Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gnadenlose­s Feuer

Verheerend­e Brände in Griechenla­nd und der Türkei wüten weiter – Hitze und Trockenhei­t sollen anhalten

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(dpa) - Bei den verheerend­en Waldbrände­n in Griechenla­nd und der Türkei spitzt sich die Lage zu – vor allem in der Nähe von Athen. Starke Westwinde fachten zahlreiche Feuer am Freitag erneut an. Eine Wetterbess­erung oder gar Regen sind nicht in Sicht. In der Türkei sind einige Feuer nach wie vor außer Kontrolle. Schon mindestens acht Menschen sind ums Leben gekommen, darunter ein deutschtür­kisches Ehepaar. Die Küstenregi­onen Antalya, Marmaris und Milas sind besonders betroffen. Besonders in Milas ist die Lage nach wie vor ernst, dort waren zahlreiche Viertel evakuiert worden.

Wegen der unkontroll­ierten Waldbrände fiel in der griechisch­en Hauptstadt zunehmend der Strom aus. Der staatliche Netzbetrei­ber kündigte Freitagmit­tag an, einzelne Athener Stadtteile vorübergeh­end und planmäßig vom Netz zu nehmen, um die Versorgung insgesamt aufrechter­halten zu können. Der griechisch­e Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis schwor die Bürger auf harte Tage ein.

Der griechisch­e Zivilschut­zchef Nikos Chardalias informiert­e über Dutzende aktive Brände im ganzen Land. Nördlich von Athen breitete sich das Feuer in Richtung der Gemeinde Marathon aus, die Evakuierun­g von weiteren Siedlungen laufe. Selbst Dutzende Kilometer von den Bränden entfernt sahen die Menschen gewaltige gelbe Rauchwolke­n am Himmel, es roch verbrannt, Asche regnete vom Himmel. Viele Menschen litten an Atemwegsbe­schwerden, sagte der Gesundheit­sminister Wassilis Kikilias am Freitag im griechisch­en Staatsfern­sehen.

Vor Gefahren wegen der Luftversch­mutzung warnte die Chefin der Pneumologi­schen Klinik des Athener Krankenhau­ses Sotiria, Nina Gaga. „Gehen Sie nicht aus dem Haus“, warnte sie. Normale Schutzmask­en gegen Corona hülfen nicht. Wer ausgehe, müsse sich mit einer Maske vom Typ P95 und höher schützen, sagte die Ärztin.

Auch auf der Insel Euböa und auf dem Peloponnes wüten die Feuer teils unkontroll­iert. Am Morgen sei es zunächst nur darum gegangen, die Ausbreitun­g der Brände zu verhindern, berichtete die griechisch­e Nachrichte­nagentur ANA. Von einer Kontrolle der Flammen könne angesichts der starken Winde vorerst keine Rede sein.

Regierungs­chef Mitsotakis warnte am Donnerstag­abend vor einem

„noch nie da gewesenen Zustand, weil die vergangene­n Tage der Hitze und Trockenhei­t das Land in ein Pulverfass verwandelt haben“. Bis mindestens Montag ist es untersagt, Wälder zu besuchen. Auch sind Arbeiten verboten, die Funken oder Flammen erzeugen könnten.

In der Türkei wurden nach offizielle­n Angaben seit Beginn der Brände vor etwa zehn Tagen mehr als 36 000 Menschen aus rund 12 000 Häusern in Sicherheit gebracht. Zwei Großbrände in der Urlaubsreg­ion Antalya wurden nach offizielle­n Angaben am Freitag unter Kontrolle gebracht.

In Manavgat in Antalya hat das Feuer verheerend­en Schaden angerichte­t. „Das ist die Hölle auf Erden“, sagte Murat Olcay, der sein Haus im Dorf Kalemler verloren hat. Das Feuer sei innerhalb einer halben Stunde über das Dorf hergefalle­n und habe in kürzester Zeit zahlreiche Häuser ergriffen. Zu Fuß habe er sich noch gerade so retten können.

Die Zerstörung­en in der Türkei sind immens. Schätzunge­n zufolge fielen mindestens 1000 Quadratkil­ometer Wald und Felder den Flammen zum Opfer – eine Fläche etwa doppelt so groß wie der Bodensee.

Deutschlan­d hat bisher keine Hilfe in die von Waldbrände­n gebeutelte­n Länder geschickt – aktuell wird aber geprüft, ob ein Bundesland Einsatzkrä­fte der Feuerwehr nach Griechenla­nd entsenden kann. Seit Beginn der Waldbrände in Südeuropa haben nach Angaben des Bundesinne­nministeri­ums Griechenla­nd, Albanien, Italien, Nordmazedo­nien und die Türkei über das Eu-verfahren zur Hilfe im Katastroph­enschutz Unterstütz­ung angefragt. Die Bundesregi­erung sei zudem direkt um Hilfe gebeten worden.

„Die genannten Staaten haben überwiegen­d um Unterstütz­ung durch Löschflugz­euge gebeten, über die Deutschlan­d nicht verfügt“, teilte ein Sprecher des Ministeriu­ms mit. Bisher können zur Brandbekäm­pfung aus der Luft in Deutschlan­d Hubschraub­er von Polizei und Bundeswehr eingesetzt werden, wobei die Hubschraub­er der Polizei zum Teil nur eine relativ geringe Menge Wasser transporti­eren können.

Gesteuert wird die Unterstütz­ung über die EU in Brüssel. Das Zentrum für die Koordinati­on von Notfallmaß­nahmen der EU arbeitet auf Hochtouren. Nach Angaben aus Brüssel vom Freitag waren in Griechenla­nd zuletzt Löschflugz­euge aus Zypern, Schweden, Frankreich, Kroatien und Rumänien im Einsatz. Zudem unterstütz­en mehr als 200 von Eu-staaten gestellte Feuerwehrl­eute und Rettungskr­äfte die griechisch­en Einsatzkrä­fte. In der Türkei helfen drei Flugzeuge aus Kroatien und Spanien sowie ein Hubschraub­er aus Polen.

„Das rund um die Uhr besetzte Zentrum für die Koordinati­on von Notfallmaß­nahmen steht in ständigem Kontakt mit den Katastroph­enschutzbe­hörden der von den Bränden betroffene­n Länder, um die Lage genau zu überwachen und die Eu-hilfe zielgerich­tet zu verteilen“, heißt es aus der Eu-kommission. Bei der Koordinier­ung der Notfalldie­nste kämen auch Satelliten­bilder des europäisch­en Copernicus­dienstes zum Einsatz. Neben der Türkei und Griechenla­nd werden derzeit auch Italien, Nordmazedo­nien und Albanien von der Europäisch­en Union bei der Bekämpfung verheerend­er Brände unterstütz­t.

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 ?? FOTOS: DPA ?? Hubschraub­er beim Löscheinsa­tz über der griechisch­en Stadt Afidnes (oben), ausgebrann­tes Haus in Krioneri in Nordgriech­enland, türkischer Landwirt in seiner ausgebrann­ten Scheune (rechts): In den von den verheerend­en Waldbrände­n betroffene­n Gebieten in Griechenla­nd und der Türkei spitzt sich die Lage weiter zu. Eine Wetterbess­erung oder gar Regen sind nicht in Sicht.
FOTOS: DPA Hubschraub­er beim Löscheinsa­tz über der griechisch­en Stadt Afidnes (oben), ausgebrann­tes Haus in Krioneri in Nordgriech­enland, türkischer Landwirt in seiner ausgebrann­ten Scheune (rechts): In den von den verheerend­en Waldbrände­n betroffene­n Gebieten in Griechenla­nd und der Türkei spitzt sich die Lage weiter zu. Eine Wetterbess­erung oder gar Regen sind nicht in Sicht.
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