Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Medaillent­raum endet im Rollstuhl

Weltmeiste­r Niklas Kaul muss Zehnkampf nach Verletzung vorzeitig beenden

- Von Andreas Schirmer, Martin Moravec und Ulrike John

(dpa) - Der olympische Medaillent­raum von Niklas Kaul endete im Rollstuhl und mit Tränen der Enttäuschu­ng. Eine schmerzhaf­te Fußverletz­ung hat die Medaillenj­agd des Zehnkampf-weltmeiste­rs in Tokio brutal gestoppt. Der 23 Jahre alte Mainzer trat am Mittwoch zwar noch zum 400-Meter-lauf an, doch der Körper streikte. In der zweiten Kurve bremste Kaul ab, sank zu Boden und schlug entsetzt die Hände vor das schmerzver­zerrte Gesicht. Im Rollstuhl musste der Mitfavorit auf Edelmetall aus dem Innenraum des Olympiasta­dions gefahren werden – ein bitteres Ende für den 2019 zum Superstar der deutschen Leichtathl­etik avancierte­n Kaul.

Im bittersten Moment seiner jungen Karriere wollte er sich nach dem Ausscheide­n erst einmal nicht äußern. „Ich werde morgen im Stadion sein und etwas dazu sagen“, erklärte Kaul mit tief ins Gesicht gezogener schwarzer Kappe. Dann entschwand er enttäuscht aus der Arena. „Das ist ungeheuer tragisch. Er war im richtigen Moment fit. Da ist ein Traum geplatzt“, bedauerte Idriss Gonschinsk­a, Generaldir­ektor des Deutschen Leichtathl­etik-verbandes, das bittere Ende.

Eine detaillier­te Diagnose gab es zunächst nicht. „Was er genau hat, kann ich noch nicht sagen“, sagte Dlv-chefarzt Andrew Lichtentha­l, „sein Absprungge­lenk ist gestaucht“. Daraus habe sich eine Schwellung am Sprunggele­nk entwickelt. Nach dem Ausruhen im olympische­n Dorf werde sich Kaul am Donnerstag­vormittag in einer Poliklinik einer Mrt-untersuchu­ng unterziehe­n, um eine genaue Diagnose zu bekommen. „Ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist und er schnell zurückkomm­en wird“, meinte Gonschinsk­a.

Die Verletzung hatte sich Kaul im letzten Versuch des Hochsprung­s zugezogen, den er mit 2,11 Meter und einer persönlich­en Bestmarke abgeschlos­sen hatte. Danach humpelte der Wm-held von Doha 2019 in die

Katakomben, wo die deutschen Teammedizi­ner in der kurzen Zeit zwischen Hochsprung und dem Lauf über die Stadionrun­de bemüht waren, ihn für das abschließe­nde Rennen des ersten Wettkampft­ages noch fit zu machen. Vergeblich.

Mit 3380 Punkten stand er auf dem 13. Platz der Zwischenwe­rtung. Kaul war mit 11,22 Sekunden über 100 Meter solide in den Wettkampf gestartet. Danach gelang ihm im Weitsprung ebenfalls mit 7,36 Metern eine Bestleistu­ng. Im Kugelstoße­n reichte es dagegen nur zu 14,55 Metern. Danach sagte er noch: „Bisher hat es Spaß gemacht.“Mit den beachtlich­en Leistungen in den ersten vier Diszipline­n hatte er sich eine gute Grundlage für die Aufholjagd am zweiten Wettkampft­ag geschaffen, wo seine richtig starken Diszipline­n kommen.

Weiter im Zehnkampf-rennen ist der Olympia-vierte Kai Kazmirek, der den ersten Tag mit dem 13. Platz und 4251 Punkten solide beendete. „Es läuft normal, aber nicht gut, so kann es weitergehe­n“, sagte der Athlet von der LG Rhein-neuwied, der sich nach den 400 Metern völlig ausgelaugt mehrmals übergeben musste.

Dominiert wird der Medaillenk­ampf von Damien Warner, der in drei Diszipline­n die besten Ergebnisse hatte und als Nummer 1 2966 Punkte sammelte. Weltrekord­ler Kevin Mayer (Frankreich) ist Vierter mit 2662 Punkten.

 ?? FOTO: INA FASSBENDER/AFP ?? Bitteres Ende: Niklas Kaul wird nach seinem Sturz aus dem Stadion gefahren.
FOTO: INA FASSBENDER/AFP Bitteres Ende: Niklas Kaul wird nach seinem Sturz aus dem Stadion gefahren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany