothfuss-wamsler, Vorsitzend­e des ZDP. „Die Gebühren sind außerdem keine feste Größe, sondern ab einem Darlehen von 300 Euro frei verhandelb­ar, was aufgrund der Konkurrenz­situation vor allem in größeren Städten auch zu niedrigere­n Gebühren führt.“

Verbrauche­r sollten also genau durchrechn­en, in welchem Zeitraum die Kosten für sie noch akzeptabel sind. Ein Pfand länger im Leihhaus zu lassen, wird teuer. „Dann sollte man lieber mit einer Bank über einen Ratenkredi­t verhandeln“, rät Stecher.

Sind aber alle Möglichkei­ten ausgeschöp­ft, einen Kredit bei der Bank zu bekommen und der Dispo bereits ausgereizt, kann der Pfandkredi­t eine Möglichkei­t sein, doch noch kurzfristi­g an Bargeld zu kommen. „Das ist aber das Ende der Fahnenstan­ge“, sagt Roland Stecher. „Besser ist es, vorher in der Familie nach einem Darlehen zu fragen, wenn Not am Mann ist.“

Es gibt aber auch Menschen, die ohne finanziell­e Not ins Pfandleihh­aus gehen. „Sie schätzen die unkomplizi­erte Abwicklung“, meint Susanne Rothfuss-wamsler. Anders als beim Bankkredit haftet nicht der Kunde für die Rückzahlun­g des Darlehens, der Zinsen und der Gebühren, sondern ausschließ­lich das Pfand. Deshalb müssen die persönlich­en, wirtschaft­lichen und finanziell­en Verhältnis­se des Kunden nicht überprüft werden. „Für einen Pfandkredi­t genügen das Pfand und die Vorlage des Personalau­sweises.“

Ein Pfandkredi­t hat eine kurze Laufzeit, kann aber verlängert werden. Der Kunde hat drei Monate zuzüglich eines weiteren Karenzmona­ts Zeit, das Darlehen zurückzuza­hlen und den Gegenstand auszulösen. Kann der Verbrauche­r nach vier Monaten das Pfand nicht auslösen, muss es innerhalb von sechs Monaten in die Versteiger­ung gehen, sofern der Pfandvertr­ag nicht verlängert wurde.

Wird bei der Versteiger­ung ein höherer Erlös erreicht, als Zinsen, Gebühren und die anteiligen Versteiger­ungskosten ausmachen, hat der Kunde die Möglichkei­t, diese Summe innerhalb von drei Jahren gegen Vorlage des Originalpf­andscheins abzuholen. Ansonsten wird der Mehrerlös an die zuständige Behörde abgeführt.

„Wird ein Mindererlö­s erzielt, haftet der Kunde nicht. Das ist das Risiko des Pfandleihe­rs“, erklärt Susanne Rothfuss-wamsler. Versteiger­ungen seien aber relativ selten, denn mehr als 90 Prozent der Pfänder werden wieder ausgelöst. „Das zeigt, dass der Pfandkredi­t in der Mehrheit so genutzt wird, wie er gedacht ist, als unbürokrat­ische und alternativ­e Finanzieru­ngsquelle bei unerwartet­en Liquidität­sengpässen.“

 ?? FOTO: TOBIAS HASE/DPA ?? Geld gegen Pfand –ein solcher Kredit ist in der Regel unkomplizi­ert. Wegen der Kosten lohnt er aber nur kurzfristi­g zur Überbrücku­ng.
FOTO: TOBIAS HASE/DPA Geld gegen Pfand –ein solcher Kredit ist in der Regel unkomplizi­ert. Wegen der Kosten lohnt er aber nur kurzfristi­g zur Überbrücku­ng.

Newspapers in German

Newspapers from Germany